
Die Europäische Kommission hat am 28.06.2023 ihren Entwurf für eine neue europäische Zahlungsdiensterichtlinie, die Payment Services Directive 3 (PSD 3) vorgelegt. PSD 3 soll die Rechtsangleichung in den Mitgliedstaaten weiter vorantreiben sowie den aktuellen Entwicklungen auf dem Zahlungsdienstemarkt und den veränderten Bedürfnissen der Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister Rechnung tragen. Die Regelungen der PSD 3 werden durch die Regelungen der Payment Services Regulation (PSR) ergänzt.
PSD 3 und PSR müssen noch das europäische Gesetzgebungsverfahren durchlaufen und sollen jeweils rund 18 Monate nach der Beschlussfassung Anwendung finden.
PSD 3 muss erst in nationales Recht umgesetzt werden
Während PSD 3 eine Richtlinie ist, handelt es sich bei PSR um eine Verordnung. Die Vorgaben der PSD 3 sind daher anders als die der PSR für alle Zahlungsdienstleister (insbesondere Banken und Zahlungsinstitute) nicht unmittelbar in den einzelnen Mitgliedstaaten gültig, sondern erst, wenn diese zuvor in nationales Recht umgesetzt wurden. Da die Änderungen teilweise gravierende Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit haben können, sollten die vorhandenen Prozesse rechtzeitig anhand der vorgeschlagenen Änderungen überprüft und bei Bedarf angepasst werden.
Inhalte von PSD 3 und PSR
PSD 3 enthält die Vorgaben über das Zulassungsverfahren und die laufende Aufsicht für Zahlungsinstitute. Die Regelungen der Transparenz- und Informationspflichten neben den allgemeinen Vorgaben für Zahlungsverträge, Haftung, Betrugsbekämpfung und der starken Kundenauthentifizierung sind in der sie ergänzenden Verordnung PSR enthalten.
Zuständiger Mitgliedstaat für Erlaubniserteilung
Nach der geplanten Neuregelung soll für die Erlaubniserteilung derjenige Mitgliedstaat zuständig sein, in dem der Antragsteller gegründet wurde, seinen Hauptverwaltungssitz unterhält und zumindest einen Teil seiner Zahlungsdienste erbringt. Hierdurch soll es Unternehmen erschwert werden, das Erlaubnisverfahren in dem Mitgliedstaat mit den günstigsten Zulassungsvoraussetzungen zu betreiben (Forum Shopping). Zudem hat die zuständige Behörde vollständig eingereichte Erlaubnisanträge innerhalb von drei Monaten zu bescheiden.
E-Geld-Institute werden zu Zahlungsinstituten
Die Ausgabe von E-Geld wird künftig als Zahlungsdienst geregelt. Die Klassifizierung als E-Geld-Institut entfällt und auch eine gesonderte E-Geld-Regulierung wird es nicht mehr geben.
Market in Cryptoassets (MiCA) Regulation
PSD 3 und PSR stehen im Zusammenhang mit der bereits verabschiedeten MiCA-Verordnung. E-Geld-Token werden künftig von den Regelungen des neuen Zahlungsdienstes „Ausgabe von E-Geld“ erfasst. Zu wünschen wäre, dass im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens die PSR noch um Regelungen bezogen auf die Anforderungen der starken Kundenauthentifizierung in den Fällen, in denen Maschinen sich gegenseitig für Dienste und Services bezahlen („Machine-to-Machine Payments), ergänzt wird.
Weitreichende Auswirkungen für die Praxis sind in den Vorschlägen der Kommission zu den Neuregelungen im Bereich der Ausnahmetatbestände zu den erlaubnispflichtigen Zahlungsdiensten enthalten:
Bargeldversorgung/Geldausgabedienste ohne Kontoführung/Cashback
Anders als bislang soll zur Sicherstellung einer umfassenden Versorgung der Bevölkerung mit Bargeld künftig die Geldausgabe ohne Kontoführung von der Erlaubnispflicht freigestellt sein. Damit ist an der Ladenkasse eine Bargeldausgabe selbst dann möglich, wenn der Kunde überhaupt keinen Einkauf getätigt hat.
Online(handels-)plattformen, Tankstellen, Ticketverkäufer, Reisebüros Handelsvertreterausnahme/Verhandlungsspielraum des Kunden
Für die Freistellung von der Lizenzpflicht als Handelsvertreter soll es künftig darauf ankommen, ob (auch) der Kunde einen Verhandlungsspielraum hat. Diese Änderung hätte weitreichende Auswirkungen auf den Handel, soweit der Händler wie ein Agent oder Vermittler tätig wird und von dem Kunden Geld entgegennimmt, um dieses an den Prinzipal weiterzuleiten.
Wird dieser Vorschlag wie geplant umgesetzt, so besteht insbesondere für Online(handels-)plattformen, Tankstellen, Ticketverkäufer, Reisebüros konkreter Handlungsbedarf, ihr Geschäftsmodell an die Neuregelung anzupassen.
Kontoinformationsdienste
Eine starke Authentifizierung soll künftig nur noch bei der erstmaligen Anmeldung bei einem Kontoinformationsdienstleister erforderlich sein. Im Gegenzug haben die kontoführenden Zahlungsdienstleister ein Permission-Dashboard bereitzustellen, wo der Kunde seine an Drittdienstleister gewährten Zustimmungen verwalten kann.
ApplePay, GooglePay, SamsungPay
Sofern Walletbetreiber einzelne oder mehrere Elemente der starken Kundenauthentifizierung für Institute bereitstellen und prüfen, gelten sie als Auslagerungsunternehmen der Institute, die qualifizierte Anforderungen einzuhalten haben.
Schutz von vulnerablen Gruppen
Zahlungsdienstleister dürfen die starke Kundenauthentifizierung nicht ausschließlich von dem Besitz eines Smartphones abhängig machen, sondern müssen Menschen mit Behinderungen, älteren Menschen und Menschen ohne Smartphone geeignete Alternativen bereitstellen.
Gern unterstützen wir Sie bei sämtlichen Fragen rund um PSD 3 und PSR. Kommen Sie gern auf uns zu!
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