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Stiftungsvorstände sind meist sozialversicherungspflichtig – Vorsicht Haftungsfalle

Sozialversicherungspflicht für Stiftungsvorstände

Viele Stiftungen und Stiftungsvorstände – so unsere Erfahrung aus der Praxis – übersehen, dass die entgeltliche Tätigkeit eines Stiftungsvorstands oft sozialversicherungspflichtig ist. Hierdurch entsteht ein enormes, auch strafrechtlich sanktioniertes, Haftungsrisiko für Stiftung und Stiftungsvorstände.

Wenn nicht bereits Sozialversicherungsbeiträge für Stiftungsvorstände gezahlt werden, sollten Stiftungen genau überprüfen, ob tatsächlich eine sozialversicherungsfreie Tätigkeit vorliegt. Die Rechtsprechung und Verwaltung tendieren derzeit immer mehr dazu, Vergütungen von Vorständen als sozialversicherungspflichtig zu betrachten.

Wann ist ein Stiftungsvorstand sozialversicherungspflichtig?

Voraussetzung für die Sozialversicherungspflicht des Stiftungsvorstands, also die Pflicht zur Entrichtung von Beiträgen zur

  • Rentenversicherung,
  • Krankenversicherung,
  • Arbeitslosenversicherung und
  • Pflegeversicherung

durch Stiftung und Vorstand, ist das Bestehen eines sozialrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses.

Eine Beschäftigung ist eine nicht selbstständige Tätigkeit, insbesondere – aber nicht ausschließlich – in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Organisation des Weisungsgebers.

Abzugrenzen ist diese von einer nicht sozialversicherungspflichtigen selbstständigen Tätigkeit.

Genaue Betrachtung im Einzelfall erforderlich

Entscheidend für die Einordnung ist das objektive Erscheinungsbild der Tätigkeit. Hierfür ist eine umfassende Gesamtwürdigung aller Umstände vorzunehmen. Insbesondere bei einer Vorstandstätigkeit ist es in der Praxis oft nicht eindeutig, ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt oder ob der Vorstand selbstständig tätig ist. Es muss genau untersucht werden, ob Merkmale einer selbstständigen oder unselbstständigen Tätigkeit die Vorstandstätigkeit prägen. Vom Grundgedanken her ist die reine Repräsentations- und Vorstandstätigkeit – Teilnahme an Sitzungen und deren Vorbereitung – als selbstständige Tätigkeit einzustufen. Beteiligt sich allerdings der Vorstand am operativen Geschäft, wie dies typischerweise ein angestellter Geschäftsführer tut, so ist die Abgrenzung deutlich schwieriger. Kommen dann noch weitere Umstände hinzu, wie z.B.

  • die Pflicht zur Führung eines Tätigkeitsnachweises,
  • der Bezug einer gleichbleibenden Monatspauschale, auch bei Krankheit/Urlaub oder
  • die Zurverfügungstellung von Sachmitteln (Handy, Laptop), eines Büroarbeitsplatzes oder eines Dienstwagens,

wird schnell die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses im Raum stehen. Anhaltspunkte, die eher für eine selbstständige Tätigkeit sprechen liegen z.B. vor, wenn der Vorstand ein unternehmerisches Risiko trägt, sprich seine Vergütung nicht fix ist, sondern Ausfälle (bspw. bei Urlaub oder Krankheit) eintreten können oder er ein eigenes Büro mit eigenen Angestellten hat.

Wesentliches Kriterium ist die Weisungsgebundenheit

Die Möglichkeit der freien Einteilung von Arbeitszeit und -ort spricht nicht gegen die Annahme einer Weisungsgebundenheit. Denn bei leitenden Funktionen kann die Weisungsgebundenheit verfeinert sein zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess durch Wahrnehmung der übertragenen Geschäftsführungsaufgaben. Darüber hinaus ist dies für die Leistung höherer Dienste typisch und nicht Ausdruck eigener unternehmerischer Freiheiten des Vorstands.

Die jüngste Rechtsprechung eines Landesarbeitsgerichts geht inzwischen soweit, eine Weisungsgebundenheit des Stiftungsvorstandes zu unterstellen, wenn er nicht die Rechtsmacht besitzt, Beschlüsse des Vorstands jederzeit zu verhindern. Diese Auffassung widerspricht den organisationsrechtlichen Grundsätzen eines Kollegialorgans völlig und ist völlig praxisfern. Unerheblich soll danach auch sein, dass der Vorstand das einzige Organ der Stiftung ist, es also kein übergeordnetes, weisungsfähiges Organ – wie bspw. die GmbH-Gesellschafterversammlung gegenüber dem Geschäftsführer – gibt.

Diese Rechtsprechung greift unserer Meinung nach zu kurz. Schließlich unterscheiden sich Weisungsrechte im Rahmen eins Dienstvertrags oder aufgrund gesetzlicher Anordnung strukturell wesentlich von solchen im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses. Zudem ist es nicht nachvollziehbar, wieso eine Tätigkeit, welche ansonsten als selbstständig einzuordnen ist, nur deshalb „unselbstständig“ werden soll, weil ein – in der Natur der Sache liegendes – Unterliegen bei einer Abstimmung möglich ist.

Stiftungsvorstände sind oft in die Stiftung eingegliedert

Nimmt der Stiftungsvorstand über seine repräsentativen Aufgaben noch weitere Aufgaben insbesondere administrative oder operative Aufgaben wahr, so wird er von Verwaltung und Rechtsprechung oft als in die Stiftungsorganisation eingegliedert beurteilt. Ein weiteres Indiz für eine Eingliederung ist eine enge Einbindung in die Verwaltung der Stiftung, z.B. durch häufige regelmäßige Treffen sowie Teilnahme an wichtigen Terminen, Anwesenheit in der Geschäftsstelle und Abstimmung der Urlaube der Vorstandsmitglieder.

Ausnahme: Ehrenamtlicher Vorstand

Oft sind hingegen ehrenamtlich tätige Vorstände nicht sozialversicherungspflichtig, es sei denn, sie nehmen über das Ehrenamt hinausgehende Aufgaben wahr. Eine Sozialversicherungspflicht besteht nicht, wenn die Tätigkeit aus ideellen Interessen und ohne Erwerbsabsicht unentgeltlich verfolgt wird. Hierbei ist insbesondere ein Augenmerk auf Aufwandsentschädigungen zu legen. Stiftungen sollten prüfen, ob diese Zuwendungen tatsächlich solche sind oder es sich um verdeckte Entgeltzahlungen handelt. Zahlungen im Rahmen der Ehrenamtspauschale sind stets steuer- und sozialversicherungsfrei.

Betriebsprüfung der Sozialversicherung – keine Rechtssicherheit

Sollte die Einordnung der Stiftungsvorstandstätigkeit als „selbstständig“ bisher von der Betriebsprüfung der Sozialversicherer nicht beanstandet worden sein, besteht dennoch ein hohes Haftungsrisiko. Es gibt insoweit keinen Vertrauensschutz!

Vor Aufnahme einer selbstständigen Stiftungsvorstandstätigkeit: Statusfeststellungsverfahren

Ist eine vergütete Stiftungsvorstandstätigkeit angedacht, sollte vor (!) Aufnahme der Tätigkeit ein sog. Statusfeststellungsverfahren durchgeführt werden. In diesem Verfahren entscheidet der Sozialversicherungsträger rechtsverbindlich über den Status. Gern unterstützen wir Sie bei sämtlichen Statusfeststellungsverfahren.

Wir sind Ihnen bei allen Fragen der Steuer- und Sozialversicherungspflicht von Stiftungsvorständen behilflich. Zögern Sie nicht, mit Ihren Fragen auf uns zuzukommen.

Weiterlesen:
Ehrenamtlich oder vergütet – das ist beim Stiftungsvorstand die Frage
Vergütung in Verein, Stiftung und gGmbH

Boris Piekarek

Rechtsanwalt Boris Piekarek ist darauf spezialisiert, rechtliche und steuerliche Vermögenskonzepte und Rechtformgestaltungen für Unternehmer, Immobilieneigentümer und vermögende Privatpersonen zu entwerfen.

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