Medizinische Schutzausrüstung wie Atemschutzmasken, Handschuhe und Augenschutz sind aktuell gefragter denn je. Um die hohe Nachfrage zu bedienen, entscheiden sich viele Unternehmen für einen Quereinstieg in die Branche. Dabei sind jedoch die zahlreichen gesetzlichen Anforderungen an die Produktsicherheit im Blick zu halten.
Gesundheitsnotstand befreit nicht von Produkthaftung
Allgemein gilt: Wer ein medizinisches Produkt in Verkehr bringt, hat für dessen Sicherheit einzustehen. Auch nachdem das Produkt in den Verkehr gelangt ist, trifft den Hersteller eine Produktbeobachtungspflicht. Ruft das Produkt mangelbedingte Schäden hervor, haften Verkäufer und Hersteller dem Käufer nach den Regeln des Zivilrechts.
Verstoß gegen CE-Kennzeichnung ruft wirtschaftlichen Schaden hervor
Für bestimmte Produktgruppen greift zudem die CE-Kennzeichnungspflicht. Das CE-Kennzeichen stellt kein Gütesiegel, sondern eine zwingende gesetzliche Kennzeichnung dar. Der Inverkehrbringer muss dabei selbstständig prüfen, ob sein Produkt einer CE-Kennzeichnungspflicht unterliegt. Die Einfuhr von Produkten ohne Kennzeichnung kann von den zuständigen Zollbehörden untersagt werden. Im schlimmsten Fall hält die Behörde die Produkte über Monate hinweg ein. Daneben drohen Bußgelder nach dem Produktsicherheitsgesetz.
Medizinische Schutzkleidung ist CE-kennzeichnungspflichtig
Ob Schutzkleidung der CE-Kennzeichnungspflicht unterfällt, hängt vom konkreten Produkt ab. Für persönliche Schutzkleidung greift grundsätzlich die sogenannte PSA-Verordnung. Handelt es sich um Schutzausrüstung zu medizinischen Zwecken, kann daneben die Medizinprodukteverordnung greifen.
Sogenannte „Community-Masken“ stellen als Mund-Nase-Bedeckungen in aller Regel keine persönliche Schutzausrüstung dar, sondern gelten als reiner Bekleidungsgegenstand. Sofern diese aber geschäftsmäßig (auch unentgeltlich) auf dem Markt angeboten werden, hat der Anbieter wiederum die sich aus dem Produktsicherheitsgesetz ergebenden Anforderungen zu erfüllen (Gebrauchsanleitung, Warnhinweise, etc.). OP-Schutzmasken sowie partikelfilternde Schutzmasken (FFP1-3) gelten dagegen als Schutzausrüstung bzw. Medizinprodukt und sind entsprechend zu kennzeichnen.
Harmonisierte Normen für Schutzausrüstung vorübergehend kostenfrei
Mit der Anbringung des CE-Kennzeichens auf den Produkten ist es aber nicht getan. Wer das CE-Kennzeichen auf dem Produkt anbringt, erklärt damit, dass das Produkt den geltenden Anforderungen genügt, die in den Harmonisierungsrechtsvorschriften der Gemeinschaft über ihre Anbringung festgelegt sind.
Dem gehen jedoch ein Konformitätsbewertungsverfahren und die Ausstellung einer EG-Konformitätserklärung voraus. Konformitätsbewertung bezeichnet dabei das Verfahren, nach dem festgestellt wird, ob die Anforderungen dieser Verordnung an ein Produkt erfüllt worden sind. Dabei kann der Hersteller auf sog. harmonisierte Normen zurückgreifen. Das ist bei medizinischen Schutzmasken die DIN EN 14683:2019-6 und für filtrierende Halbmasken die DIN EN 149:2001-10. Meist müssen Hersteller diese Normen käuflich erwerben.
Konformitätsbewertungsverfahren durch benannte Stelle durchführen lassen
Abhängig von der Risikoklasse der medizinischen Produkte ist für das Konformitätsbewertungsverfahren daneben die Einbindung einer benannten Stelle erforderlich. Benannte Stellen sind staatlich autorisierte Stellen, die Prüfungen und Bewertungen im Rahmen der Konformitätsbewertung durchführen und deren Korrektheit nach einheitlichen Bewertungsmaßstäben bescheinigen. Eine Liste der benannten Stellen für Medizinprodukte ist hier einsehbar.
Sondergenehmigung für schnelle Einfuhr möglich
Zurzeit haben die Marktüberwachungsbehörden die strengen Anforderungen an das Inverkehrbringen von medizinischen Produkten gelockert. Ist die zuständige Marktüberwachungsbehörde der Auffassung, dass das fragliche Produkt ein angemessenes Gesundheits- und Sicherheitsniveau erfüllt, kann sie eine Sondergenehmigung für die Bereitstellung des Produkts auf dem Markt erteilen, selbst wenn das Konformitätsbewertungsverfahren einschließlich der Anbringung der CE-Kennzeichnung nicht vollständig im Einklang mit den harmonisierten Normen erfolgt ist. Diese Sondergenehmigung wird die Behörde allerdings nur auf einen begrenzten Zeitraum und nur bei gleichzeitiger Nachholung der notwendigen Verfahren erteilen.
WINHELLER berät zu CE-Kennzeichnung und Konformitätsbewertung
Da die Rechtspraxis immer wieder flexibel an die gegenwärtige Situation angepasst werden muss, raten wir zu einer engen Zusammenarbeit mit den Marktüberwachungsbehörden. Gern nehmen wir für Sie Kontakt mit der für Sie zuständigen Behörde auf und wirken auf die Erteilung einer Sondergenehmigung hin. Daneben unterstützen wir Sie gerne bei allen anderen rechtlichen Fragen rund um das Thema CE-Kennzeichnung und Einfuhr von medizinischen Produkten. Kommen Sie gern auf uns zu.
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