Erst gegeben, dann wieder genommen! In NRW haben zahlreiche Kleinunternehmer und Selbstständige Rückforderungsbescheide für gezahlte Corona-Soforthilfen erhalten. Nun sollen sie einen Großteil der geleisteten Hilfen wieder zurückzahlen. Grund dafür ist eine rückwirkend in Kraft getretene Richtlinie des Wirtschaftsministeriums NRW.
Das ließen sich mehrere Betroffene nicht gefallen und klagten gegen die Anordnung der teilweisen Rückforderung sog. Corona-Soforthilfen. Jetzt hatten drei Kläger in erster Instanz Erfolg. Die Rückforderungsbescheide des Landes NRW seien rechtswidrig, so das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf (Urt. v. 16.08.2022, Az.: 20 K 7488/20, 20 K 217/21 und 20 K 393/22).
Corona-Soforthilfen in Höhe von 9.000 Euro wegen Umsatzausfällen
Im Frühjahr 2020 erlitten kleine Unternehmen und Selbstständige durch die infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen Umsatzausfälle und gerieten in wirtschaftliche Notlagen. Als Reaktion darauf schufen Bund und Länder Programme, um kurzfristig Finanzhilfen bereitzustellen (sog. Corona-Soforthilfe). Ende März bzw. Anfang April erließ die Bezirksregierung Düsseldorf Bewilligungsbescheide über jeweils 9.000 Euro, die an einige Begünstigte – darunter auch die drei Kläger – ausgezahlt wurden.
Rückforderungsbescheid in Höhe von 7.000 Euro
Wie auch viele andere Unternehmerinnen und Unternehmer in NRW erhielten die drei Kläger der entschiedenen Verfahren später jedoch im Wege eines sog. Rückmeldeverfahrens Rückforderungsbescheide: Die Soforthilfe wurde nun auf 2.000 Euro festgesetzt; entsprechend forderte die Bezirksregierung Düsseldorf ca. 7.000 Euro zurück.
Begründung: Liquiditätsengpass statt Umsatzausfall
Begründet wird dies mit der Richtlinie des Wirtschaftsministeriums NRW, die am 31.05.2020 rückwirkend in Kraft getreten war. Diese enthielt (erstmals) eine Definition des „Liquiditätsengpasses“, auf den sich das Land nun berief. Die Bewilligung der Soforthilfe setze folglich eine Differenz zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Geschäftsbetriebs, mithin einen Verlust, voraus.
Spätere Abweichung von eigener Förderpraxis rechtswidrig
Dies sei dem VG zufolge jedoch rechtsfehlerhaft. Die Antragsteller bzw. Begünstigten hätten zu Recht davon ausgehen dürfen, die Soforthilfe wegen pandemiebedingter Umsatzausfälle und nicht – wie erst Wochen später vom Land klargestellt – wegen Verlusten ausgezahlt zu bekommen und auch behalten zu dürfen. Darauf deuteten die Antragsvordrucke, die online verfügbaren Informationen des Landes sowie die Bewilligungsbescheide hin, so das VG. Ein späteres Abweichen hiervon sei rechtswidrig. Dies habe auch die rückwirkend in Kraft getretene Richtlinie nicht ändern können.
Ferner seien die Antragsformulare und Bewilligungsbescheide missverständlich formuliert gewesen. „Unklarheiten gehen immer zulasten der Behörden, nicht der Empfänger“, so die Vorsitzende Richterin.
Weitere Verfahren sowie Berufung zum OVG
Landesweit sind rund 2.000 weitere Klageverfahren anhängig. 500 davon allein vor dem Düsseldorfer VG, die wohl in Kürze entschieden werden sollten. Zudem hat das Gericht für die drei entschiedenen, aber noch nicht rechtskräftigen Verfahren die Berufung zum OVG zugelassen. Grund hierfür sei die grundsätzliche Bedeutung der Entscheidungen sowie deren „repräsentative Wirkung für einen Großteil der noch anhängigen Verfahren“.
WINHELLER berät und vertritt Sie
Grundsätzlich binden die Urteile nur die am Klageverfahren Beteiligten, da – selbst bei gleich gelagerten Fallkonstellationen – keine Rechtswirkung für Dritte von ihnen ausgehen. Sollten Sie von der Maßnahme betroffen sein und die Soforthilfe ggf. bereits sogar zurückgezahlt haben, kontaktieren Sie uns und wir beraten wir Sie gerne!
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