Der Abteilung der Human Ressources (HR) kommt der Compliancethematik in einem Unternehmen aufgrund ihres operativen Personalbezugs große Bedeutung zu, weswegen sie die Einhaltung der Regelkonformität durch ein Unternehmen sowohl fördern als auch erschweren kann. Die Einbindung der HR im Rahmen eines effizienten Compliance-Management-Systems (CMS) bietet daher vielversprechende Möglichkeiten, um die Haftungsgefahren für Geschäftsführer sowie die übrige Leitungsebene zu minimieren.
Was bedeutet Compliance?
Unter Compliance versteht man ganz allgemein das rechtmäßige Verhalten, zu welchem Organisationen, d.h. deren Organe sowie sämtliche Mitarbeiter verpflichtet sind. Dieser Begriff beinhaltet die Pflicht zur Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen, unternehmensinterner Richtlinien und Vorschriften (sog. Legalitätspflichten). Erfasst werden aber auch die unternehmerischen Entscheidungen der Organisationsleitung, d.h. Entscheidungen, die grundsätzlich in deren Ermessen liegen. Um compliant zu sein, muss eine unternehmerische Entscheidung der sog. Business Judgement Rule (BJR) genügen und im guten Glauben des Geschäftsführers, dass er zum Wohle der Organisation handelt, auf Grundlage einer angemessenen Informationsgrundlage und ohne sachfremde Interessen bzw. Eigeninteressen getroffen werden. Dass die Entscheidung diesen Vorgaben entspricht, ist zudem sorgfältig zu dokumentieren.
Ein gut etabliertes CMS unterstützt ein Unternehmen dabei, Complianceregelungen einzuhalten und dient somit letztendlich der Vermeidung zivilrechtlicher Haftungsrisiken für Organe, Geschäftsführer und leitende Angestellte. Zum anderen dient es auch der Vermeidung von Bußgeldern und den damit einhergehenden Reputationsschäden für die gesamte Organisation.
Spezifische Compliancerisiken in der Personalabteilung
Nachdem zu den klassischen Aufgaben der HR die Rekrutierung, die Personalverwaltung und die Personalentwicklung gehören, ist sie in diesem Zusammenhang die Hauptverantwortliche für die Umsetzung vieler operativer Fragen.
Fehler können sich im Zusammenhang mit wichtigen Personalfragen einschleichen, etwa wenn über eine Einstellung, Kündigung oder eine Gehaltserhöhung entschieden wird. Hier sind zahlreiche Anforderungen zu beachten, weil diese Entscheidung nur durch zuständige, bevollmächtigte Personen und unter Wahrung der BJR aufgrund sachlicher Erwägungen getroffen werden darf. Essenziell ist daher,
- eine klare Aufgabentrennung zu beachten,
- ein klares Berechtigungsmanagement einzuführen und
- ein Vier-Augen-Prinzip einzuhalten.
Zusätzlich muss jede Personalentscheidung zu Beweiszwecken dokumentiert werden.
Arbeitszeitgesetz einhalten!
Nachdem viele Unternehmen mit der Zeit zu einem flexibleren Arbeitssystem tendieren, gewinnt zudem die Pflicht zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes zunehmend an Risikopotenzial. Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer täglich höchstens acht Stunden arbeiten und muss zwischen dem Abschluss eines Arbeitstages und dem Beginn eines weiteren Arbeitstages mindestens 11 Stunden Ruhezeit einhalten. Die Gewährleistung, dass diese Vorgaben eingehalten werden, ist allerdings (etwa bei Gleitzeitsystemen oder mobilem Arbeiten) sehr schwierig, weil die Leitungsebene regelmäßig erst im Nachgang eines Verstoßes hiervon erfährt.
Erschwert wird die Einhaltung dieser Vorschriften auch dadurch, dass nach Feierabend bereits eine Beschäftigung mit Präsentationen, E-Mails usw. ab einer bestimmten Dauer (in der Regel ab 15–20 Minuten) eine Weiterarbeit darstellt, welche die elfstündige Ruhezeit neu auslöst. Bei einem Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz drohen nicht etwa dem konkreten Arbeitnehmer, sondern gerade dem Arbeitgeber und der für die Personalverwaltung zuständigen Leitung hohe Bußgelder. Deswegen muss eine effektiv und regelkonform agierende HR-Leitung grundsätzlich Informationen über das Arbeitszeitverhalten von Mitarbeitern erfassen und vorbeugend durch regelmäßige Schulungen und Aufklärung von Mitarbeitern und Vorgesetzten darauf hinwirken, dass Arbeitszeiten von allen eingehalten werden.
Mit Mitarbeiterdaten compliant umgehen
Weiterhin ist für die HR der Bereich des Datenschutzrechts besonders relevant, weil über die Personalabteilung zahlreiche Bewerber- und Mitarbeiterdaten fließen. Ein effizientes Datenschutz-CMS hilft beim Anlegen eines Datenverzeichnisses für Verarbeitungstätigkeiten sowie bei der Schaffung eines Löschkonzepts.
Nicht zuletzt muss HR sich auch bei der Vertragsgestaltung auskennen, weil abhängig davon, ob ein Mitarbeiter als Arbeitnehmer, als Freelancer oder als Leiharbeiter beschäftigt wird, unterschiedliche Verfahrensschritte einzuhalten sind. So ist z.B. bei der Einstellung eines Selbstständigen zur Vermeidung der sog. Scheinselbstständigkeit die Durchführung des Clearingverfahrens zur Feststellung von Selbstständigeneigenschaft durchzuführen, wodurch eine potenzielle Strafbarkeit des Arbeitgebers wegen rückständiger Lohnsteuer- und Sozialversicherungsbeiträge vermieden werden kann. HR muss im Einzelfall gegebenenfalls auch Fragen über das Erfordernis der Einholung einer Arbeitserlaubnis oder die Beantragung einer Arbeitnehmerüberlassungslizenz im Blick behalten. Hierfür ist nicht nur eine regelmäßige Schulung der HR-Mitarbeiter sinnvoll, sondern auch eine regelmäßige Überprüfung, ob die genannten Erfordernisse eingehalten werden.
Wir unterstützen Sie bei CMS-Prozessen
Wir empfehlen deswegen eine gezielte Einbindung der HR in laufende CMS-Prozesse. Hierfür können
- der Ausbau der internen Complianceorganisation,
- ein effektives Risikomanagement,
- spezielle Mitarbeiterschulungen sowie
- ein laufendes Überprüfungssystem
eingesetzt werden. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie auf jedem Schritt zur Etablierung eines exzellenten CMS. Kommen Sie gern unverbindlich auf uns zu!
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