Auch wenn durch die wirtschaftliche Betätigung eines Idealvereins das Nebenzweckprivileg überschritten wird, ist für eine persönliche Durchgriffshaftung der Vereinsmitglieder kein Raum.
Für die Verbindlichkeiten eines eingetragenen Vereins haftet im Regelfall nur dieser selbst, nicht jedoch seine Mitglieder. Dieser Trennungsgrundsatz wird nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur durchbrochen, wenn die rechtliche Unterscheidung der beiden Vermögenssphären (Verein einerseits, Mitglied andererseits) von hinter der juristischen Person stehenden natürlichen Personen rechtsmissbräuchlich ausgenutzt wird.
Eine solche Ausnutzung liegt jedoch nach Auffassung des BGH bei einer Überschreitung des Nebenzweckprivilegs durch wirtschaftliche Betätigungen des Vereins nicht vor. In einem Rechtsstreit zur Frage der Haftung für Forderungen gegen das in Insolvenz gefallene Kolping-Bildungswerk Sachsen e. V. stellte der BGH klar, dass in diesem Zusammenhang die gesetzlichen Sanktionen der Amtslöschung nach §§ 159, 142 FGG, der behördlichen Entziehung der Rechtsfähigkeit nach § 43 Abs. 2 BGB und des hierdurch bewirkten mittelbaren Zwangs zur Auflösung oder Umwandlung des Vereins dem Schutz des Rechtsverkehrs genügten. Solange ein Verein rechtsfähig sei, dürften seine Mitglieder auch auf die hiermit verbundene Haftungsbeschränkung vertrauen. Dies gelte gerade in Fällen, in denen fraglich sei, ob eine bestimmte wirtschaftliche Betätigung noch vom Nebenzweckprivileg umfasst sei oder ob die Betätigung bereits unzulässigerweise darüber hinausgehe. Eine solche Beurteilung sei einem einzelnen Mitglied kaum zuverlässig möglich.
Insofern sei nicht maßgeblich, ob die für den Verein handelnden Personen Kenntnis von der Überschreitung des Nebenzwecks gehabt oder sie dieser Einhalt geboten hätten. Anders wäre es nach Auffassung des BGH im konkreten Fall gewesen, wenn der klagenden Gläubigerin von Anfang an bestehende Bonitätsprobleme bewusst verschleiert worden wären oder im Konzern (des internationalen Kolpingwerkes) rechtsmissbräuchliche Vermögensverschiebungen vorgenommen bzw. die Konzernstrukturen zu Lasten der Gläubiger ausgenutzt worden wären und dieses Vorgehen einzelnen Mitgliedern hätte zugerechnet werden können.
Bundesgerichtshof, Urteil v. 10.12.2007, Az. II ZR 239/05