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Europäischer Verein: EU-Kommission macht Vorschlag zu neuer Rechtsform

Europäischer Verein: EU-Kommission macht Vorschlag zu neuer Rechtsform

Die europäische Kommission hat am 05.09.2023 einen Vorschlag für eine Richtlinie für europäische grenzüberschreitende Vereine veröffentlicht. Mit dem europäischen Verein (European Cross-Border Association, ECBA) soll für Vereine ohne Erwerbszweck ein klarer Rechtsrahmen geschaffen werden, der es ihnen ermöglicht, ihre Tätigkeiten nahtlos durchzuführen, auch wenn sie im Binnenmarkt grenzübergreifend tätig sind.

Vorgeschichte: Entwurf des EUV aus dem Jahr 1992

Bereits am 05.03.1992 hat die damalige EG-Kommission einen Verordnungsvorschlag zur Einführung eines Europäischen Vereins vorgelegt. Der EUV, so die Abkürzung im damaligen Kommissionsdokument, sollte ein dauerhafter Zusammenschluss natürlicher oder juristischer Personen sein, deren Mitglieder ihre Kenntnisse oder Tätigkeiten zu gemeinnützigen Zwecken oder Tätigkeiten in den unterschiedlichsten Bereichen zusammenlegen. Die Rechtsform des EUV sollte hiernach anstatt des nationalen Vereins gewählt werden können, wenn eine tatsächlich grenzüberschreitende Tätigkeit gegeben ist. Zu der Umsetzung dieses Vorschlags kam es jedoch nicht.

Schaffung einer neuen nationalen Rechtsform nach Vorgaben der EU

Im Gegensatz zu dem Vorschlag aus dem Jahr 1992 soll im aktuellen Vorschlag zum Europäischen Verein keine eigenständige europarechtliche Grundlage und mithin keine supranationale Rechtsform solcher Vereine geschaffen werden. Die Idee ist, stattdessen auf EU-Ebene detaillierte Vorgaben zu treffen, die nach jeweiligem Landesrecht der Mitgliedstaaten im Rahmen einer eigenen Rechtsform mit der Bezeichnung ECBA umzusetzen sind. Ein ähnliches Vorgehen kennen wir bereits vom Vorhaben der europäischen Einpersonengesellschaft (Societas Unius Personae, SUP), das als solches indes gescheitert ist. Ob das Vorhaben rund um den ECBA Erfolg haben wird, bleibt vorerst abzuwarten.

Grenzüberschreitender Zweck und Gründung

Der ECBA muss einen gemeinnützigen Zweck haben, wobei der Gewinn des Vereins auch nur für diesen Zweck verwendet werden darf. Wirtschaftliche Tätigkeiten sollen für ECBAs möglich sein, jedoch darf der Gewinn nicht an die Mitglieder ausgeschüttet werden. Auch soll analog zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Vermögensbindung im Fall der Auflösung eine Vermögenssperre gelten.

Für die Gründung des europäischen Vereins sollen zwei Wege denkbar sein. Einerseits durch schriftliche Erklärung der Vereinsmitglieder und andererseits durch den Formwechsel des nationalen Vereins in die Rechtsform des ECBA. Ein ECBA muss auch in einem nationalen Register eingetragen werden, wodurch der Verein Rechtsfähigkeit erlangt. Die Registrierung soll online durchgeführt werden und, anders als bei deutschen Vereinen, nicht der notariellen Mitwirkung bedürfen.

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Zur Gründung sollen zudem mindestens drei Mitglieder erforderlich sein. Mitglieder können natürliche Personen sein, die ihren Aufenthalt rechtmäßig in der EU haben. Gleiches gilt für juristische Personen, die rechtmäßig innerhalb der EU errichtet wurden. Es ist weiter erforderlich, dass innerhalb der Gründungsmitglieder ein Bezug zu mindestens zwei Mitgliedstaaten der EU besteht. Konkret heißt dies, dass die Gründungsmitglieder ihren Wohn- oder Unternehmenssitz in mindestens zwei Mitgliedstaaten haben müssen. Gewerkschaften, politische Parteien und religiöse Organisationen sind hiervon ausgenommen und können somit keine Mitglieder in einem europäischen Verein sein. Der Verein muss über ein Entscheidungsgremium und ein Verwaltungsgremium als Organe verfügen, deren Zweckrichtung und Kompetenzausgestaltung im Wesentlichen den hierzulande rechtlich vorgesehenen Organen Mitgliederversammlung und Vorstand entspricht.

Verlegung des Sitzes in andere Mitgliedstaaten möglich

Eines der Kernmerkmale des ECBA wird sein, dass er seinen Satzungssitz von einem Mitgliedstaat in einen anderen verlegen kann. Dies führt zu einem erheblichen Gewinn an Flexibilität. Die Mitgliedstaaten dürfen dabei nicht verlangen, dass sich die Hauptniederlassung des Vereins im selben Mitgliedstaat befindet wie der Satzungssitz des Vereins.

Weiterhin soll die grenzüberschreitende Tätigkeit nicht nur eine Möglichkeit für den Verein sein, sondern vielmehr eine Pflicht. So soll der ECBA zumindest einen Teil seiner Tätigkeiten grenzübergreifend in mindestens zwei Mitgliedstaaten ausüben und das auch in seiner Satzung so vorsehen.

Entwurf soll Gleichbehandlung des europäischen Vereins sicherstellen

Nicht zuletzt enthält der Entwurf Regelungen, die der Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung des ECBA dienen. Dadurch sollen der Zugang des ECBA zu einer Finanzierung durch öffentliche Stellen sowie seine Dienstleistungs- und Warenverkehrsfreiheit im Binnenmarkt sichergestellt werden.

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Elmar Krüsmann

Rechtsanwalt Elmar Krüsmann ist auf die Beratung von Nonprofit-Organisationen, Stiftungen sowie vermögenden Privatpersonen spezialisiert. Oftmals ist er dabei auch mit grenzüberschreitendem Bezug tätig.

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