Finanzgericht Stuttgart bejaht Kryptobesteuerung
Die Besteuerung von Kryptowährungen ist bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt. Gegen das jüngste Krypto-Urteil eines Finanzgerichtes (FG Baden-Württemberg v. 11.06.2021, 5 K 1996/19) ist aber bereits Revision eingelegt. Nun muss sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Frage befassen, ob Kryptowährungen grundsätzlich besteuert werden dürfen.
Das hat das FG Baden-Württemberg im aktuellen Urteil zwar bestätigt, es gibt aber gute Argumente dafür, dass die Besteuerung nicht zulässig ist. Welche Auswirkungen die jüngsten Entwicklungen für Kryptoinvestoren haben und wie diese am besten vorgehen sollten, erklären wir in diesem Blogbeitrag.
Finanzgericht Stuttgart: Kryptos sind immaterielle Wirtschaftsgüter
Nach wie vor ist noch nicht abschließend geklärt, wie Kryptogewinne zu versteuern sind. Damit Kryptowährungen überhaupt besteuert werden dürfen, müssen sie als sog. immaterielle Wirtschaftsgüter eingeordnet werden.
Siehe dazu auch diesen Beitrag:
Aber selbst dann stellt sich die Frage, ob die Besteuerung aus verfassungsrechtlicher Sicht überhaupt zulässig ist, also ob ein sog. strukturelles Vollzugsdefizit vorliegt. Das FG Baden-Württemberg ging davon aus, dass Kryptowährungen als immaterielle Wirtschaftsgüter anzusehen sind und kein Vollzugsdefizit vorliegt – im Ergebnis sind Kryptowährungen damit steuerpflichtig.
Das FG Baden-Württemberg kam anhand einer weiten Auslegung des Begriffs „immaterielles Wirtschaftsgut“ zum Ergebnis, dass Kryptowährungen wie Bitcoin (BTC) sich darunter fassen lassen und damit beim Verkauf einer Besteuerung nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen. Auch etwaige verfassungswidrige Bedenken , die aufgrund eines strukturellen Vollzugsdefizits denkbar wären, wies das Finanzgericht aus Stuttgart ab, obwohl es in einem 2018 gefällten Urteil noch grundsätzliche Zweifel geäußert hatte.
Kryptoinvestoren können laufenden Einspruch ruhend stellen
Da die Revision anhängig ist, wird sich der BFH zu den wichtigen Rechtsfragen äußern müssen und die Einschätzungen des FG Baden-Württemberg überprüfen. Das bedeutet, die Rechtsauffassung des FG Baden-Württemberg ist keinesfalls für die Ewigkeit in Stein gemeißelt.
Kryptoinvestoren haben nach wie vor die Möglichkeit zu vertreten, dass Kryptowährungen kein steuerbares immaterielles Wirtschaftsgut darstellen. Ob ein Einspruch gegen den Steuerbescheid sinnvoll ist, hängt vom Einzelfall ab. Jedenfalls besteht die Möglichkeit, einen laufenden Einspruch unter Verweis auf das anhängige Revisionsverfahren bis zu einer endgültigen Entscheidung des BFH ruhend zu stellen und ggf. sogar (vorerst) keine Steuern zu zahlen.
Nachträgliche Änderung des Steuerbescheids denkbar
Sollte auch der BFH zu der nachteiligen Entscheidung kommen, dass Kryptowährungen immaterielle Wirtschaftsgüter darstellen, kann das Finanzamt das Einspruchsverfahren wieder aufgreifen.
Dort besteht die Gefahr, dass es den ursprünglichen Steuerbescheid an anderen beliebigen Stellen ändert:
- Beispielsweise hätte die Finanzbehörde die Option, Vorgänge wie beispielsweise Mining oder Staking im Lichte des bis dahin vielleicht schon finalisierten Entwurfs eines BMF-Schreibens neu zu bewerten und ggf. sogar eine höhere Steuerschuld festzusetzen als im ursprünglichen Steuerbescheid vorgesehen war.
- Eine nachträgliche Änderung des Steuerbescheids ist damit zum Nachteil des Kryptoinvestors denkbar.
Dieses Risiko sollten Kryptoinvestoren bei einem geplanten Einspruch gegen ihren Steuerbescheid unbedingt einkalkulieren. Ob ein entsprechender Einspruch sinnvoll ist, sollten Kryptoinvestoren von einem erfahrenen Rechtsanwalt oder Steuerberater überprüfen lassen. Nur so lässt sich eine optimale Handlungsstrategie entwickeln und lassen sich finanzielle Risiken minimieren.
Zum Bedauern vieler Kryptoinvestoren ist die Revision beim BFH mittlerweile wieder zurückgezogen worden. Daher bleibt eine endgültige höchstrichterliche Entscheidung des BFH zu der brisanten Thematik vorerst aus.
Aufgrund der zurückgezogenen Revision ist es Kryptoinvestoren auch nicht mehr ohne Weiteres möglich, ein laufendes Einspruchsverfahren ruhend zu stellen, um (vorerst) keine Steuern zu zahlen. Nichtsdestotrotz kann es für Anleger in vielen Fällen sinnvoll sein, gegen den Steuerbescheid mittels Einspruchs vorzugehen, wenngleich die Risiken eines solchen Einspruchsverfahrens stets im Auge behalten werden sollten.
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Sehr geehrter Herr Hornung,
vielen Dank, dass Sie uns Privatinvestoren im Steuerchaos um die Kryptos beistehen. Was würden Sie schätzen, wann der Entwurf des BMF-Schreibens finalisiert sein wird? Und kann man sich schon für eine Sammelklage gegen die ganz unsinnigen Punkte darin registrieren?
Mit freundlichen Grüßen
PST
Hallo PST,
vielen Dank für Ihre Frage. Wann das BMF eine finale Fassung veröffentlichen wird, können wir Ihnen leider nicht sagen. Das wäre reine Spekulation. Eine Beendigung des aktuellen Schwebezustandes wäre sicherlich für alle Beteiligten hilfreich. Eine Sammelklage wird nicht möglich sein. Sie können aber im Rahmen Ihrer Veranlagung zur Einkommensteuer gegen Sie belastende Punkte vorgehen – in Form des Einspruchs bzw. der Klage vor dem Finanzgericht.
Beste Grüße
Ihr WINHELLER-Team