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Kooperationen gemeinnütziger Organisationen: Kein doppeltes Satzungserfordernis beim planmäßigen Zusammenwirken

Kooperationen gemeinnütziger Organisationen: Kein doppeltes Satzungserfordernis beim planmäßigen Zusammenwirken

Die Kooperation gemeinnütziger Körperschaften zur gemeinnützigen Zweckverwirklichung kann auf verschiedene Weise erfolgen. Seit der durch das Jahressteuergesetz 2020 (wir berichteten) gesetzlich geregelten Möglichkeit des sog. planmäßigen Zusammenwirkens werden auch Servicegesellschaften steuerlich begünstigt, die arbeitsteilig zusammen mit einer gemeinnützigen Organisation an deren Zweckverwirklichung mitwirken.

Die Finanzverwaltung verlangt für ein steuerbegünstigtes sog. planmäßiges Zusammenwirken bei beiden Kooperationspartnern eine entsprechende Satzungsregelung (sog. doppeltes Satzungserfordernis). Dem hat das Finanzgericht (FG) Hamburg nun in seinem Urteil vom 26.09.2023 widersprochen.

Finanzamt erkennt planmäßiges Zusammenwirken mangels doppelter Satzungsverankerung nicht an

Die Klägerin in dem zugrunde liegenden Sachverhalt war eine 2022 gegründete Servicegesellschaft, die die Finanzbuchhaltung und das Rechnungswesen für eine gemeinnützige Stiftung erbringen und so planmäßig i.S.d. neuen Gesetzesregelung mit dieser zusammenwirken sollte. Das Finanzamt hatte zunächst die Satzung der Klägerin gebilligt, später jedoch eine Satzungsänderung der Stiftung gefordert, um das planmäßige Zusammenwirken beider Körperschaften anzuerkennen.

Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass eine solche Satzungsänderung seitens der Stiftung weder beabsichtigt noch rechtlich erforderlich sei. Der Bescheid nach § 60a AO über die Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit wurde daraufhin vom Finanzamt aufgehoben, wogegen die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren den Klageweg beschritt.

Das doppelte Satzungserfordernis

Vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2020 bestand bei Kooperationen gemeinnütziger Körperschaften oft das Problem, dass die an der Kooperation als „Leistende“ beteiligte Servicegesellschaft durch ihre Dienstleistungen nicht unmittelbar gemeinnützige Zwecke verwirklicht hat, wie es in § 57 Abs. 1 Satz 1 AO gefordert wird. Diese Problematik sollte durch die Gesetzesänderung entschärft und die Zusammenarbeit gemeinnütziger Körperschaften vereinfacht werden. In § 57 Abs. 3 Satz 1 AO wurde festgelegt, dass eine Körperschaft ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar verfolgt, wenn sie sie satzungsgemäß durch planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren gemeinnützigen Körperschaft verwirklicht. Diese Regelung ermöglicht die Gemeinnützigkeit von Servicegesellschaften, die selbst keine eigenständigen gemeinnützigen Zwecke verfolgen. Beispiele hierfür sind Serviceleistungen wie Buchhaltung oder Beschaffungsstellen sowie Nutzungsüberlassungen und Vermietungen.

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Die Finanzverwaltung hat daraufhin im Anwendungserlass zur Abgabenordnung festgelegt, dass ein sog. doppeltes Satzungserfordernis Voraussetzung für diese steuerliche Privilegierung ist. Das bedeutet, dass die Kooperation einerseits in der Satzung der leistungserbringenden Körperschaft und andererseits auch in der Satzung der leistungsempfangenden Körperschaft verankert sein muss.

FG Hamburg: Kein doppeltes Satzungserfordernis

Das FG Hamburg entschied nun, dass das Gesetz kein doppeltes Satzungserfordernis bei der Kooperation gemeinnütziger Körperschaften vorsieht. Die leistungserbringende Organisation muss in ihrer Satzung lediglich

  1. angeben, mit wem eine Kooperation erfolgen soll, sowie
  2. die Art und Weise der Kooperation hinreichend konkret benennen.

Es genüge somit, wenn die Kooperation in der Satzung der leistenden Körperschaft verankert ist. Eine Verankerung der Kooperation in der Satzung der leistungsempfangenden Körperschaft sei nicht erforderlich. Grund dafür sei auch, dass das doppelte Satzungserfordernis der Zielvorstellung des Gesetzgebers von Flexibilisierung und Entbürokratisierung widerspreche. Durch eine höhere Zahl an Satzungsänderungen werde der bürokratische Aufwand vielmehr gesteigert.

Auch bestätigte das FG Hamburg, dass § 57 Abs. 3 AO keine neue Beihilfe darstellt und keine Zustimmung der Europäischen Kommission benötigt. Eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs liege üblicherweise durch Kooperationen gemeinnütziger Körperschaften nicht vor. Vielmehr förderten diese Kooperationen effizientes Arbeiten zur Zweckverwirklichung.

Revision zum BFH zugelassen

Da das FG Hamburg eine Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat, bleibt abzuwarten, ob dieser die Ansicht des FG Hamburg bestätigt. Aus Sicht der gemeinnützigen Organisationen wäre es sehr zu begrüßen, wenn das Urteil des FG Hamburg bestätigt würde.

FG Hamburg, Urteil v. 26.09.2023 – 5 K 11/23

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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