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Umsatzsteuer: Keine Ermäßigung für Blut- und Gewebetransporte

Umsatzsteuer: Keine Ermäßigung für Blut- und Gewebetransporte

Die korrekte Besteuerung von Blutspenden wirft immer wieder Fragen auf. Der Bundesfinanzhof (BFH) befasste sich nun mit der Frage der Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Blut- und Gewebetransporte, welche in den Jahren 2014 bis 2016 von einem eingetragenen Verein durchgeführt wurden.

Regulärer Umsatzsteuersatz für Blut- und Gewebetransporte

Ein Verein bietet Hilfe für verletzte, kranke und behinderte Menschen an, einschließlich der Bereitstellung von Transportmöglichkeiten mit eigenen Fahrzeugen. In den fraglichen Jahren transportierte der Verein Blut- und Gewebeproben von Arztpraxen oder Krankenhäusern zu Laboren. Der Verein hatte Verträge nur mit den Krankenhäusern, Ärzten und Laboren, nicht aber mit den Patienten, deren Proben transportiert wurden.

Nach einer externen Prüfung entschied das Finanzamt, dass die Einnahmen aus den Blut- und Gewebetransporten dem regulären Umsatzsteuersatz von 19% unterliegen sollten, da sie nicht direkt den in der Satzung des Vereins genannten Zielgruppen zugutekamen, sondern Dritten (Krankenhäusern, Laboren, Ärzten). Der Verein legte gegen diese Entscheidung Einspruch ein, den das Finanzamt jedoch zurückwies.

Das Finanzgericht (FG) entschied jedoch zugunsten des Klägers, da es der Ansicht war, dass die Transporte fast ausschließlich dazu dienten, kranken und hilfsbedürftigen Menschen zu helfen. Gegen diese Entscheidung legte das Finanzamt Revision ein.

BFH bejaht Steuerermäßigung

Der BFH hat entschieden, dass die Entscheidung des FG aufzuheben sei, und die Angelegenheit zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Das FG habe zu Unrecht die Steuersatzermäßigung gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) bejaht. In seinem Urteil betonte der BFH, dass es für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht darauf ankomme, ob die Leistungen direkt an die begünstigten Personen erbracht werden, sondern ob diese von den Leistungen unmittelbar profitieren. Entscheidend sei somit die direkte oder indirekte Unterstützung der hilfsbedürftigen Personengruppen durch die Blut- und Gewebetransporte des Vereins.

Umsatzsteuerermäßigung gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG

Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG gilt ein ermäßigter Steuersatz von 7% für Leistungen von Körperschaften, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgen. Diese Ermäßigung gilt nicht für Leistungen im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs. Daher sei maßgeblich, ob die streitgegenständlichen Transportleistungen des Klägers als Zweckbetriebsleistungen anzusehen sind und ob sie die erforderlichen Voraussetzungen für die Steuersatzermäßigung erfüllen.

Verbindung zwischen Transportleistungen und Versorgung der Bedürftigen

Entscheidend war, dass die Dienstleistungen des Vereins einen unmittelbaren Zusammenhang mit der Versorgung und Betreuung der kranken und hilfsbedürftigen Menschen aufwiesen. Der Verein handelte im vorliegenden Fall nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet, sondern verfolgte satzungsgemäße gemeinnützige Zwecke. Hierzu gehörte insbesondere die Schaffung von Transportmöglichkeiten für die genannte Personengruppe, um eine adäquate medizinische Versorgung sicherzustellen.

Vertragsbeziehungen sind irrelevant

Das Gericht argumentierte weiter, dass die Vertragsbeziehungen zwischen dem Verein und den involvierten Akteuren wie Krankenhäusern, Ärzten und Laboren für die Anwendung des ermäßigten Umsatzsteuersatzes unerheblich seien. Entscheidend war allein der Umstand, dass die tatsächlichen Empfänger der Transportleistungen die hilfsbedürftigen Patientinnen und Patienten waren, für die die Blut- und Gewebeproben transportiert wurden.

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Übertragbarkeit auf andere Dienstleistungen

Es ist anzumerken, dass die Tragweite des BFH-Urteils über den engen Anwendungsbereich der Blut- und Gewebetransporte hinausgeht. Die Grundprinzipien der Entscheidung lassen sich auch auf andere Dienstleistungen übertragen, die von gemeinnützigen Organisationen im Rahmen ihrer satzungsgemäßen Zwecke erbracht werden.

In der Praxis wird das Urteil durch die großzügigeren Verwaltungsvorschriften abgemildert, welche zumindest Umsätze aus Vermögensverwaltung und Zweckbetrieben gemäß § 65 AO ohne Einschränkungen weiterhin dem ermäßigten Steuersatz unterwerfen.

Sie fragen sich, ob auch Ihre Dienstleistung von dem geschilderten Urteil erfasst wird? Unsere Experten im Steuerrecht helfen Ihnen gern! Kommen Sie bezüglich eines Termins unmittelbar auf uns zu.

BFH, Urteil v. 05.04.2023 – V R 14/22

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Eva Helfenstein

Rechtsanwältin Eva Helfenstein berät am Frankfurter Standort Stiftungen und andere Nonprofit-Organisationen in allen Angelegenheiten des Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrechts.

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