Die Abgrenzung zwischen einer Schenkung unter Auflage und einer Überlassung durch Treuhandvertrag (Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag) ist eines der großen Rechtsprobleme unselbstständiger Stiftungen. Eine solche Abgrenzung musste das Oberlandesgericht (OLG) Celle im Fall der Klahn-Stiftung vornehmen – mit unerwünschten Konsequenzen für den Treuhänder.
Abgrenzung: Treuhandvertrag oder Schenkung?
Unselbstständige Stiftungen werden immer beliebter – nicht nur aus Kostengründen, sondern auch weil ein formelles Stiftungsgründungsverfahren und die staatliche Stiftungsaufsicht entfallen. Es gibt jedoch einige Fallstricke, die einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. Dazu gehört regelmäßig, im Stiftungsvertrag exakt zu regeln, ob die Überlassung des Vermögens eine Schenkung unter Auflage darstellt oder ob es sich bei der Überlassung um einen Treuhandvertrag handeln soll. Welche Folgen diese Abgrenzung hat, zeigt das Urteil des OLG Celle.
Stiftungsträgerin stellt künstlerisches Erbe aus
Die Erben des Künstlers Erich Klahn schlossen mit der Stiftungsträgerin einen Stiftungsvertrag über eine unselbstständige Stiftung. Überschrieben war der Vertrag mit „Errichtung einer treuhänderischen Stiftung“. Das künstlerische Erbe wurde sodann der Stiftungsträgerin übergeben, die es öffentlich ausstellte.
Nachdem die Stiftungsträgerin im Jahr 2013 einen Kunsthistoriker mit der Erstellung eines Gutachtens zu Erich Klahn und dessen Verhältnis zum völkisch rassistischen Gedankengut beauftragt hatte, wollte die Stiftungsträgerin im Hinblick auf die Ergebnisse des Gutachtens die Trägerschaft der Klahn-Stiftung beenden, was schließlich zur Erklärung der Kündigung des Stiftungsvertrags aus wichtigem Grund führte.
Kündigung des Stiftungsvertrags unwirksam
Die Erben hielten die Kündigung für unwirksam und gingen vor Gericht. Die Kunstwerke seien schenkweise mit der Auflage auf die Stiftungsträgerin übertragen worden, sie auszustellen, sodass eine Kündigung nicht möglich sei. Das LG Hannover gab ihnen Recht und verwarf die Auffassung der Stiftungsträgerin, wonach eine rein treuhänderische Überlassung der Kunstwerke vorläge und der Stiftungsvertrag wirksam gekündigt sei.
Auch das OLG Celle entschied für die Erben. Zwar sei in der Überschrift des Stiftungsvertrags von einer treuhänderischen Stiftung die Rede, allerdings ergebe sich aus dem Sinnzusammenhang mit den folgenden Erklärungen, dass tatsächlich nicht eine nur treuhänderische Überlassung von Vermögenswerten gewollt war. Dies belege bereits die erklärte Zusicherung, dass die Stiftungsträgerin „juristischer Eigentümer“ der übertragenen Vermögensgegenstände werde. Dies könne nur als gewollte Übertragung des Eigentums der Werke des Künstlers Erich Klahn verstanden werden, so das Gericht. Bestätigt werde dies nach Ansicht des OLG Celle auch durch das Fehlen jeglicher Rückgabepflichten der Stiftungsträgerin.
Vermögen verbleibt bei Stiftungsträgerin
Ferner sei in der Satzung geregelt, dass bei Auflösung der Stiftung das Vermögen bei der Stiftungsträgerin verbleibe. In Fällen einer sogenannten fiduziarischen Treuhand verliere der Treugeber mit der Vollrechtsübertragung zwar seine Verfügungsmacht, der Treuhänder bleibe aber schuldrechtlich gebunden, das Eigentumsrecht nur nach Maßgabe der Treuhandvereinbarung auszuüben, und sei nach Erledigung des Treuhandzweckes zur Rückübereignung des Treuguts verpflichtet.
Ein Treuhandverhältnis sei bei stiftungszweckgebundenen Vermögenszuwendungen daher nur in Betracht zu ziehen, wenn das Treugut am Ende des Auftrages nicht beim Beauftragten verbleibe, sondern an den Auftraggeber oder an Dritte herauszugeben sei. Eine schenkungsrechtliche Bereicherung sei demgegenüber immer dann anzunehmen, wenn die Vermögensübertragung endgültig sein solle, d.h. selbst dann Bestand haben solle, wenn die Erfüllung des Stiftungszweckes unmöglich wird. Das OLG Celle nahm daher eine Schenkung unter Auflage an. Eine Kündigung des Vertrags war damit ausgeschlossen.
Stiftungsvertrag sorgfältig anfertigen
Bereits bei Anfertigung des Stiftungsvertrages sind die (zukünftigen) Eventualitäten zu bedenken. Neben der vom OLG Celle thematisierten Kündigungsmöglichkeit gehört dazu insbesondere auch die Gefahr der Insolvenz der Stiftungsträgerin. Kommt eine Stiftung im Wege einer Schenkung unter Auflagen zustande, fällt das Stiftungsvermögen im Fall der Insolvenz der Stiftungsträgerin nach überwiegender Auffassung in die Insolvenzmasse – ein denkbar schlechtes Ergebnis aus Sicht des Stifters.
Treuhandvereinbarung ist Schenkung vorzuziehen
Anders ist es im Fall der Errichtung einer Stiftung im Wege eines Treuhandvertrages. Letzteres ist aus insolvenzrechtlichen Gründen also für den Stifter weitaus sicherer als eine Schenkung unter Auflagen. Das Problem: Wendet man die vom OLG Celle aufgeführten Abgrenzungskriterien konsequent an, wird man in der Praxis fast immer eine insolvenzrechtlich ungünstige Schenkung unter Auflagen annehmen müssen – jedenfalls dann, wenn der Vertrag nicht zusätzlich noch spezielle Treuhandvereinbarungen für den Insolvenzfall der Stiftungsträgerin vorsieht. Denn schon aus gemeinnützigkeitsrechtlichen Gründen wird ein Rückfall des Vermögens an den Stifter regelmäßig ausgeschlossen sein.
Alles in allem wird man daher konstatieren müssen, dass die scheinbar so unproblematische unselbständige Stiftung, deren Errichtung von vielen als einfach und unkompliziert propagiert wird, in Wahrheit ein hochkomplexes und gleichermaßen unsicheres Vertragskonstrukt ist und daher insbesondere für größere Vermögen, die langfristig den Stiftungszwecken gewidmet werden sollen, nach der selbständigen Stiftung immer nur zweite Wahl sein kann. Gerne beraten Sie unsere erfahrenen Anwälte zu den verschiedenen Stiftungsmodellen.
OLG Celle, Urteil vom 10.03.2016, Az. 16 U 60/15
Weiterlesen:
Unselbständige Stiftung nicht beteiligungsfähig
Stiftungsrecht: Fallstricke bei unselbstständigen Stiftungen vermeiden