Für kirchliche Arbeitgeber ist die Zugehörigkeit von Bewerbern und Mitarbeitern zur eigenen Religion oft wesentliches Kriterium zur (Weiter-)Beschäftigung. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun jedoch in einem Grundsatzurteil entschieden, dass nicht für jede Stelle eine Religionszugehörigkeit gefordert werden darf.
Konfessionslose Bewerberin verklagte Evangelisches Werk
Der Entscheidung vorausgegangen war die Klage einer Bewerberin, die keiner Religion angehörte und sich um eine ausgeschriebene Stelle des Evangelischen Werkes für Diakonie und Entwicklung bemühte, in deren Rahmen sie für die Erstellung eines Berichts zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung zuständig gewesen wäre. Als sie für die Stelle nicht ausgewählt wurde, vermutete sie einen Zusammenhang mit ihrer fehlenden Kirchenzugehörigkeit und verklagte das Evangelische Werk auf eine Entschädigungszahlung in Höhe von knapp 10.000 Euro.
Die Klage erreichte zuletzt das Bundesarbeitsgericht (BAG), das dem EuGH letztendlich die Frage zur Entscheidung vorlegte, in welchem Verhältnis die europäische Antidiskriminierungsrichtlinie (die vor einer Benachteiligung u.a. wegen der Religion schützen soll) zum europäischen Grundrecht der Kirchen auf Autonomie stehe. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte in einem früheren Verfahren entschieden, dass die kirchliche Selbstbestimmung eine gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen einschränken könne.
Konfession kann nicht für jede Stelle von entscheidender Bedeutung sein
Der EuGH hat entschieden, dass das Vorliegen einer bestimmten Religionszugehörigkeit durchaus ein ordnungsgemäßes Kriterium bei der Einstellung von kirchlichen Mitarbeitern sein kann. Allerdings müsse dieses Kriterium in Bezug auf die zu besetzende Stelle und die damit verbundene Art der Tätigkeit eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos dieser Kirche sein. Dies könne jedoch nicht bei allen Arbeitsplätzen eines kirchlichen Arbeitgebers der Fall sein.
Ob die Religionszugehörigkeit bei der konkret zu besetzenden Stelle der Klägerin eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt, muss nun das BAG klären. Insoweit müsse jedenfalls, entgegen der Auffassung des BVerfG, eine wirksame gerichtliche Überprüfbarkeit der Kriterien „wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt“ gewährleistet sein.
Mehr Rechtssicherheit für Bewerber und Kirchen
Die Grundsatzentscheidung ist zunächst für Bewerberinnen und Bewerber von Vorteil. Sie können künftig die Gerichte bemühen, sollten sie sich bei Ausschreibungen kirchlicher Arbeitgeber aufgrund ihrer (fehlenden oder abweichenden) Religionszugehörigkeit benachteiligt fühlen. Aber auch diese erlangen durch das Urteil weitere Rechtssicherheit: So bleibt es durchaus möglich, die Religionszugehörigkeit als Bewerbungskriterium aufzustellen. Möglich ist dies jedoch nur bei solchen Stellen, die mit der Ausübung kirchlicher Aufgaben betraut sind. Reine Verwaltungsstellen etwa dürften keine besondere Anforderung an die kirchliche Identität rechtfertigen. Genaueres wird jedoch erst aus dem Urteil des BAG hervorgehen.
EuGH, Urteil vom 17.04.2018, Az. C 414/16
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