Verfügen NPOs über Gesellschaftsbeteiligungen oder Tochtergesellschaften, ist es wichtig, stets den Überblick zu behalten, auf welcher Beteiligungsebene welche Erträge zufließen und wie diese auf Ebene der NPO zu qualifizieren sind. Nur so ist gewährleistet, dass jeweils die richtigen abgabenrechtlichen Schlüsse gezogen werden. Im Rahmen eines am 19.10.2023 ergangenen Urteils, hatte sich das Finanzgericht Niedersachsen (FG) mit einem Fall zu befassen, in dem diese Zuordnung nicht gelungen war und insbesondere zum fehlerhaften Umgang mit dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung gem. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO geführt hatte.
Stiftung erfasst Umschichtungsgewinne nicht als zeitnah zu verwendende Mittel
Eine Stiftung erhielt von 2014 bis 2019 jährliche Ausschüttungen aus einem Fonds in der Rechtsform einer GmbH. Die Erträge resultierten teilweise aus Zinsen, die der GmbH zuflossen und teilweise aus Vermögensumschichtungen, welche die GmbH vornahm.
Im Rahmen ihrer Rechnungslegung, unterschied die Stiftung die Zinserträge und die Veräußerungs- bzw. Umschichtungserträge. Dabei ordnete sie die Zinserträge den zeitnah zu verwendenden Mitteln gem. § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zu, behandelte die Veräußerungs- bzw. Umschichtungserträge jedoch wie Erlöse aus der Umschichtung von Vermögen auf Ebene der Stiftung, obwohl diese aus Umschichtung von Vermögen auf Ebene der GmbH resultierten. Infolgedessen führte sie die Veräußerungs- bzw. Umschichtungserträge dem Stiftungsvermögen zu, ohne sie – gemeinsam mit den Zinserträgen – als zeitnah zu verwendende Mittel zu erfassen.
Das Finanzamt kam im Rahmen einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Veräußerungs- bzw. Umschichtungserträgen auf Ebene der Stiftung um gewöhnliche Kapitalerträge und damit um zeitnah zu verwendende Mittel handele. Daraufhin erließ das Finanzamt einen Auflagenbescheid gem. § 63 Abs. 4 AO, durch welchen die Stiftung aufgefordert wurde, die Erträge zeitnah satzungsgemäß zu verwenden.
Unterschied Vermögensumschichtungen und Vermögenserträge
Umschichtungsgewinne spielen vor allem bei Stiftungen traditionell eine große Rolle. Als Umschichtung bezeichnet man Veränderungen in der Zusammensetzung des Grundstocks. Eine Umschichtung ist folglich eine Änderung der Anlageform. Derartige Änderungen können beispielsweise sinnvoll oder gar geboten sein, um vereinzelte Vermögensanlagen, die im Laufe der Zeit ertragsschwach geworden sind, durch ertragreiche Vermögensanlagen zu ersetzen. Vermögensumschichtungen führen bei gemeinnützigen Körperschaften – auch nach Auffassung der Finanzverwaltung im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) – nicht zu einer zeitnahen Mittelverwendungspflicht der dabei frei werdenden Mittel und Erträge.
Dagegen unterliegen „gewöhnliche“ Vermögenserträge (bspw. Dividenden, Zinsen, usw.) der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung. Zeitnah ist die Mittelverwendung, wenn die Mittel im Jahr des Zuflusses bzw. spätestens in den beiden Folgejahren zur Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke verwendet werden.
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Mittel werden auch dann zeitnah ordnungsgemäß verwendet, wenn sie zur Anschaffung oder Herstellung von Gegenständen eingesetzt werden, die ihrerseits den satzungsmäßigen Zwecken der steuerbegünstigten Körperschaft dienen. Steuerschädlich ist es dagegen, wenn solche Gegenstände dem ideellen Bereich wieder entzogen werden, etwa durch deren Verlagerung in einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb oder in eine nicht steuerbegünstigte Gesellschaft.
Ausnahmen von der Mittelverwendungspflicht ergeben sich vor allem bei der Bildung von Rücklagen i.S.d. § 62 Abs. 1 AO, da hierdurch die Mittel – bzw. ein entsprechender Teil hiervon – von der zeitnahen Verwendung ausgenommen werden.
Bedeutung des Auflagenbescheids gem. § 63 Abs. 4 AO
§ 63 Abs. 4 AO behandelt den Fall, dass eine steuerbegünstigte Körperschaft Mittel, die sie zeitnah hätte verwenden müssen, entgegen den gesetzlichen Vorschriften angesammelt hat. Dazu gehört z.B. auch die Bildung einer Rücklage, die nicht den Regeln des § 62 Abs. 1 AO entspricht. In diesem Fall kann das Finanzamt eine angemessene Frist setzen, innerhalb derer die Mittel für satzungsmäßige Zwecke zu verbrauchen sind. Geschieht dies innerhalb der Frist, so wird der zunächst vorhandene Verstoß gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung geheilt. Als „angemessen“ ist eine Frist in diesem Zusammenhang meist anzusehen, wenn sie nicht mehr als zwei bis drei Jahre beträgt.
FG Niedersachsen folgt Auffassung des Finanzamts
Das FG kam richtigerweise zum Ergebnis, dass auch die Veräußerungs- bzw. Umschichtungserträge bei der Stiftung der Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung unterfallen, da es sich nicht um Umschichtungsgewinne der Stiftung selbst handelte, sondern vielmehr um Umschichtungsgewinne der GmbH. Mithin handelte es sich bei den seitens der GmbH an die Stiftung ausgeschütteten Erträgen – ganz gleich wo diese herrührten – für die Stiftung stets um Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, namentlich um Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Beteiligungen an Kapitalgesellschaften.
Der Begriff „Gewinnanteile“ dürfe, so das FG, dabei nicht zu eng verstanden werden. Es sei grundsätzlich nicht maßgeblich, aus welchen Mitteln die Ausschüttung bei der jeweiligen Gesellschaft stammen. Das bedeutet auch, dass es unerheblich ist, ob die Ausschüttungen dem Reingewinn entstammen oder ob sie durch Rücklagen oder sonstige Umstände ermöglicht wurden. Folglich ist es unerheblich, wie sich die Erträge auf der Ebene der ausschüttenden GmbH darstellen. Entscheidend sei allein die steuerliche Behandlung bei der Empfängerorganisation, weshalb eine unterschiedliche Behandlung von Dividendenerträgen und Veräußerungsgewinnen nicht zulässig sei.
Im konkreten Fall bedeutet das, selbst wenn auf der Ebene der GmbH eine entsprechende Unterscheidung besteht, diese Unterscheidung mit der Ausschüttung an die Stiftung als Gewinnanteile bei dieser an Bedeutung verliert. Aus diesem Grund seien die Ausschüttungen gänzlich als zeitlich zu verwendende Mittel anzusehen. Konsequenterweise hat das FG die Klage der Stiftung insofern abgewiesen. Die Stiftung hat indes Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt.
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FG Niedersachsen, Beschluss v. 19.10.2023, 6 K 191/22
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