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Die GPL: Unbeschränkte Nutzungsrechte Dritter allein durch Modifikation der Originalsoftware?

Die GPL: Unbeschränkte Nutzungsrechte Dritter allein durch Modifikation der Originalsoftware?Veröffentlicht und lizensiert ein Urheber seine Software unter einer General Public Licence (GPL), unterwirft er die weitere Nutzung dieser Software dem sogenannten „Copyleft-Effekt“. Dies hat zur Folge, dass nicht nur die Software selbst der Allgemeinheit zugänglich gemacht wird, sondern auch alle Veränderungen und Bearbeitungen dieser Software durch Dritte. Dadurch soll eine breite Öffentlichkeit von der Software und ihrer Weiterentwicklung profitieren. Hält sich jedoch ein Bearbeiter nicht an die Bedingungen, stellt sich die Frage, ob Teile dieser Öffentlichkeit auch rechtlich dagegen vorgehen können bzw. ob schon die Verarbeitung einer solchen Software mit der Zustimmung zur Veröffentlichung und Nutzung der Modifikation durch Dritte einhergeht.

Was regelt die GPL?

Die GPL ist die bekannteste Lizenz für eine sogenannte „Freie Software“ (Open-Source-Software). Eine freie Software zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Nutzer sämtliche Nutzungsrechte unbeschränkt erhalten. Auch die GPL gewährt weitgehende Nutzungsrechte. Der Lizenzgeber legt dabei den Quellcode der Software für jedermann offen, ohne dafür Lizenzgebühren zu verlangen. Stattdessen werden die Nutzungsrechte jedoch an die Bedingung geknüpft, auch Veränderungen, Weiterentwicklungen oder sonstige Modifikationen der originalen Software mittels einer GPL zu lizenzieren und den veränderten Quellcode ebenfalls öffentlich zugänglich zu machen. Diese Verpflichtung des Lizenznehmers wird „Copyleft“ genannt und ist zentraler Bestandteil einer GPL. Das Ziel ist es, den freien Zugang zu dem Programm auch in der Weiterentwicklung durch andere sicherzustellen.

Führt die Bearbeitung einer GPL-Software zur Zustimmung ihrer Nutzung durch Dritte?

Die Copyleft-Klausel aus der Lizenzvereinbarung ist zunächst nur zwischen dem Urheber des Originalprogramms und dem Bearbeiter geschlossen worden. Trotzdem soll sie vor allem Dritten zugutekommen, die nicht nur einen freien Zugang zu dem Originalprogramm, sondern auch zu dessen Modifikationen erhalten sollen. Aus dieser besonderen Konstellation heraus stellt sich die Frage, ob Dritte ein Recht haben können, die bearbeitete Software zu nutzen, zu veröffentlichen oder zu verbreiten, auch wenn der Bearbeiter dem nicht ausdrücklich zugestimmt oder dies bisher abgelehnt hat.

Konkludente Zustimmung

Ohne eine ausdrückliche Zustimmung kann sich diese auch aus einem schlüssigen Verhalten des Rechteinhaber ergeben. Lässt sich das Verhalten des Bearbeiters einer Software nur so verstehen, dass er einer uneingeschränkten Nutzung durch Dritte zustimmt, braucht er diese nicht mehr ausdrücklich zu erklären. Einige wollen dieses schlüssige Verhalten schon in der Bearbeitung der Originalsoftware und der damit verbundenen Annahme der GPL-Bedingungen sehen. Allerdings erklärt der Bearbeiter dadurch nur, sich der Bedingungen der GPL zu unterwerfen, die ihm die Nutzungsbefugnis für die Bearbeitung nur aufschiebend bedingt erteilt. Veröffentlicht er die Bearbeitung nicht ebenfalls mit einer GPL, verletzt der Bearbeiter diese Bedingung und verliert das Nutzungsrecht. Daraus lässt sich jedoch nur die Zustimmung des Bearbeiters zu den GPL-Bedingungen herleiten. Eine Zustimmung zur Nutzung und Veröffentlichung der modifizierten Software ergibt sich daraus schon deswegen nicht, weil ansonsten kein Bedürfnis nach einer entsprechenden Copyleft-Klausel bestünde. Denn würde der Bearbeiter schon durch den Bearbeitungsvorgang einer uneingeschränkten Nutzung der Modifikation durch Dritte zustimmen, müsste sein Nutzungsrecht nicht für den Fall auslösend bedingt vereinbart werden, dass er die Zustimmung in Form einer GPL nicht selbst erklärt.

Zustimmung durch den Urheber des Originalprogramms

Ohne Zustimmung des Bearbeiters stellt sich immer wieder die Frage, ob nicht auch die Zustimmung des Urhebers der Originalsoftware ausreichen kann. Schließlich basiert die Modifikation auf seinem Originalprogramm und enthält zu einem nicht unerheblichen Anteil dessen Elemente. Allerdings wird diese Annahme von der Rechtsprechung mit Blick auf die § 69c Nr. 2 S. 2 UrhG und § 8 Abs. 2 S. 1 1. HS. UrhG abgelehnt. Denn unabhängig davon, ob ein Urheberrecht des Bearbeiters gemäß § 69c Nr. 2 S. 2 UrhG oder ein gemeinschaftliches „Bearbeiterurheberrecht“ des Urheber der Originalsoftware und des Bearbeiters gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 1. HS. UrhG entsteht, bedarf es auch immer der Zustimmung des Bearbeiters. Anders formuliert genügt in keinem Fall die alleinige Zustimmung nur des Urhebers. Der Bearbeiter muss zumindest immer auch mitzustimmen.

Entbehrlichkeit der Zustimmung

Schließlich könnte es auch auf keine der Zustimmungsmöglichkeiten ankommen, wenn diese grundsätzlich entbehrlich und eine Nutzung oder Veröffentlichung durch Dritte auch ohne Zustimmung rechtlich unproblematisch wäre. Diese Entbehrlichkeit könnte sich aus einer Verpflichtung in den GPL-Bedingungen zur Zustimmung gegenüber dem Urheber ergeben. Allerdings ist schon zweifelhaft, ob sich eine solche Verpflichtung überhaupt aus den Nutzungsbedingungen ableiten lässt. Zwar ist der Bearbeiter aufgrund der zuvor erörterten Bedingung gehalten, seine Bearbeitung wiederum unter der GPL als freie Software der Allgemeinheit frei zur Verfügung zu stellen. Allerdings führt ein Verstoß gegen diese Bedingung nur dazu, dass der Bearbeiter das Originalprogramm und unter den Voraussetzungen des § 63c Nr. 2 UrhG auch die Bearbeitung nicht mehr nutzen darf. Daraus eine Zustimmungsverpflichtung des Bearbeiters abzuleiten, erscheint nicht nur konstruiert, sondern würde auch nicht ausreichen, um eine Entbehrlichkeit der Zustimmung zu erklären. Denn auch, wenn diese Verpflichtung bestehen würde, bestünde sie nur gegenüber dem Urheber und nicht gegenüber Dritten. Zudem müsste die Zustimmung auch in diesem Fall erst noch tatsächlich erklärt werden, da die GPL-Bestimmungen die Zustimmung selbst nicht enthalten.

Der Bearbeiter muss immer auch zustimmen

Um die Modifikation einer durch einer GPL lizensierten Software zu veröffentlichen oder unbeschränkt nutzen zu können, bedarf es in jedem Fall auch der Zustimmung des Bearbeiters. Hat dieser seine Modifikation nicht unter eine GPL veröffentlicht oder der Nutzung durch Dritte nicht zugestimmt, kann er sich gegen die unbefugte Nutzung oder Veröffentlichung juristisch wehren. Denn die GPL-Vereinbarung zwischen dem Urheber und dem Bearbeiter ist nur in deren Verhältnis relevant und hat keine Auswirkung auf Dritte. Hält der Bearbeiter sich nicht an die Bedingung und verliert dadurch sein Nutzugsrecht an der Original- und der modifizierten Software, können die, sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen für den Bearbeiter nicht von einem Dritten verfolgt werden. Darüber hinaus muss im Einzelfall immer auch genau geprüft werden, inwieweit die Modifikation eine Bearbeitung des Originalprogramms darstellt und somit von der Bedingung der GPL erfasst wird, oder ob es sich um ein eigenständiges, von dem Originalprogramm losgelöstes Programm handelt.

WINHELLER unterstützt Sie beim Einsatz von Open-Source-Software

Wenn Sie in Ihrem Unternehmen Open-Source-Software einsetzen wollen, sollten Sie unbedingt beachten, dass der Copyleft-Effekt unter Umständen die verpflichtende Offenlegung wesentlicher Codebestanteile Ihrer hauseigenen Software zur Folge haben kann. Lassen Sie sich daher unbedingt vorher beraten, bevor Sie sich für den Einsatz solcher freien Software entscheiden.

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Michael Rudolf Kissler

Rechtsanwalt Michael Rudolf Kissler berät als Of Counsel in den Bereichen Bank- und Kapitalmarktrecht, Compliance, IT-Recht und Datenschutz. Zu seinen Mandanten gehören insbesondere FinTechs, Start-ups, mittelständische Unternehmen und Unternehmer.

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