Die hessische Regierung musste sich aufgrund einer Anfrage der AfD mit der Frage auseinandersetzen, ob das Ertönen eines Muezzin-Rufes zum Freitagsgebet (islamischer Gebetsruf) einer Genehmigung bedarf. Hintergrund der Frage war ein ergangenes Gerichtsurteil des OVG Nordrhein-Westfalen im vergangenen Herbst, welches das Ertönen eines Muezzin-Rufes zum Freitagsgebet (nach bereits erteilter Genehmigung) erlaubte.
Hessische Regierung sieht keine Genehmigung vor
Die hessische Regierung gab bekannt, dass für einen Muezzin-Ruf überhaupt keine Genehmigung erforderlich ist. Bislang gewährte „Genehmigungen“ seien deshalb nicht erteilt worden und können daher auch nicht zurückgenommen oder widerrufen werden. Dies begründete die hessische Regierung unter anderem mit einem Leitsatz der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts:
„In einer Gesellschaft, die unterschiedlichen Glaubensüberzeugungen Raum gibt, besteht auch unter dem Aspekt der sogenannten negativen Religionsfreiheit kein Recht darauf, vom Kontakt mit abweichenden Glaubensbekundungen oder religiösen Symbolen verschont zu bleiben.“
Diese Argumentation erscheint unter dem Gesichtspunkt der hohen Stellung der Religionsfreiheit und der Neutralitätspflicht des Staates nachvollziehbar und ist plausibel. Auch für das allseits bekannte religiöse christliche Läuten der Kirchenglocken muss keine Genehmigung vorliegen.
Auffassung der hessischen Regierung entfaltet keine Bindungswirkung
Zu beachten ist allerdings, dass eine solche Stellungnahme der hessischen Regierung keine Bindungswirkung für die Gerichte zur Folge hat. Ob ein Muezzin-Ruf letztlich einer Genehmigung bedarf, obliegt allein der Überprüfung der Fachgerichte im Einzelfall. Es ist allerdings gut denkbar, dass insbesondere die hessischen Gerichte sich an dieser Auffassung orientieren werden.
Ob die hessischen Gemeinden sich ebenfalls an die Stellungnahme der hessischen Regierung halten, bleibt abzuwarten. In Vergangenheit wurden durch die Kommunen für die islamischen Gebetsrufe sowohl Genehmigungen erteilt als auch abgewiesen.
WINHELLER berät Sie gerne
Aufgrund der uneinheitlichen Rechtslage wird es diesbezüglich in Deutschland nicht so schnell zu einer einheitlichen Rechtsanwendung in der Praxis kommen. Es bleibt aber zu erwarten, dass die Muezzin-Rufe immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten führen werden. Veranlasst durch die Stellungnahme der hessischen Regierung werden insbesondere muslimische Vereine versuchen, ihren Gebetsruf durchzusetzen und dadurch unter Umständen in einen Konfliktfall mit den hessischen Gemeinden geraten.
WINHELLER steht Ihnen gerne im Falle eines Rechtsstreits zur Seite und berät Sie diesbezüglich bei Ihrem Vorhaben.
Weiterlesen:
Kirchenrecht und Religionsrecht
Islamische Gemeinden können Muezzinruf beantragen