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Rückschlag für eSport – DOSB verweigert Aufnahme

eSport - eGaming

Wie viel Sport steckt in einem Wettkampf zwischen Menschen mit Hilfe von Computerspielen?

Wie viel Sport steckt in einem Wettkampf zwischen Menschen mit Hilfe von Computerspielen? Während sich bei traditionellen Sportvereinen eine steigende Akzeptanz und Beteiligung im eSport beobachten lässt und sowohl internationale als auch deutsche Fußballvereine, wie beispielsweise Manchester City, der FC Schalke 04 oder der VfL Wolfsburg, mit eigenen eSport-Teams im Einsatz sind, wird eSport bisher nur in wenigen Ländern (z.B. den USA, Brasilien, China, Frankreich) von den etablierten Sportverbänden als Sportart anerkannt. Auch in Deutschland steht eine Anerkennung bisher noch aus.

Am 29.10.2018 positionierte sich nun der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) zum Umgang mit elektronischen Sportartensimulationen, eGaming und eSport und erteilte dem Anerkennungsersuchen zum eSport als Sport eine Absage.

DOSB distanziert sich vom Begriff „eSport“

Aus Sicht des DOSB sei der Begriff „eSport“ nicht zielführend und in weiten Teilen irreführend. Die Definition des eSport-Bund Deutschland e.V. (ESBD), wonach „eSport das sportwettkampfmäßige Spielen von Video- bzw. Computerspielen, insbesondere auf Computern und Konsolen, nach festgelegten Regeln“ ist, wurde ausdrücklich nicht übernommen. Stattdessen will der DOSB zwischen „eGaming“ und „elektronischen Sportartensimulationen“ unterscheiden. Unter den Begriff „elektronische Sportartensimulationen“ sollen reale Sportarten fallen, die in die virtuelle Welt überführt worden sind, z.B. Fußball in den bekannten Titel FIFA. Der Begriff des „eGaming“ wiederum soll alle Computerspiele umfassen, die auf dem Markt käuflich erworben werden können.

eSport passe nicht zum DOSB

Das eGaming entspreche nach Auffassung des DOSB in zentralen und konstitutiven Elementen nicht den Kernbedeutungen, Handlungslogiken und dem Wertesystem, auf denen der DOSB aufgebaut ist.

Der DOSB ist der Ansicht, dass dem eGaming eine eigenmotorische, sportartbestimmende Bewegung fehle. Diese sieht der DOSB aber als essentiell für das „analoge“ Bild des Sports an. Zudem seien laut WHO Videospiele potenziell suchtgefährdend und damit ein Gesundheitsrisiko, womit eGaming nicht mit den Zielen eines gesunden und bewegten Lebensstils vereinbar sei.

Zwischen der Gemeinwohlorientierung des Sportsystems und der Marktorientierung sei außerdem nahezu keine organisationspolitische Brücke erkennbar. Die Entwicklung wird gar nicht oder nicht ausreichend über sportartspezifische Expertise gesteuert, sondern basiert auf einer ausschließlich wirtschaftlich begründeten Unternehmenslogik, so dass ein Verlust der Autonomie und Einflussnahme drohe. Der DOSB sieht hierin sogar eine Bedrohung der Gemeinwohlorientierung des Vereinssports sowie der damit verbundenen Privilegien und sieht das dem Sportsystem bislang zugrunde liegende organisationsbezogene Selbstverständnis in Gefahr.

Der DOSB sieht keinen Anlass als gemeinwohlorientierter Sportverband die Abgabenordnung zu ändern und mit eGaming/eSport einen Bereich aufzunehmen, der vor allem kommerziellen Verwertungsinteressen folgt. Darüber hinaus will der DOSB einer Verwässerung des Sportbegriffs entgegenwirken.

Warum ist die Aufnahme in den DOSB wichtig?

Wie bereits in unserem Blogbeitrag vom 04.12.2017 erörtert, legt der DOSB als Dachverband aller Verbände der Einzelsportarten und aufgrund seiner hohen gesellschaftlichen Akzeptanz als oberste Instanz des nationalen Sports fest, was als „Sportart“ anzusehen ist. Staatliche Organe und Rechtspflege können sich daher faktisch kaum der Bewertung des DOSB entziehen.

Eine Anerkennung durch den DOSB hätte den entscheidenden Vorteil, dass eSport dann auch als Sport im steuerrechtlichen bzw. gemeinnützigkeitsrechtlichen Sinne anerkannt werden müsste.

eSport-Community fühlt sich missverstanden

Die eSport-Community fühlt sich durch diese Positionierung überwiegend missverstanden. Der Präsident des ESBD Hans Jagnow sagte hierzu: „Die Positionierung zeigt, dass es weiterhin kaum Verständnis über die E-Sport-Bewegung gibt“. Ähnlich bezieht der Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Games-Branche e.V., Felix Falk, Stellung: „Der DOSB hat eSports leider nicht verstanden…“.

Kritik an Positionierung des DOSB nicht unbegründet

Die Kritik der eSport-Community ist nicht unbegründet. Dies beginnt bereits damit, dass der DOSB den Begriff „eSport“ ablehnt. Dieser Begriff hat sich aus der Gesellschaft herausgebildet und ist gesellschaftlich akzeptiert. Aufgabe des DOSB wäre es hier gewesen, diesen Begriff zu konkretisieren und nicht zwei bisher unbekannte und im Sprachgebrauch nicht übliche Begriffe zu schaffen. Diese weisen letztlich dieselben Abgrenzungsschwierigkeiten auf wie der Begriff des „eSport“.

Ob eSport ein Sport ist, wird seit den Anfängen kontrovers diskutiert und in Anbetracht der gesellschaftlichen Entwicklung wird häufig ein Abrücken vom engen analogen Sportbegriff gefordert. Der Argumentationsansatz des DOSB ist hier allerdings widersprüchlich. Er will an dem engen analogen Sportbegriff festhallten, erkennt aber auf der anderen Seite Sportarten an, die ebenfalls keine eigenmotorische, sportartbestimmende Bewegung aufweisen, wie beispielsweise Schach oder Modellbau. Auch die Argumentation der Gesundheitsgefährdung ließe sich ebenso auf bereits anerkannte Sportarten wie z.B. Motorsport, Boxen oder Eishockey anwenden.

Die Befürchtung des DOSB, der Konkurrenzdruck um die ohnehin schon knappen Ressourcen des Sports könne steigen, ist weitgehend unbegründet. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Aufnahme des eSport in den DOSB eine erhebliche Steigerung der vorhandenen Ressourcen herbeigeführt hätte, allein schon durch den erheblichen Zufluss, insbesondere junger Sportler. Das der e-Sport nicht zwingend Mittel vom DOSB benötigt, zeigt er bereits eindrucksvoll bei den offiziellen Wettkämpfen. Die althergebrachten Sportarten hätten diesen Mittelzufluss dringend benötigt, nicht zuletzt aufgrund sinkender Mitgliederzahlen.

Es verbleibt das derzeit wohl gewichtigste Argument des DOSB, dass der eSport derzeit eine sehr hohe Marktorientierung aufweist und so nur schwer von einer Gemeinwohlorientierung gesprochen werden kann. Die Marktorientierung bedeutet aber auch, dass sich die Publisher nach der eSport-Community richten müssen. Je größer ihre Macht, desto eher kann sie auf die Publisher einwirken und sogar Regeln festlegen und Änderungen herbeiführen. Mit seiner Absage an den eSport hat der DOSB die Positionierung der eSport-Community gegenüber den Publishern erheblich geschwächt.

DOSB verpasst Chance auf junge Generationen

Mit seiner absoluten Absage hat der DOSB die Chance verpasst, auf diese neue gesellschaftliche Strömung, die einen Großteil der Jugendlichen und jungen Erwachsenen erfasst – und dessen große Bedeutung er auch anerkennt –, lenkend einzuwirken und eSport zu einem Sport zu machen, welcher dem Wertesystem des DOSB entspricht. Gleichzeitig entgeht dem DOSB eine äußerst ertragreiche und dringend benötigte Mittelzuflussquelle.

Der eSport wird sich jetzt selbstständig und unabhängig entwickeln, da er den DOSB nicht zwingend benötigt. Durch die international stark wachsende Community wird sich höchstwahrscheinlich eine Struktur entwickeln, die dem Profisport in den USA ähnelt.

Wie geht es weiter?

Am 28.11.2018 will sich der Sportausschuss des Bundestages über eSport informieren. Es bleibt zu hoffen, dass dieser den eSport etwas kritischer hinterfragt und die Widersprüchlichkeiten der DOSB-Positionierung frühzeitig erkennt. Äußert sich der Bundestag zum eSport, könnte es dazu kommen, dass der DOSB in der Folge seine Positionierung noch einmal überdenkt und seine verpasste Chance doch noch ergreift.

Beratung im Gemeinnützigkeitsrecht

Falls Sie einen eSport-Verein oder einen Landes-/Regionalverband gründen und sich vielleicht sogar dem ESBD anschließen wollen, beraten unsere im Gemeinnützigkeitsrecht sowie im Vereins- und Verbandsrecht versierten Berater Sie gerne.

Weiterlesen:
Kann eSport gemeinnützig sein?
Vor der Gründung eines Vereins prüfen: passt die Rechtsform des e.V.?

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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