Aufgrund des Zustroms von Flüchtlingen und der damit im Zusammenhang stehenden besonderen Leistungen gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Einrichtungen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) weitere Billigkeitsregelungen erlassen.
Steuerbefreiung für Vermietungsvereine und Vermietungsgenossenschaften
Erst kürzlich hatte das BMF nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder Billigkeitsmaßnahmen getroffen. Vermietungsvereinen und Vermietungsgenossenschaften wird danach die Steuerbefreiung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG gewährt, wenn sie vorübergehend Asylbewerber und Flüchtlinge in ihren Wohnungen unterbringen; die vorübergehende Unterbringung in Einrichtungen steuerbegünstigter Körperschaften ist zudem als Zweckbetrieb zu behandeln.
Einnahmen können Zweckbetrieb zugeordnet werden
Aufgrund des anhaltenden Zustroms von Flüchtlingen hat das BMF nun weitere Billigkeitsregelungen erlassen: Beteiligt sich demnach eine gemeinnützige Einrichtung vorübergehend an der Unterbringung, Betreuung, Versorgung oder Verpflegung von Bürgerkriegsflüchtlingen oder Asylbewerbern und erhält sie dafür Entgelte aus öffentlichen Kassen oder von anderen steuerbegünstigten Organisationen, können diese Einnahmen dem ertragsteuerbegünstigten Zweckbetrieb zugeordnet werden.
Wer fällt unter die Steuerbefreiung?
Es gelten außerdem auch die Umsatzsteuerermäßigungen und -befreiungen, die auch auf vergleichbare Leistungen der jeweiligen Einrichtung an andere Leistungsempfänger (z.B. Obdachlose) angewendet werden. Dazu gehören insbesondere
– der ermäßigte Umsatzsteuersatz (7%) gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG sowie
– die Steuerbefreiungen gemäß § 4 Nr. 18, 23, 24 und 25 UStG,
wenn die Entgelte dafür aus öffentlichen Kassen oder von anderen steuerbegünstigten Körperschaften gezahlt werden. Dies gilt auch, wenn Flüchtlinge nicht ausdrücklich zu dem nach der Satzung der Einrichtung begünstigten Personenkreis gehören. Unter die Steuerbefreiung fallen insbesondere auch Personalgestellungsleistungen zwischen begünstigten Einrichtungen zum Zwecke der Flüchtlingshilfe sowie die Lieferung von Speisen und Getränken in Flüchtlingsunterkünften, wenn die Einrichtung bereits bisher steuerfreie Mahlzeitendienste erbringt.
Kostenersatz für sonstige Leistungen
Für die umsatzsteuerliche Behandlung des Kostenersatzes durch die öffentliche Hand an gemeinnützige Einrichtungen für den Bezug von Einrichtungsgegenständen und sonstige Leistungen (z. B. Renovierung von Wohnungen) gilt Folgendes:
– Zahlungen im Rahmen eines Gesamtvertrags z.B. über die Errichtung und den Betrieb einer Flüchtlingsunterkunft fallen insgesamt unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 18 UStG, wenn die weiteren dort genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
– Eine konkrete Lieferung, wie z.B. von Möbeln, unabhängig von einem Gesamtbetreibervertrag ist hingegen grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig; die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 18 UStG kommt nicht zur Anwendung. Es kann aber gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG der ermäßigte Steuersatz für Zweckbetriebe in Frage kommen.
Billigkeitsregelungen müssen einheitlich erfolgen
Die Billigkeitsregelungen gelten für die Veranlagungszeiträume 2014 bis 2018. Das BMF weist darauf hin, dass die Berufung auf die Billigkeitsregelungen allerdings für alle gleichartigen Leistungen einheitlich erfolgen muss. Beruft sich der Unternehmer auf die Billigkeitsregelungen, entfällt umgekehrt selbstverständlich der Vorsteuerabzug für die mit den Ausgangsleistungen im Zusammenhang stehenden Eingangsleistungen.
Finazielle und administrative Entlastung gemeinnütziger Organisationen
Normalerweise unterliegt die kurzfristige Vermietung von Räumen nebst Nebenleistungen dem Bereich des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes, was grundsätzlich die Gewerbe- und Körperschaftssteuerpflicht auslöst. Auch Umsatzsteuer fällt üblicherweise an. Durch den aktuellen Billigkeitserlass werden gemeinnützige Organisationen finanziell und administrativ entlastet. Ihre Leistungen an Flüchtlinge sind unter bestimmten Voraussetzungen nicht umsatzsteuerpflichtig und können darüber hinaus der ertragsteuerfreien Zweckbetriebssphäre zugeordnet werden.
Weitere Fragen zu Steuerermäßigungen oder -befreiungen Ihrer gemeinnützigen Organisation beantworten Ihnen unsere spezialisierten Anwälte gern.
BMF-Schreiben vom 09.02.2016, IV C 4 – S 0185/15/10001 :001
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Tags: Steuerbefreiung, Vorsteuerabzug