Das hessische Finanzgericht (FG Hessen) hatte in einem Urteil vom 10.07.2023 zu entscheiden, ob die Übertragung von Sondervermögen einer Gemeinde an eine gemeinnützige Stiftung eine Schenkung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) darstellt.
Gemeinde überträgt Grundstücke an gemeinnützige Stiftung
Eine gemeinnützige Stiftung erhielt mehrere Grundstücke unentgeltlich von einer Gemeinde übertragen. Die Gemeinde hielt die Grundstücke im Rahmen einer unselbstständigen örtlichen Stiftung. Das Finanzamt stellte die Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer fest, da der Übertragungsvertrag einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerb darstellte. Die Stiftung legte Einspruch ein und argumentierte, dass es sich um eine grunderwerbsteuerbefreite Schenkung handle.
Die Stiftung führte an, dass die Gemeinde nicht im Rahmen ihrer öffentlichen Aufgaben gehandelt habe. Die Grundstücke gehörten gem. § 115 Abs. 1 Nr. 2 der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) zum Sondervermögen der Gemeinde und resultierten aus einst selbstständigen Stiftungen, die nach und nach in das Eigentum der Gemeinde überführt wurden. Die Grundstücke wären bereits beim Erwerb durch die Gemeinde gemeinnützigkeitsrechtlich gebunden gewesen und entzögen sich somit dem Haushalt und den hoheitlichen Aufgaben der Gemeinde.
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Das Finanzamt wies den Einspruch zurück, woraufhin die Stiftung Klage vor dem FG Hessen erhob.
Steuerbefreiungen von Grundstücksübertragungen
Rechtsvorgänge, die auf die Übereignung von inländischen Grundstücken gerichtet sind, unterliegen der Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Grundsteuererwerbsgesetz (GrEStG). Grunderwerbsteuerbefreit sind dagegen Grundstücksschenkungen i.S.d. ErbStG gem. § 3 Nr. 2 GrEStG i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Wird ein Grundstück also verschenkt, entfällt im Regelfall die Grunderwerbsteuer. Wesentliches Merkmal der Schenkung ist hierbei die sog. Freigebigkeit.
FG Hessen: Unentgeltliche Vermögensübertragungen durch Verwaltung sind freigebige Zuwendungen
Das FG hielt die Klage der Stiftung für unbegründet. Es folgte damit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach unentgeltliche Vermögensübertragungen der öffentlichen Verwaltung zumeist keine freigebigen Zuwendungen i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG seien. Grund dafür sei der Grundsatz der Bindung der Verwaltung an Recht und Gesetz. Träger der öffentlichen Gewalt dürfen demnach in Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht freigebig handeln, wenn sie keine rechtliche Grundlage für dieses freigebige Handeln haben. Haben sie eine rechtliche Grundlage, handeln sie aber nicht freigebig. Somit liege keine Schenkung und daher keine Befreiung von der Grunderwerbsteuer vor.
HGO: Regeln der Haushaltswirtschaft sind auf Sondervermögen anzuwenden
Auch stellten die fraglichen Grundstücke gem. § 115 Abs. 1 Nr. 2 HGO Sondervermögen der Stadt dar, da es sich um das Vermögen der rechtlich unselbstständigen Stiftung der Stadt handelte, welches zwar im Haushalt der Stadt gesondert auszuweisen, diesem aber dennoch zuzuordnen sei. Sondervermögen unterlägen § 115 Abs. 2 HGO, der explizit vorsieht, dass das Landeshaushaltsrecht auch auf Sondervermögen anzuwenden sei. Das FG stellte mit Blick darauf fest, dass haushaltsrechtliche Vorschriften zu Gesetz und Recht zählen und die Verwaltung binden – auch insofern sei die Freigebigkeit im vorliegenden Fall ganz konkret zu verneinen. Die Revision zum BFH wurde aufgrund der grundlegenden Bedeutung der Rechtsfrage zugelassen.
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FG Hessen, Urteil v. 10.07.2023, 5 K 228/22
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