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Der ADAC wird nicht aus dem Vereinsregister gelöscht

Zuletzt herrschte viel Ungewissheit bei den Vorständen von eingetragenen Vereinen (e.V.). Nicht nur sahen viele ihren Vereinsstatus aufgrund der jüngsten Rechtsprechung des Kammergerichtes (KG) Berlin gefährdet, sondern auch das beim AG München anhängige ADAC-Verfahren zur Frage, ob die wirtschaftliche Tätigkeit von Tochtergesellschaften den Vereinen zuzurechnen und der Verein in der Folge zu löschen sei, gab Grund zur Sorge. In letzterem Fall hat nun das Amtsgericht (AG) München zugunsten des ADAC entschieden.

ADAC-Urteil des BGH von 1982 wird infrage gestellt

Fast drei Jahre lang prüfte das AG München umfassend, ob der ADAC e.V. wegen der wirtschaftlichen Tätigkeit seiner Tochtergesellschaften das Nebenzweckprivileg überschreitet und in der Folge aus dem Vereinsregister zu löschen sei. Unter Juristen war es in den letzten Jahren mehr und mehr zum Streitthema geworden, ob die wirtschaftliche Tätigkeit von Tochtergesellschaften Vereinen zuzurechnen sei. Zwar hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im Jahr 1982 in seinem ADAC-Urteil einmal entschieden, dass keine Zurechnung der Tätigkeiten von Tochterunternehmen zu erfolgen habe und damit für Vereine den Weg bereitet, sich über Tochtergesellschaften wirtschaftlich betätigen zu können. In Anbetracht von Strukturen, in denen – wie beim ADAC – ein Idealverein Konzernspitze von einer Vielzahl an gewerblich tätigen Tochterunternehmen war, wurde jedoch die Rechtsprechung des BGH im ADAC-Urteil von vielen Stimmen immer mehr kritisiert. Aufgrund mehrerer Hinweise wurde daher durch das AG München geprüft, ob der ADAC wegen seiner wirtschaftlichen Ausrichtung aus dem Vereinsregister zu löschen sei.

2. Vereinsrechtstag diskutiert Vereinskonzerne

Noch auf dem 2. Vereinsrechtstag, der am 20.01.2017 in Frankfurt stattfand, wurde die Frage sowohl im Vortrag „Vereinskonzern: Gut oder Böse?“ von Prof. Dr. Lars Leuschner als auch von den Teilnehmern kontrovers diskutiert. Auch der Vortrag von Richter Dr. Peter Sdorra über die Rechtsprechung des Kammergerichtes (KG) Berlin zur Löschung von KiTa-Vereinen aus dem Vereinsregister befeuerte das Thema (hier eine Zusammenfassung der Thematik). Wohl nur wenige ahnten zu diesem Zeitpunkt, dass die Entscheidung des AG München nicht mehr lange auf sich warten lassen würde.

AG München sieht keinen Anlass für eine Löschung des ADAC

Mit Pressemitteilung vom 24.01.2017 teilte das AG München nun mit, dass der ADAC nicht von Amts wegen aus dem Vereinsregister gelöscht werde. Der ADAC hatte die Prüfung des AG München allerdings (wie einige Stimmen meinen, im vorauseilenden Gehorsam) zum Anlass genommen, um in einem Umstrukturierungsprozess Tätigkeiten auszulagern und Entscheidungs- und Beteiligungsstrukturen zu ändern. So wurden kommerzielle Tätigkeiten, die nicht bereits den Beteiligungsgesellschaften zugeordnet waren und nicht mit dem Nebenzweckprivileg vereinbar sind, in eine europäische Aktiengesellschaft (ADAC SE) und deren Tochtergesellschaften ausgelagert, sodass nur noch die ideellen Tätigkeiten durch den Verein erbracht werden. Eine Beherrschung der ADAC SE bzw. deren Tochtergesellschaften durch den Verein wurde durch eine neu gegründete gemeinnützige ADAC Stiftung, die eine Sperrminorität von 25,1% an der ADAC SE hält und Entsendungsrechte in den Aufsichtsrat hat, ausgeschlossen. Das AG München gelangte daher zu der Auffassung, dass nach Abschluss dieser Strukturänderungen für eine Löschung des ADAC von Amts wegen kein Anlass besteht und der ADAC folglich als nicht-wirtschaftlicher Verein eingetragen bleibt.

Verein vollzieht Strukturänderung

Das AG München musste aufgrund der Strukturänderung des ADAC nicht mehr ausdrücklich darüber entscheiden, ob der ADAC auch in seiner alten Struktur als eingetragener Verein hätte fortbestehen können. Laut Pressemitteilung des AG München hat sich dieses in seinem Beschluss unter anderem auf die Entscheidung des BGH vom 29.09.1982 (I ZR 88/80) gestützt. Ob dies als Hinweis verstanden werden könnte, dass das AG München weiter an der ADAC-Entscheidung des BGH von 1982 festhält und die Strukturreform des ADAC, jedenfalls vor dem Hintergrund einer drohenden Löschung aus dem Vereinsregister, gar nicht erforderlich gewesen sein könnte, ist fraglich. Auch die Entscheidung des AG München zum FC Bayern München e.V. und dessen durch eine Tochter-Aktiengesellschaft getragene Profi-Fußballmannschaft kann nicht eins zu eins auf diese Fälle übertragen werde. Für Holdingvereine, die ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten, wie der ADAC vor seiner Strukturreform, auf Tochter-GmbHs ausgelagert haben, könnte es daher spannend bleiben.

Berliner KiTa-Rechtsprechung setzt Vereine unter Druck

Die Entscheidung des AG München ist zu begrüßen, da sie ein wichtiger Schritt ist, um in diesem Thema Rechtssicherheit zu schaffen. Allen Vereinen sollte aber klar sein, dass die Entscheidung des AG München für andere Amtsgerichte nicht bindend ist. Sogar das AG München könnte in einem anderen Einzelfall anders entscheiden.

Nahezu das gesamte Sozialwesen bzw. Sozialverbände sind ebenfalls noch nicht aus der Schussbahn. Für sie ist besonders die dem BGH nun zur Entscheidung vorliegende KiTa-Rechtsprechung des KG Berlin ein Problem. Aber selbst wenn der BGH sich der Auffassung des KG Berlin anschließen sollte, gibt es auch hier mögliche Strukturen oder alternative Rechtsformen, die für diese Organisationen infrage kommen. Es dürfte auch kein Geheimnis sein, dass viele von den Betroffenen schon „Notfallpläne“ haben, falls sich der BGH der Rechtsprechung des KG Berlin anschließen sollte. Oft ist ein Formwechsel in eine Genossenschaft oder gGmbH bereits vorbereitet und muss bei einer für die Vereine negativen Entscheidung des BGH nur noch in die Tat umgesetzt werden.

Unsere erfahrenen Anwälte für Vereinsrecht sind betroffenen NPOs bei anstehenden Umwandlungen gerne behilflich. Zögern Sie nicht, uns mit Ihren Fragen zu kontaktieren!

Pressemitteilung des AG München vom 24.01.2017 zum Verfahren Az. VR 304

Weiterlesen:
Kleine KiTa-Vereine, der FC Bayern München und der ADAC
Die Umwandlung von Vereinen und NPOs

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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