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Klimastiftung MV – Wie kann eine Stiftung aufgelöst werden?

Klimastiftung MV – Wie kann eine Stiftung aufgelöst werden?

Die Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern ist seit längerer Zeit Thema der tagesaktuellen Berichterstattung. Der Skandal um die Förderung der Fertigstellung der nun mehr als je zuvor umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 scheint ebenso den Begründer der Stiftung, das Land Mecklenburg-Vorpommern, in die Enge zu treiben. So wird derzeit über deren Auflösung diskutiert. Ein Beschluss des Landtages hierzu liegt bereits vor, aber: Kann eine unliebsame Stiftung einfach aufgelöst werden? Und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?

Worum geht es im Fall der Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern?

Seit einigen Wochen ranken sich Diskussionen um die Klimastiftung des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Neben Klima- und Umweltschutz findet sich in ihrem Satzungszweck zugleich die angestrebte Fertigstellung der Pipeline Nord Stream 2. Das Land stiftete hierzu 200.000 Euro. Der russische Konzern Gazprom unterstützte die Stiftung mit insgesamt 20 Millionen Euro. Insbesondere die Größe des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes sowie die stiftungsinterne Mittelverwendung warfen Fragen auf, deren Beantwortung sich auch Journalisten der Transparenzplattform frag-den-staat.de erhofften.

Mit der Verweigerung jeglicher Auskunft zog die Stiftung offenbar mehr Aufmerksamkeit auf sich als gewünscht. Peinlich berührt wird nun nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Schwerin, das die Auskunftspflicht der Stiftung bejahte, über deren Auflösung diskutiert. Ein Beschluss des Landtages hierzu wurde bereits gefasst. Weiterhin steht im Raum, das Stiftungsvermögen zur humanitären Unterstützung in der Ukraine einzusetzen. Neben den Auflösungsvoraussetzungen stellt sich daher die Frage, in welchen Grenzen der Zweck einer Stiftung geändert werden kann.

Wie sieht das Ende einer Stiftung aus?

Eine Stiftung kann auf verschiedene Arten ihr Ende finden, beispielsweise

  • wenn ihr Zweck erreicht ist,
  • wenn eine im Stiftungsgeschäft formulierte, auflösende Bedingung eintritt oder
  • bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens und dem vorhergehenden Vermögensverlust.

Zudem gibt es zwei Möglichkeiten: die Auflösung oder Zweckänderung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde. Die Zweckänderung vernichtet die Stiftung nicht per se in ihrer Existenz, gibt ihr jedoch eine neue oder angepasste Aufgabe.

Wenn die Entscheidung zwischen Auflösung und Zweckänderung durch die jeweilige Behörde zu treffen ist, ist diese nach dem ursprünglichen Stifterwillen zum Zeitpunkt des Stiftungsgeschäftes auszurichten. Die aktuelle und möglicherweise gegenläufige Ansicht des Stifters findet hierin jedoch keine Berücksichtigung. Die Beendigung einer Stiftung ist als „ultima ratio“ zu begreifen. Das bedeutet, da die Auflösung zumeist das Letzte ist, was der Stifter zum Gründungszeitpunkt wollte, die Zweckänderung ist im Einklang mit dem Stifterwillen auch unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten der Auflösung grundsätzlich vorzuziehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Zweckerfüllung der Stiftung unmöglich geworden ist oder alternativ das Gemeinwohl gefährdet.

Unmöglichkeit der Zweckerfüllung

Unmöglichkeit meint in diesem Fall, dass der Stiftungszweck aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erreicht werden kann, also dem z.B. ein gesetzliches Verbot entgegensteht. Tatsächliche Unmöglichkeit liegt z.B. dann vor, wenn die Destinatäre der Stiftung nicht mehr existieren. In Bezug auf die Klimastiftung könnten der Zweckverwirklichung, zumindest was die Fertigstellung von Nord Stream 2 betrifft, die geltenden US-Sanktionen entgegenstehen, die dann eingreifen, wenn ein Unternehmen sich wirtschaftlich betätigt. Unklar ist schon, ob die Stiftung mit einem nur anteiligen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unter die US-amerikanischen Sanktionen fällt. Dies stellte der wissenschaftliche Dienst des Bundestages bereits in seiner Ausarbeitung vom 18.02.2021 fest. Unterfällt die Stiftung nicht den Sanktionen, spricht dies gegen das Vorliegen einer rechtlichen Unmöglichkeit.

Hinzu kommt, dass US-Sanktionen keine vergleichbare Druck- und Regelungswirkung entfalten, wie es bei Regelungen im EU-Recht oder nationalen Recht der Fall wäre. Auch die derzeitige Aussetzung des Genehmigungsprozesses allein führt nicht zur Unmöglichkeit der Zweckverwirklichung. Derzeit kann also nicht von einer Unmöglichkeit der Zweckerfüllung ausgegangen werden.

Gemeinwohlgefährdung als Auflösungsgrund

Die Gemeinwohlgefährdung bzw. die maßgebliche Beeinträchtigung eines öffentlichen Interesses ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Der steuerrechtliche Status wie die Gemeinnützigkeit einer Stiftung ist für diese Beurteilung nicht relevant, sodass die Gemeinnützigkeit allein nicht dieser Einstufung einer Stiftung durch die Aufsichtsbehörde entgegensteht. Eine solche Einordnung kann daher prinzipiell jede Stiftung betreffen.

Das Gemeinwohl müsste hier durch die Verfolgung des Stiftungszwecks beeinträchtigt werden. Dabei ist eine Abwägung der widerstreitenden Interessen im konkreten Einzelfall vorzunehmen. In diese Beurteilung können sowohl Grundrechte, Staatszielbestimmungen, Kompetenzvorschriften und sonstige Schutzgüter der Verfassung als auch auf der anderen Seite z.B. die gemeinnützigen Zwecke des § 52 AO miteinbezogen werden. Es handelt sich hierbei um einen sehr komplexen Einordnungs- und Abwägungsvorgang.

Was bedeutet das für die Klimastiftung Mecklenburg-Vorpommern?

In Bezug auf die Klimastiftung dürfte ein solcher Verstoß nicht anzunehmen sein. So verfolgt sie Zwecke des Umwelt- und Klimaschutzes, die gegen kein geltendes Recht verstoßen. Mit der Fertigstellung von Nord Stream 2 wird eher eine politisch unliebsame Bestrebung verfolgt, als dass geschützte Verfassungsgüter unmittelbar gefährdet werden. Von einem politischen Konflikt und politischem Diskurs, der gleichsam das Wesen eines freiheitlich-demokratischen und pluralistischen Staates prägt, kann daher nicht per se auf eine Gemeinwohlgefährdung geschlossen werden.

Selbst wenn man an dieser Stelle zu einem anderen Ergebnis kommen würde, ist eine Zweckänderung der Stiftung in diesem Fall stets vorrangig, um dem ursprünglichen Stifterwillen so gut wie möglich Rechnung zu tragen. Schließlich umfasst die Fertigstellung der Pipeline nur einen Teil des Zweckes und nicht die gesamte Identität der Stiftung. Damit könnte auf den maßgebenden Anteil des Klima- und Umweltschutzes ausgewichen werden, ohne dass die Stiftung in ihrer Existenz anzutasten wäre. Dass das Land Mecklenburg-Vorpommern als Stifter der Stiftung inzwischen selbst nicht mehr wohlgesonnen ist, spielt für die Beurteilung des ursprünglichen Stifterwillens keine Rolle.

Die Vorschläge, den Zweck der Stiftung auf humanitäre Hilfe in der Ukraine umzulegen, liegen dem ursprünglichen Stifterwillen fern. Mit Umwelt- und Klimaschutz hat dies nichts zu tun. Eine Stiftung kann nicht von der Aufsichtsbehörde nach Belieben für die Gemeinwohlzwecke abgeändert werden, für die gerade Hilfe erforderlich wäre. Das widerspricht dem Prinzip einer Stiftung des bürgerlichen Rechts, die die Beteiligung des Stifters an der Förderung und Verwirklichung von Gemeinwohlaufgaben mit seinem Vermögen insoweit schützt, als dass dieses Vermögen, soweit möglich – und das ist es hier – in dessen Sinne verwendet werden soll.

Vermeidung der Stiftungsauflösung

Bisher ist es auch einer Stiftung selbst, je nach Satzungsgestaltung, möglich, ihren Zweck abzuändern. Nach der bereits verabschiedeten, aber noch nicht in Kraft getretenen Stiftungsreform werden Zweckänderungen durch die Stiftung selbst einfacher. Diese sollten in jedem Fall mit einem Experten abgestimmt werden, um zu klären, ob die Voraussetzungen für eine solche Satzungsänderung vorliegen. Hierzu beraten wir Sie gerne.

Weiterlesen:
Stiftungssatzung – Inhalt, Gestaltung und Anpassung
Ausstieg aus der Gemeinnützigkeit

Elmar Krüsmann

Rechtsanwalt Elmar Krüsmann ist auf die Beratung von Nonprofit-Organisationen, Stiftungen sowie vermögenden Privatpersonen spezialisiert. Oftmals ist er dabei auch mit grenzüberschreitendem Bezug tätig.

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