Seit Jahrzehnten dauert der Streit um den islamischen Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen an. Am 20.12.2018 veröffentlichte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) dazu einen weiteren bedeutenden Beschluss (Az. 6 B 94.18). Ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts NRW (OVG Münster) wurde aufgehoben und zur erneuten Verhandlung zurückverwiesen. Die Zukunft des Religionsunterrichts bleibt daher zunächst offen.
Bislang kein Anspruch auf Religionsunterricht für ZMD und Islamrat
Das OVG Münster hatte 2017 entschieden, dass es sich bei dem Zentralrat der Muslime (ZMD) und dem Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland als Dachverbände nicht um Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes handelt. Demnach hätten sie keinen Anspruch auf Einrichtung und Durchführung von islamischem Religionsunterricht an öffentlichen Schulen.
Das OVG stützt sein Urteil darauf, dass den Klägern als reinen Dachverbänden keine Lehrautorität mit realer Geltung bis zu den einzelnen angeschlossenen Moscheevereinen zukäme. Insbesondere bleibe unklar, welchen Standpunkt sie in zentralen religiösen Konfliktfragen des Islam in Deutschland wie des Vorrangs des Grundgesetzes gegenüber der Scharia, der Stellung der Frau und der religiösen Toleranz verträten und wie sie in diesen Fragen Einfluss auf die Gläubigen nähmen.
Anspruch auf Religionsunterricht könnte nun doch bestehen
Das BVerwG weist demgegenüber darauf hin, dass es für die Autorität der Lehrmeinung von Dachverbänden nicht darauf ankommt, dass sie von allen Mitgliedern als verbindlich anerkannt wird. Vielmehr müssten sie solche Lehrmeinungen lediglich in nennenswerter Zahl abgeben und die Verantwortlichen der Moscheegemeinden müssten diese zur Kenntnis nehmen und sich zumindest daran orientieren. Das OVG muss den Streitfall unter diesem Aspekt nun erneut prüfen.
Gleichzeitig zeigt das BVerwG aber auch auf, dass ein Anspruch auf Erteilung islamischen Religionsunterrichts nur dann besteht, wenn die Religionsgemeinschaften die Grundlagen der Verfassungsordnung und dabei insbesondere die Religionsfreiheit und die freiheitliche Ausrichtung des Staatskirchenrechts respektierten. Die vom OVG aufgeworfenen Fragen werden also trotzdem im weiteren Verfahren eine Rolle spielen.
Vorteil für religiöse Körperschaften des öffentlichen Rechts
Anspruch auf Erteilung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen haben Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes. Eine besondere Rolle spielen dabei die sogenannten religiösen Körperschaften des öffentlichen Rechts. Jede rechtstreue Religionsgemeinschaft, welche die Gewähr der Dauer bietet, hat einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf Verleihung des Körperschaftsstatus. Einer solchen Körperschaft, deren Religion von einer ausreichenden Anzahl an Schülern geteilt wird, kann der Anspruch auf Erteilung von Religionsunterricht kaum verwehrt werden.
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