Das Gemeinnützigkeitsrecht tut sich mit grenzüberschreitenden Fällen weiterhin schwer. Eine im Ausland als gemeinnützig anerkannte Stiftung ist jedenfalls nicht ohne weiteres auch in Deutschland von der Steuer befreit. Die Rechtsprechung des BFH bleibt streng.
Steuerbefreiung nach englischem Recht
Ein englisches College – in der Rechtsform einer Stiftung englischen Rechts – erwarb in Deutschland mehrere Grundstücke und ein Geschäftshaus, welche es verpachtete und vermietete. Da das College keine Steuererklärung abgab, schätzte das Finanzamt die Einkünfte auf 375.000 Euro und zog das College zur Körperschaftsteuer heran. Dagegen erhob das College Einspruch mit der Begründung, dass es in Großbritannien als gemeinnützige Körperschaft anerkannt und steuerfrei gestellt sei.
Steuerbefreiung auch nach deutschem Recht?
Das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg legte die vor Jahrhunderten verfasste Satzung großzügig aus und bestätigte die Steuerbefreiung des Colleges auch in Deutschland. Dagegen legte das Finanzamt Revision zum BFH ein.
Tatsachenfeststellungen unzureichend
Der BFH hob das Urteil nun auf und verwies die Sache zur erneuten Feststellung an das FG Berlin-Brandenburg zurück. Dabei lässt der BFH durchblicken, welche Nachweispflichten auf das College und in vergleichbaren Fällen auch auf andere ausländische gemeinnützige Stiftungen und generell auf ausländische NPOs zukommen.
Vergleich des Stiftungsaufsichtsstandards
So wird das FG Berlin-Brandenburg anhand eines Typenvergleichs prüfen müssen, ob das vor Jahrhunderten gegründete College überhaupt einem deutschen Körperschaftssteuersubjekt entspricht. Auch wird das Gericht klären müssen, ob die tatsächliche Geschäftsführung den deutschen Gemeinnützigkeitsvorschriften genügte. Die vorhandene ausländische Stiftungsaufsicht suspendiere zwar von den Erfordernissen der satzungsmäßigen Vermögensbindung, die ausländische Stiftungsaufsicht müsse aber mit der deutschen vergleichbar sein (Vergleich des Aufsichtsstandards). Das FG Berlin-Brandenburg wird daher den Stiftungsaufsichtsstandard der Bundesländer mit dem von Großbritannien vergleichen müssen – eine aufwändige Aufgabe.
Prinzipien der Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit
Immerhin bestätigt der BFH, dass die Satzung einer ausländischen Stiftung die Worte „ausschließlich“ und „unmittelbar“ nicht ausdrücklich nennen muss. Der Satzungstext und seine Auslegung müssen lediglich Anhaltspunkte bieten, dass die deutschen Prinzipien der Ausschließlichkeit und Unmittelbarkeit erfüllt sind.
Errichtung einer deutschen Tochtergesellschaft oft sinnvoll
Das Urteil zeigt erneut, dass ausländische gemeinnützige Körperschaften in Deutschland keinen leichten Stand haben. Die Lösung des Problems wird wohl nur ein europäisches Gemeinnützigkeitsrecht bringen können. Erlangt eine Körperschaft den Gemeinnützigkeitsstatus in einem Land, wäre sie dann auch in den anderen Mitgliedsländern als gemeinnützig anzuerkennen. Aktuell ist eine solche große Lösung allerdings wohl reines Wunschdenken.
Solange gemeinnützige Körperschaften noch mit der aktuellen Rechtslage leben müssen, ist ihnen zu raten, sich vor dem Eintritt in den deutschen Markt beraten zu lassen. Gleiches gilt, wenn ausländische Körperschaften in Deutschland Spenden einwerben möchten. In beiden Fällen wird häufig die Errichtung einer gemeinnützigen deutschen Tochtergesellschaft sinnvoll sein. Gerne sind Ihnen unsere erfahrenen Anwälte dabei behilflich.
BFH, Urteil vom 25.10.2016, Az. I R 54/14
Weiterlesen:
Kein Feststellungsverfahren für ausländische NPOs trotz § 60a AO?
Die gemeinnützige Stiftung in Deutschland
Tags: Steuerbefreiung