Kostümpartys von gemeinnützigen Karnevalsvereinen sind jedenfalls in der Karnevalswoche körperschaftssteuer- und umsatzsteuerbegünstigte Zweckbetriebe. Das Finanzgericht (FG) Köln hat am 20. August 2015 entschieden, dass die für die Abgrenzung zwischen Zweckbetrieb und steuerpflichtigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb von der Finanzverwaltung bislang angewandten Kriterien ungeeignet sind.
Karnevalsverein klagt gegen Steuerpflicht
Geklagt hatte ein gemeinnütziger Verein, der sich „der Erhaltung und Pflege heimatlichen Brauchtums, insbesondere der Förderung des Karnevals in seinem historischen Sinne“ widmet und „karnevalistische und gesellige Veranstaltungen zur Verfolgung dieser Ziele“ durchführt. Nach der Satzung des Klägers wird der Vereinszweck insbesondere verwirklicht durch „die Teilnahme am traditionellen Festumzug (…), die Beschaffung und Verleihung von Karnevalsordnen und die Organisation von Sitzungen und Bällen sowie anderen Veranstaltungen des heimatlichen Brauchtums“. Er ermittelt seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung im Sinne von § 4 Abs. 3 Einkommenssteuergesetz (EStG).
Der Verein führte im Jahr 2009 mehrere Veranstaltungen durch, darunter die Veranstaltung „Nacht der Nächte“. In seiner Steuererklärung für das Jahr 2009 ordnete er unter anderem die Einnahmen aus dem Verkauf der Eintrittskarten und von Karnevalsorden dem Bereich seines steuerbegünstigten Zweckbetriebes zu und behandelte die erzielten Einkünfte bzw. Umsätze ertragssteuerfrei und lediglich dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegend. Demgegenüber ordnete er dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb die Einnahmen aus dem Verkauf von Speisen und Getränken, die Erlöse aus der Garderobenverwahrung und die Erlöse aus dem Verkauf des Sessionsheftes zu.
Finanzamt ordnet Einnahmen dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zu
Es kam, wie es kommen musste: Das Finanzamt teilte diese Auffassung nicht und meinte, alle Einnahmen müssten dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zugeordnet werden. Gegen den Körperschafts- und Umsatzsteuerbescheid legte der Kläger Einspruch ein, den das Finanzamt als unbegründet zurückwies. Daraufhin erhob der Verein Klage vor dem Finanzgericht Köln (FG).
Das FG Köln gab dem Verein Recht. Es näherte sich dem Streitpunkt lehrbuchartig und stellte zunächst fest, dass die Veranstaltung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb darstellte. Dieser sei jedoch ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb. Drei Voraussetzungen müssten dafür erfüllt sein (§ 65 AO):
1. Der Betrieb muss in seiner Gesamtrichtung dazu dienen, die steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen.
2. Diese Zwecke müssen nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können.
3. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb darf nicht zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art in größerem Umfang in Wettbewerb treten als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
Kölner Gericht befürwortet Steuerbegünstigung für Karnevalsvereine
Das FG Köln sah diese Kriterien als erfüllt an und geht mit den Verwaltungsanweisungen der OFD Frankfurt am Main vom 07.08.1991 (S-0184 A-9-St II 12) und der OFD Rheinland vom 13.01.2006 scharf ins Gericht, wonach Veranstaltungen gemeinnütziger Karnevalsvereine, bei denen die Pflege der Geselligkeit im Vordergrund steht, nicht der Pflege des traditionellen Brauchtums dienen und daher keinen Zweckbetrieb darstellen. Die Verwaltungsanweisungen seien gänzlich ungeeignet für die Abgrenzung von Zweckbetrieb und steuerpflichtigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bei Karnevalsveranstaltungen.
Tatsächlich gehörten nämlich, so das Gericht, zumindest die während der Karnevalswoche zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch stattfindenden geselligen Veranstaltungen (auch) zum Wesen der rheinischen Karnevalstradition und damit zum „traditionellen Brauchtum“ i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 23 AO. Zum karnevalistischen Brauchtum gehöre per se Spektakel, Volksbelustigung und Geselligkeit. Durch die Aufnahme des Karnevals in den Gemeinnützigkeitskatalog des § 52 Abs. 2 AO habe der Gesetzgeber die Diskussion, ob eine Veranstaltung überwiegend gesellig (dann nicht steuerbegünstigt) oder überwiegend dem traditionellen Brauchtum förderlich (dann steuerbegünstigt) sei, beendet und klar gemacht, dass die Steuervergünstigung nicht deshalb versagt werden kann, weil eine karnevalistische Veranstaltung „zu gesellig“ ist.
Das letzte Wort ist aber nicht gesprochen. Das FG Köln hat die Revision zum BFH zugelassen, weil angesichts der Vielzahl derartiger Vereine und Veranstaltungen in Deutschland diese Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung habe.
Vereine müssen auf Abgrenzung zw. Zweckbetrieb und wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb achten
Auch wenn das FG Köln mit seiner Entscheidung eine Lanze für den Karneval bricht, will es zumindest für außerhalb der Karnevalszeit veranstaltete Sommer-, Grill-, Oktoberfeste, Weihnachtsfeiern sowie Kostümpartys anders entscheiden, da es insoweit in zeitlicher Hinsicht an einem hinreichenden Bezug zum Karneval und damit zum traditionellen Brauchtum fehlt.
Wie der vorliegende Fall zeigt, kann die Abgrenzung zwischen Zweckbetrieb und steuerpflichtigem wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb im Einzelfall schwierig sein. Jedenfalls liegt ein Zweckbetrieb vor, wenn die Tätigkeiten unter eine der Aufzählungen der §§ 66 – 68 AO fallen. Passt die Tätigkeit in keine dieser Kategorien, kommt auf die allgemeine Definition des § 65 AO mit den oben genannten drei Voraussetzungen an. Die korrekte Bewertung ist von großer Bedeutung. Wird die Zuordnung falsch vorgenommen, droht nicht nur eine Nachbesteuerung, sondern auch die Gemeinnützigkeit insgesamt kann infrage stehen.
FG Köln, Urteil v. 20.08.2015 – Az. 10 K 3553/13
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