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Sozialversicherungspflicht eines GmbH-Geschäftsführers als abhängig Beschäftigter

Sozialversicherungspflicht eines GmbH-Geschäftsführers als abhängig Beschäftigter

Ein GmbH-Geschäftsführer kann trotz seiner Organstellung als abhängig Beschäftigter gelten. In diesem Fall besteht Sozialversicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg bestätigte diese Auffassung.

Vereinsvertreter gründet GmbH

Die Mitgliederversammlung eines Vereins wählte einen Vorsitzenden sowie zwei stellvertretende Vorsitzende, von denen alle einzelvertretungsberechtigt waren. Die entsprechende Eintragung in das Vereinsregister erfolgte am 14.11.2013. Am 29.11.2013 beurkundete der Geschäftsführer als Vertreter des Vereins die Gründung einer GmbH, welche am 13.01.2014 in das Handelsregister eingetragen wurde. In der sofort abgehaltenen Gesellschafterversammlung wurden er und eine weitere Person zu Geschäftsführern bestellt und hinsichtlich ihrer Vertretungsberechtigung wurde auf den Gesellschaftervertrag verwiesen.

In der Folgezeit stellte der Geschäftsführer der GmbH eine monatliche, als Honorar bezeichnete Vergütung für die Tätigkeit als Geschäftsführer i.H.v. 2.500 Euro nebst Umsatzsteuer in Rechnung.

Deutsche Rentenversicherung erhebt Nachforderungen für Beiträge zur Sozialversicherung

Mit Bescheid vom 13.12.2018 teilte der zuständige Träger der Deutschen Rentenversicherung mit, dass sich aus einer stichprobenweise durchgeführten Betriebsprüfung Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen i.H.v. insgesamt 32.023,72 Euro ergeben.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass im Rahmen der Betriebsprüfung der sozialversicherungsrechtliche Status des Klägers als ehemaliger Fremdgeschäftsführer der GmbH überprüft worden sei. Der Kläger sei kapitalmäßig nicht an der Gesellschaft beteiligt gewesen. Er sei daher als Fremdgeschäftsführer der Kontrolle der Gesellschafter der GmbH unterlegen, die die maßgebliche Rechtsmacht besessen hätten. Dies habe Sozialversicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nach dem Recht der Arbeitsförderung sowie nach der Umlagepflicht zur Insolvenzgeldumlage zur Folge. Der Geschäftsführer und die GmbH legten hiergegen Widerspruch vor dem Sozialgericht (SG) Mannheim ein.

Unterscheidung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit

Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV sind in allen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften Personen versichert, die gegen Arbeitsentgelt oder zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt sind. Beschäftigung in diesem Sinne ist nach § 7 SGB IV die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Beschäftigter ist, wer von einem Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei der Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei und dabei einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliege.

Demgegenüber wird eine selbstständige Tätigkeit durch das Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.

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Bei der Beurteilung, ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, ist abzuwägen, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist immer das Gesamtbild der Verhältnisse. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung erlauben. Hierzu gehört unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. Maßgeblich sind die Rechtsbeziehungen, so wie sie praktiziert werden und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist.

Im Rahmen der statusrechtlichen Beurteilung ist die jeweils zustehende abstrakte Rechtsmacht zu berücksichtigen. Der Fremdgeschäftsführer einer GmbH sei weder aufgrund seiner Organstellung noch deshalb von einer abhängigen Beschäftigung ausgeschlossen, weil er gegenüber Arbeitnehmern der GmbH eine Arbeitgeberfunktion ausübe. Auch wer Arbeitgeberfunktion ausübe, könne seinerseits bei einem Dritten persönlich abhängig beschäftigt sein. Maßgebend sei vor allem die Bindung des Geschäftsführers an das willensbildende Organ, welches in der Regel die Gesamtheit der Gesellschafter sein dürften.

GmbH-Geschäftsführer sind abhängig Beschäftigte

Trotz seiner Organstellung gem. § 35 Abs. 1 GmbHG ist ein GmbH-Geschäftsführer ein abhängig Beschäftigter im Sinne des Sozialrechts. Dies gilt auch, obwohl er regelmäßig bestimmendes Organ der Gesellschaft ist. Grund dafür ist, dass er auf der gesellschaftsrechtlichen Ebene den Weisungen der Gesellschafterversammlung unterliegt. Diese bestimmt zwar nicht das Tagesgeschäft, aber die gesellschaftsrechtlichen und damit unternehmerischen Geschicke der GmbH.

Kein Beschäftigungsverhältnis liegt hingegen vor, wenn der Geschäftsführer an der Gesellschaft beteiligt ist und allein oder jedenfalls mit Hilfe seiner Gesellschafterrechte die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann. Das Bundessozialgericht (BSG) verneint daher bloß ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis wenn der Geschäftsführer der GmbH auch ihr Alleingesellschafter ist. Gleiches gilt, wenn der Geschäftsführer wenigstens exakt über die Hälfte des Stammkapitals der GmbH (oder mehr) verfügt oder wenn der Geschäftsführer über eine qualifizierte Sperrminorität über alle wesentlichen Bereiche verfügt, um ihm nicht zusagende Weisungen der Gesellschaft zu verhindern. Diese Grundsätze gelten selbst dann, wenn alle Gesellschafter der GmbH zugleich Geschäftsführer sind. Der Umstand, dass der GmbH-Geschäftsführer auch alleinvertretungsberechtigtes Mitglied des Vereinsvorstands ist, ändert daran ebenfalls nichts.

Landessozialgericht (LSG) stützt Ansicht der Betriebsprüfung

Nach Ansicht des LSG hat das SG Mannheim die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung ist formell und materiell rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Betriebsprüfung habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH als abhängig Beschäftigter der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag. Hierfür spreche insbesondere die konkrete Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit, da der Kläger im gegebenen Fall unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg der GmbH eine feste Monatsvergütung nebst Reisekosten- und Fahrkostenerstattung erhielt.

Prüfen Sie die rechtliche Einordnung und den Sozialversicherungsstatus Ihrer (g)GmbH-Geschäftsführer, um mögliche Nachforderungen und Risiken zu vermeiden. Unsere erfahrenen Anwälte sind Ihnen dabei gerne behilflich.

LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.05.2023 – L 11 BA 3282/21

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Ellen Pusch

Rechtsanwältin Ellen Pusch hat sich am Standort München auf das Arbeitsrecht und als zertifizierter Testamentsvollstrecker (DVEV) auf das Erbrecht spezialisiert. Sie gestaltet und optimiert Arbeits-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträge und begleitet Umstrukturierungsvorhaben und M&A-Transaktionen (Betriebsübergänge).

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