Auf Bundesebene werden die Probleme um die politische Betätigung gemeinnütziger Organisationen weiter diskutiert. Das kürzlich ergangene Urteil des Finanzgerichtes (FG) Kassel, das die Gemeinnützigkeit von Attac bestätigt hatte, hat dem keinen Abbruch getan. Die Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen tritt weiterhin für umfassende Änderungen im Gemeinnützigkeitsrecht ein.
Änderungspläne nicht vom Tisch
Über die Zulässigkeit der Reichweite politischer Betätigungen durch gemeinnützige Organisationen wird seit geraumer Zeit kontrovers diskutiert. Daran hat selbst das kürzlich zu Gunsten von Attac ergangene Urteil des FG Kassel nichts geändert. Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung zufolge strebt die Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen weiterhin eine Änderung der Gemeinnützigkeitsvorschriften an, um so Rechtssicherheit für gemeinnützige Organisationen und Bürger zu schaffen.
Bundesweit einheitliche Anwendung
Laut der Bundestagsabgeordneten Lisa Paus sei das Gemeinnützigkeitsrecht so zu modernisieren, dass künftig bundesweit einheitlich über den Gemeinnützigkeitsstatus entschieden werden könne. Damit sollen von Finanzamt zu Finanzamt unterschiedliche Beurteilungen zur Gemeinnützigkeit vermieden werden. Ferner sollen die Gemeinnützigkeitsvorschriften der Abgabenordnung ergänzt werden. Damit ist wohl eine ähnliche Erweiterung des Gemeinnützigkeitskataloges in § 52 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) gemeint, wie er bereits von der hessischen SPD-Fraktion vorgeschlagen worden war. Darüber hinaus solle jedes Finanzamt ein Handbuch erhalten, das helfen soll, über die Gemeinnützigkeit nach einheitlichen Kriterien zu entscheiden. Schließlich sei ein Gemeinnützigkeitsregister einzuführen, in dem sämtliche gemeinnützigen Vereine aufgeführt werden. Das Register solle vor allem spendenwilligen Bürgern Rechtssicherheit bieten, so Paus.
Einheitliche Anwendung durch Finanzämter
Eine einheitliche Anwendung der vorhandenen Vorschriften durch die Finanzämter wäre in der Tat zu begrüßen. Der sog. Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) gibt allerdings bereits heute allen Finanzämtern bundesweit verbindliche Anweisungen zur Auslegung des Gesetzes an die Hand. Eine von Finanzamt zu Finanzamt und Sachbearbeiter zu Sachbearbeiter unterschiedliche Handhabe im Detail lässt sich aber auch dadurch nicht zu 100% verhindern. Ein separates „Handbuch“ ergibt vor diesem Hintergrund jedenfalls keinen Sinn; der Vorschlag ist kaum ernst zu nehmen.
Mehr Sinn würde es machen, die Gemeinnützigkeit künftig von einer zentralen Behörde feststellen (und aberkennen) zu lassen. Die entsprechenden Kompetenzen könnten ggf. beim Bundeszentralamt für Steuern gebündelt werden. Dass eine solche Zentralisierung gut funktionieren kann, beweist der Rechtsvergleich. Im Ausland (z.B. in England und in den USA) gibt es entsprechende Zentralbehörden.
Zweck eines Gemeinnützigkeitsregisters
Was das Gemeinnützigkeitsregister für Vereine genau bewirken soll, ist nicht ganz klar. Offenbar ist angedacht, ein Register aller spendenempfangsberechtigten Körperschaften anzulegen, auf das sich die Bürger bei ihren Spendenentscheidungen stützen können. Das ist sicherlich eine diskussionswürdige Forderung. Bislang müssen sich Spender, die auf Nummer sicher gehen wollen, vom Spendenempfänger den entsprechenden Freistellungs- oder Feststellungsbescheid vorlegen lassen oder sich bei Spenden über Spendenportale darauf verlassen, dass der Portalbetreiber die Gemeinnützigkeit der auf dem Portal um Spenden werbenden Organisationen geprüft hat. Ein solches Register müsste dann aber selbstverständlich nicht nur Vereine aufführen, sondern sämtliche gemeinnützigen Körperschaften (also auch Stiftungen, gemeinnützige GmbHs etc.).
Vor dem Hintergrund, dass es für Spender schon heute zahlreiche Möglichkeiten gibt, sich über die Gemeinnützigkeit der sie interessierenden Spendenempfänger zu informieren (diverse Spendenportale und -verzeichnisse, aber insbesondere auch die Website des Spendenempfängers) und der Spender nach aktuellem Recht auf die Angaben des Spendenempfängers vertrauen darf, wäre allerdings der finanzielle Aufwand für die Schaffung eines solchen Registers in der Diskussion mit zu berücksichtigen.
Bei weiteren Fragen rund um das Thema politische Betätigung von gemeinnützigen Organisationen sind Ihnen unsere spezialisierten Anwälte gerne behilflich. Wir freuen uns auf Ihre Kontaktaufnahme!
Süddeutsche Zeitung vom 23.12.2016
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Tags: politische Betätigung, Spenden