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Körperschaftsteuer: Anforderungen an die Zusammenfassung gleichartiger Betriebe

Körperschaftsteuer: Anforderungen an die Zusammenfassung gleichartiger Betriebe

Die steuerliche Zusammenfassung von Betrieben gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ist nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte sich in seinem Urteil vom 15.03.2023 mit der Frage auseinandergesetzt, wann die Betriebe gewerblicher Art einer Gemeinde als gleichartig zusammengefasst werden können.

Gemeinde erhebt Fremdenverkehrsbeiträge und Kurbeiträge

Die im Revisionsverfahren Beklagte und ursprüngliche Klägerin war eine Gemeinde, die Fremdenverkehrsbeiträge gem. Art. 6 Bayerisches Kommunalabgabengesetz (KAG) erhebt. Ebenfalls erhebt sie Kurbeiträge i.S.d. Art. 7 KAG. Diese Einnahmen sowie die damit zusammenhängenden Ausgaben fasste die Gemeinde steuerlich unter „Kurbetrieb“ zusammen.

Der größte Einzelposten bei den Ausgaben des Kurbetriebs waren die Aufwendungen für eine Marketingorganisation, welche für die betreffende Gemeinden sowie weitere Gemeinden tätig war. Die Einnahmen und Ausgaben aus einer so bezeichneten „Christbaumspende“ standen dabei im Zusammenhang mit einem von der Gemeinde an eine Stadt gespendeten und im November 2013 auf deren Weihnachtsmarkt aufgestellten Christbaum. Im Gegenzug wurde an dem Baum eine Tafel mit einem Hinweis auf die Gemeinde angebracht.

Gemeinde erfasst Glühweinstand auf Weihnachtsmarkt als Kurbetrieb

Zugleich stellte die Stadt der Gemeinde auf dem Weihnachtsmarkt Platz für einen Glühweinstand zur Verfügung. Zudem durfte die Gemeinde einen Prospektständer aufstellen und ein Preisausschreiben veranstalten. Den im Veranlagungszeitraum durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelten Verlust durch Ausgaben des Kurbetriebs erklärte die Gemeinde in der abgegebenen Körperschaftsteuererklärung.

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Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer des zuständigen Finanzamts die Rechtsauffassung, dass die Einnahmen aus der „Christbaumspende“ nicht im Kurbetrieb zu erfassen seien. Es handele sich um einen eigenständigen Betrieb gewerblicher Art, der durch den Glühweinstand einen entsprechenden Gewinn erzielt und diesen zu versteuern habe. Dieser Auffassung folgte das Finanzamt und erließ für den Betrieb des Glühweinstands einen separaten Körperschaftsteuerbescheid und Bescheide über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2 und § 28 Abs. 1 Satz 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Die Klage der Gemeinde gegen die den Betrieb gewerblicher Art betreffenden Bescheide hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) München hat jene Bescheide ersatzlos aufgehoben.

Finanzamt sieht Trennung des steuerlichen Ergebnisses

Mit der Revision rügt das Finanzamt nun die Verletzung materiellen Rechts. Das FG hatte laut Ansicht des Finanzamts zu Unrecht angenommen, dass das steuerliche Ergebnis des Glühweinstands mit dem des Kurbetriebs zusammengefasst werden könne.

Voraussetzungen für die Gleichartigkeit von Betrieben gewerblicher Art

Entgegen der Annahme des FG sind laut dem BFH die Voraussetzungen für die hier allein in Betracht kommende Zusammenfassung „gleichartiger“ Betriebe nicht erfüllt. ,,Gleichartig“ sind Betriebe gewerblicher Art gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KStG, wenn die gewerblichen Betätigungen im gleichen Gewerbezweig ausgeübt werden. Für die Frage der Gleichartigkeit, muss in erster Linie die gewerbliche Betätigung selbst und damit das äußere Erscheinungsbild des jeweiligen Betriebs gewerblicher Art betrachtet werden und eben nicht die damit verfolgten Ziele. Außerdem kann Gleichartigkeit auch vorliegen, wenn sich die gewerblichen Betätigungen zwar unterscheiden, aber einander ergänzen.

FG sah Voraussetzungen für Zusammenfassung „gleichartiger“ Betriebe erfüllt

Nach der Ansicht des erstinstanzlich mit dem Fall befassten FG sind die Voraussetzungen für die Zusammenfassung gleichartiger Betriebe erfüllt. Der vom Glühweinstand verfolgte Betriebszweck „Touristenwerbung“ sei hiernach Teil des wesentlich weitergehenden Betriebszwecks des Kurbetriebs. Es habe sich laut dem FG bei dem Glühweinstand um eine einmalige Werbeaktion gehandelt, welche die laufenden Werbeaktionen des Kurbetriebs erweitert habe, indem die Besucher des Weihnachtsmarkts angesprochen worden seien. Insofern ergänze der Glühweinstand die Werbeaktivitäten des Kurbetriebs.

BFH: Keine Gleichartigkeit des Kurbetriebs und des Glühweinstands

Der BFH teilte die Ansicht des FG nicht. Für die Gleichartigkeit i.S.d. § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG komme es nicht in erster Linie auf die übergeordneten Betriebszwecke aus der Sicht der Trägerkörperschaft, namentlich der Gemeinde, an. Maßgeblich sei vielmehr die sich aus dem äußeren Erscheinungsbild der Betriebe ergebende Natur der jeweiligen gewerblichen Betätigung.

Bei dem Glühweinstand handele es sich um den Betrieb eines gastronomischen Verkaufsstands außerhalb des Gemeindegebiets. Demgegenüber sei der Kurbetrieb ein Konglomerat verschiedener Aktivitäten und Dienstleistungen der Gemeinde. Die einzige erkennbare Verbindung zwischen den Betätigungen sei der an dem Glühweinstand platzierte Prospektständer mit Werbematerial für den Tourismus in der Gemeinde. Dieser genüge jedoch nicht, um von einem ,,Einander-Ergänzen“ ausgehen zu können. Insbesondere ergebe sich kein Anhalt dafür, dass die Aufstellung des Prospektständers eine Verbindung zum Gastronomiebetrieb des Glühweinstands gehabt hat oder haben sollte.

Bei Fragen rund um körperschaftsteuerliche Fragen Ihrer NPO, wenden Sie sich gern an unsere Experten im Gemeinnützigkeitsrecht.

BFH, Urteil v. 15.03.2023 – I R 49/20

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Benjamin Kirschbaum

Rechtsanwalt Benjamin Kirschbaum ist vor allem in den Bereichen Blockchain und Kryptowährungen sowie im allgemeinen Zivilrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Verwaltungsrecht und Kirchenrecht/Religionsrecht tätig.

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