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Abgrenzung der Vermögensverwaltung vom Gewerbebetrieb

Steuerfreie Vermögensverwaltung oder steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb? Mit dieser Frage beschäftigen sich gemeinnützige Einrichtungen regelmäßig. Der BFH hat in seinem Urteil vom 11. Oktober 2012 Kriterien aufgelistet, die die schwierige Abgrenzung etwas erleichtern.

In dem vom BFH entschiedenen Fall ging es um eine GmbH & Co. KG, die als geschlossener Fonds „gebrauchte“ Lebensversicherungen auf dem US-amerikanischen Zweitverwertungsmarkt erwarb. Versicherungsnehmer können dort ihre Lebensversicherungen verkaufen, wenn sie diese weder fortführen noch kündigen wollen. Die Fondsgesellschaft bezahlte für die erworbenen Policen während der Restvertragslaufzeit die Versicherungsprämien und kassierte bei Eintritt des Versicherungsfalles die Versicherungssummen. Das Finanzamt stufte die Tätigkeit des Fonds als gewerblich und damit gewerbesteuerpflichtig ein.

Anderer Ansicht war der BFH. Er urteilte, dass das Finanzamt zu Unrecht die Einkünfte der Fondsgesellschaft als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert habe. In seiner Begründung listet der BFH mehrere Kriterien auf, mit deren Hilfe ein Gewerbebetrieb von reiner Vermögensverwaltung abgegrenzt werden kann:

  • Abgrenzung gemäß § 14 AO: Die Vorschrift definiert den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als „selbständige, nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden (…).“ Nach § 14 Satz 3 AO liegt demgegenüber Vermögensverwaltung vor, wenn Vermögen genutzt, z.B. Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird.Dem BFH zufolge ist danach von einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb auszugehen, wenn die Tätigkeit dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht. Mit anderen Worten: Sofern das übliche Maß der Vermögensverwaltung überschritten wird, also das Handeln des Steuerpflichtigen nicht mehr das typische Handeln eines passiven Anlegers darstellt, handelt es sich regelmäßig um einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.
  • Entscheidend sind das Gesamtbild und die Verkehrsanschauung: Werden nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung substantielle Werte durch Umschichtung ausgenutzt, d.h. geht es dem Steuerpflichtigen in erster Linie darum, Kursgewinne durch An- und Verkäufe zu erzielen, liegt mithin ein Gewerbebetrieb vor. Tritt dagegen die Ziehung der Früchte aus vorhandenem Vermögen in den Vordergrund (Mieten, Dividenden, Zinserträge etc.) – zum Beispiel durch Vermietung oder Verpachtung von unbeweglichem Vermögen – ist der Bereich der Vermögensverwaltung berührt.
  • Das Bild des gewerblichen Dienstleisters: Produzenten, Dienstleister und Händler prägen typischerweise das Bild eines Gewerbebetriebes. Diese gewerblichen Dienstleister werden zudem üblicherweise für fremde Rechnung tätig. Wird der Steuerpflichtige hingegen für eigene Rechnung tätig, deutet dies eher auf ein Handeln im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hin.
  • Berücksichtigung des Einzelfalles: Bei Veräußerungen sind nach Auffassung des BFH zudem „wirtschaftsgutspezifische Besonderheiten“ zu berücksichtigen. Ob Veräußerungen der Vermögensverwaltung zugeordnet werden können, lässt sich demnach nicht für alle Wirtschaftsgüter gleich beurteilen. Es kommt – wie so oft – auf den Einzelfall an.

Im zu entscheidenden Fall war die Tätigkeit der Fondgesellschaft daher dem Bereich der privaten Vermögensverwaltung zuzuordnen. Der Fall war vergleichbar mit der Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks, so der BFH: In erster Linie stand die Fruchtziehung im Vordergrund. Lebensversicherungen könnten zwar auch Gegenstand eines händlertypischen Umschlags sein. Die Fondgesellschaft hatte die Versicherungsansprüche aber erworben, um diese bei Fälligkeit einzuziehen. Das entspricht eher nicht dem Bild eines gewerblichen Händlers, der das Erworbene auch wieder veräußern will.

Hinweis: Die Fondsgesellschaft war im zu entscheidenden Fall offenbar nicht gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG gewerblich geprägt. Aber selbst wenn sie das gewesen wäre, hätte eine gemeinnützige Körperschaft die Fondsbeteiligung im Rahmen ihrer Vermögensverwaltung und nicht etwa im Rahmen ihres steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs gehalten. Denn bereits 2011 hat der BFH entschieden, dass es auf Ebene der die Beteiligung haltenden gemeinnützigen Körperschaft nicht auf die gewerbliche Prägung auf Fondsebene ankommt. Allein entscheidend ist die tatsächliche – hier: die vermögensverwaltende – Betätigung.

BFH, Urteil v. 11.10.2012, Az. IV R 32/10.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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