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Voraussetzungen für Mitgliederklagen in Vereinen

Voraussetzungen für Mitgliederklagen in Vereinen

Der Rahmen, in dem eine Minderheit von Vereinsmitgliedern Klage gegen ihren Verein erheben kann, um auf diesem Weg Interessen durchzusetzen, ist vereinsrechtlich umstritten. Das OLG Brandenburg hatte sich jüngst in seinem Urteil vom 11.05.2023 zu diesem Thema geäußert.

Vereinsmitglieder klagen gegen Beendigungsvereinbarung

Der Vorstand eines gemeinnützigen Vereins wollte den Anstellungsvertrag mit seinem Geschäftsführer kündigen. In diesem Zuge sollte der Geschäftsführer für den Rest seiner Amtszeit unter teilweiser Fortzahlung seiner Vergütung freigestellt werden. Dagegen versuchten einige der Vereinsmitglieder eine einstweilige Verfügung vor dem zuständigen Landgericht zu erwirken. Sie waren der Ansicht, dass die angestrebte Freistellung des Geschäftsführers den Tatbestand der Untreue erfülle, weshalb das vom Vereinsvorstand geleistete Zahlungsversprechen gem. § 134 BGB nichtig sei.

Zudem sahen sie durch die geplante Fortzahlung den Gemeinnützigkeitsstatus ihres Vereins gefährdet. Dies stellte auch das zuständige Landgericht in der ersten Instanz fest. Grund dafür war, dass Gemeinnützigkeit gem. § 52 Abs. 1 AO Selbstlosigkeit voraussetzt. Dies ist jedoch gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 AO unter anderem nur dann gegeben, wenn die betroffene Körperschaft keine Person durch zweckfremde Ausgaben oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigt.

Weisungsbefugnisse innerhalb von Vereinen

Der Vereinsvorstand hat grundsätzlich die Geschäftsführung des Vereins zur Pflicht gem. § 27 Abs. 3 Satz 1 BGB. Diese richtet sich nach dem Auftragsrecht gem. §§ 664–670 BGB. Das Weisungsrecht gegenüber den Vorstandsmitgliedern steht somit dem „Auftraggeber“ zu, welcher in der Regel die Mitgliederversammlung des Vereins ist. Die Mitgliederversammlung kann den Vorstand somit anweisen und ihm bestimmte Handlungen auferlegen.

Einzelne Vereinsmitglieder können den Vorstand hingegen nicht anweisen. Sie können lediglich vom Vorstand verlangen, dass dieser Satzungsverstöße beseitigt oder unterlässt. Zudem können die Mitglieder des Vereins der Mitgliederversammlung konkrete Missstände aufzeigen, die Entlastung der Vorstände verweigern oder, sofern es zu einer Schädigung des Vereins kommt, auch Schadensersatz verlangen. Für diese Punkte ist jedoch ebenso eine Beschlussfassung durch die Mitgliederversammlung erforderlich.

Mitgliederklage: Nur im Ausnahmefall

Eine Mitgliederklage (sog. actio pro socio) ist ein Rechtsinstitut, bei dem eine Minderheit der Vereinsmitglieder für den Verein vom Vorstand direkt verlangen kann, dass z.B. eine bestimmte Handlung unterlassen wird. Sie kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht und ihre Anwendung ist im Vereinsrecht umstritten.

Sie soll nur in Betracht kommen, wenn der Verein kein Aufsichtsorgan hat, das in der Lage wäre, die Ansprüche der Mitglieder geltend zu machen. Voraussetzung für eine Mitgliederklage ist das Vorliegen eines satzungs- und gesetzeswidrigen Zustands, welcher durch die Mitgliederversammlung nicht rechtzeitig behoben werden kann.

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Weiterhin muss das Handeln des Vorstands eine grobe Pflichtverletzung darstellen, durch welche dem Verein erheblicher Schaden droht, der nur durch zeitnahes Eingreifen noch verhindert werden kann, wobei der Vorstand nicht rechtzeitig abberufen oder anderweitig gehindert werden kann.

Die Mitgliederklage führt nicht zu Handlungsansprüchen, sondern ausschließlich zu Unterlassungs- oder Schadensersatzpflichten. Zudem kommt sie nur in Betracht, wenn die Rechte der Mitglieder durch Aushöhlung des Vereinszwecks verletzt sind oder existenzgefährdende finanzielle Auswirkungen drohen.

OLG verneint Mitgliederklage

Das OLG Brandenburg verneinte im konkreten Fall das Vorliegen eines den Vereinszweck aushöhlenden Satzungsverstoßes durch den Abschluss der Beendigungsvereinbarung zwischen Vorstand und Geschäftsführer. In der konkreten Situation lag die Abwägung der Vor- und Nachteile der getroffenen Vereinbarung bei der Mitgliederversammlung, welche dem Vorstand den Abschluss hätte rechtzeitig untersagen können. Gleichfalls sei auch keine erforderliche Dringlichkeit der Rückgängigmachung gegeben. Die Kläger hätten hierzu beweisen müssen, dass eine Klage mit einer entsprechenden einstweiligen Verfügung schneller zum Erfolg führt als ein Vorgehen durch die Mitgliederversammlung des Vereins.

Die Mitgliederklage wäre nur zulässig gewesen, wenn die Gefahr bestanden hätte, dass vor einer Mitgliederversammlung durch den Abschluss des Beendigungsvertrags die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte.

Unsere erfahrenen Anwälte für Vereinsrecht beraten Sie gerne umfassend zu allen Fragen rund um Mitgliederklagen.

OLG Brandenburg, Urteil v. 11.05.2023 – 5 U 38

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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