Das Finanzgericht (FG) Köln hat am 18. Juni 2015 entschieden, dass ein sog. „Hofladen“ ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb sein kann. Das Finanzamt hatte die Einkünfte nach einer Betriebsprüfung zu Unrecht dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet.
Geklagt hatte ein gemeinnütziger Verein, eine Untergliederung eines amtlich anerkannten Verbandes der freien Wohlfahrtspflege gemäß § 23 UStDV. Er setzt sich als Träger (teil-) stationärer Einrichtungen und des ambulant betreuten Wohnens für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten ein, für Menschen mit einer wesentlichen Behinderung und ebenso für Menschen, die dauerhafte Hilfe zum Leben in Einrichtungen benötigen. Die Einrichtungen sind dorfähnliche Anwesen mit eigener Kirche, Metzgerei und landwirtschaftlichem Betrieb. Zum Therapiekonzept gehören die therapeutische Betreuung und die sinngebende Beschäftigung der Bewohner in Werkstätten, der Küche, der Wäscherei und der Landwirtschaft. Die Einrichtungen betreiben außerdem sog. „Hofläden“, in denen die Bewohner nicht nur unter Aufsicht von fest angestellten Mitarbeitern mitarbeiten, sondern auch Waren erwerben können. Zu Therapiezwecken bieten die Hofläden den Bewohnern unter anderem auch niedrigprozentige alkoholische Getränke zum Selbstkostenpreis an, weil aufgrund der Alkoholabhängigkeit der Bewohner eine alkoholabstinente Lebensweise in den Einrichtungen vielfach nicht von Anfang an erreicht werden kann. Der Verkauf der alkoholischen Getränke in den Hofläden dient dem Zweck, den Alkoholkonsum zu kontrollieren und dazu, in der Therapie auf einen ggf. vorliegenden Alkoholmissbrauch einzugehen.
Sortiment für Zweckbetrieb irrelevant
Nach einer Betriebsprüfung ordnete das Finanzamt die Einkünfte aus den Hofläden dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu. Es vertrat die Auffassung, dass kein Zweckbetrieb nach § 66 AO vorliege, weil zur Wohlfahrtspflege nicht das Angebot an üblichen Handelswaren und ebenso wenig der Verkauf von Alkohol an Heimbewohner gehöre. Es liege auch kein Zweckbetrieb nach § 65 AO vor, weil die Hofläden in größerem Umfang in Wettbewerb zu nicht steuerbegünstigten Unternehmen treten, was sich schon daraus ergebe, dass eine nahe der Einrichtung gelegene Tankstelle ihren Betrieb mangels Umsatzes eingestellt habe, seitdem in den Hofläden Alkohol verkauft werde.
Das vom Verein angerufene FG Köln folgte dieser Argumentation des Finanzamts nicht und stellte fest, dass die Hofläden sowohl nach § 66 AO als auch nach § 65 AO einen Zweckbetrieb darstellen.
Die Wohlfahrtspflege ist maßgeblich
Bei den Hofläden handele es sich, so das Gericht, um einen Zweckbetrieb gemäß § 66 AO, weil mindestens 2/3 der Leistungen den in § 53 AO genannten Personen zu Gute kommen. Es handele sich – entgegen der Auffassung des Finanzamts – auch um eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege. Wohlfahrtspflege sei die planmäßige, zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübte Sorge für notleidende oder gefährdete Mitmenschen. Hierbei sei eine differenzierende Betrachtung geboten. Die Lebensqualität der Bewohner habe sich durch die neue Therapiemaßnahme, die die kontrollierte Ausgabe von Alkoholika umfasst, deutlich verbessert. Ferner hätte der trockene Entzug die Betreuten gesundheitlich stärker belastet; ohne die Ausgabe von Alkoholika wäre diese Menschengruppe außerdem nicht erreichbar und fiele komplett durch das Fürsorge-Raster.
Auch nach § 65 AO handele es sich bei den Hofläden um Zweckbetriebe. Die Frage, ob der potentielle oder tatsächliche Wettbewerb unvermeidbar i.S.v. § 65 Nr. 3 AO ist, sei vor dem Hintergrund der von Art. 3 Abs. 1 GG gebotenen staatlichen Wettbewerbsneutralität zu beantworten. Ein steuerlicher Eingriff in den Wettbewerb sei vor Art. 3 Abs.1 GG nur gerechtfertigt, wenn ein hinreichender sachlicher Grund für eine steuerliche Bevorzugung bzw. Benachteiligung vorliege. Es sei zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einem intakten Wettbewerb und an der steuerlichen Förderung gemeinnütziger Tätigkeiten abzuwägen. Der Wettbewerbsgedanke trete jedenfalls dann zurück, wenn die Leistungen notwendiges Mittel zur Erreichung eines ideellen Zwecks sind, den Wettbewerber ihrerseits nicht verfolgen.
Steuerliche Prüfung unerlässlich
Letztere Voraussetzungen sah das FG Köln im konkreten Fall als gegeben an. Die Ausgabe von Alkoholika in den Hofläden sei notwendiges Mittel zur Erreichung des ideellen Zwecks, den die Wettbewerber nicht verfolgen.
Die Entscheidung zeigt, wie wichtig die Prüfung der Voraussetzungen eines Zweckbetriebes und wie wichtig eine Argumentation im Einzelfall ist. Alle Tätigkeiten, die Einnahmen generieren – selbst wenn auch nur zur Kostendeckung – sollten daher möglichst schon im Vorfeld einer steuerlichen Prüfung unterzogen werden, um (böse) Überraschungen zu vermeiden.
FG Köln, Urteil vom 18.06.2015, Az. 10 K 759/13
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