Die Gewinnung von Neumitgliedern und Spendern ist für viele spendensammelnde Organisationen eine Frage von Sein oder Nichtsein. Besonders neu gegründete Organisationen müssen in die Spenderakquise und die Öffentlichkeitsarbeit investieren, um ihren Bekanntheitsgrad zu steigern. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: Wird ein zu hoher Anteil vereinnahmter Spenden für Werbemaßnahmen ausgegeben, droht der Verlust der Gemeinnützigkeit. Strafrechtliche Folgen haben die Verantwortlichen nach einem Urteil des OLG Celle aber nicht zwingend zu befürchten.
Im entschiedenen Fall gab die NPO in 5 Jahren rund 64% der Spenden für eine kommerzielle Werbe- und Fundraisingagentur aus, während lediglich 18% der Spenden dem in der Satzung bestimmten, gemeinnützigen Zweck zugutekamen. Die Staatsanwaltschaft vertrat daher die Meinung, dass die Spenden alleine für die kommerzielle Agentur gesammelt worden seien und sah den Tatbestand des Betrugs sowie der Untreue als erfüllt an.
Nicht so das OLG Celle: Spendenbetrug setze voraus, dass der Zweck der Spende – die Förderung der satzungsgemäßen Zwecke – verfehlt werde. Werde jedoch zumindest ein Teil der Spende dem guten Zweck zugeführt, spreche dies gegen einen strafbaren Betrug. Dass Spendenwerber häufig auch kommerziell und nicht (wie teilweise von Spendern angenommen) immer ehrenamtlich tätig sind, sei unbeachtlich. Jeder Spender müsse heutzutage davon ausgehen, dass Teile seiner Spende auch für die Verwaltung und die Werbung verausgabt werden. Auch Untreue zu Lasten der NPO kommt dem Gericht zufolge nicht in Betracht. Die Werbekosten seien zwar sehr hoch gewesen, die Organisation erwarb mit dem Geld jedoch werthaltige Gegenleistungen. Die Agentur übernahm insbesondere ein eigenes Geschäftsrisiko und trat in Vorleistung.
Der Verlust der Gemeinnützigkeit sei für die Frage der Strafbarkeit jedenfalls ohne Belang. Der Tatbestand der Untreue schütze lediglich das Vermögen der Nonprofit-Organisation, nicht jedoch deren steuerbefreiten Status.
Hinweis: Auch wenn der Entscheidung ein Sachverhalt zugrunde lag, der eher Ausnahme- denn Regelfall sein dürfte, ist es doch ein richtiges Signal, wenn der wichtige Einsatz professioneller Fundraiser nicht sogleich zur Strafbarkeit führt. Solange Spendeneinnahmen zumindest anteilig dem gemeinnützigen Satzungszweck zufließen und bei der Spendensammlung keine bewusst falschen Angaben gemacht werden, sind strafrechtliche Folgen nicht zu befürchten.
Das Gemeinnützigkeitsrecht ist strenger: Zu hohe Werbeausgaben, Verwaltungskosten oder Vergütungen können schnell zum Verlust der Steuerbefreiung führen und im Einzelfall zusätzlich zur Spendenhaftung. Im Falle einer Neugründung akzeptiert die Finanzverwaltung zwar Ausgaben von bis zu 50% noch als angemessen. Letztlich entscheidend sind aber stets die Umstände des Einzelfalls. NPOs sind jedenfalls gut beraten, bei geplanten hohen Werbeausgaben die „Kirche im Dorf zu lassen“ und im Vorfeld die Frage der Mittelverwendung prüfen zu lassen.
OLG Celle, Beschluss v. 23.08.2012, Az. 1 Ws 248/12.