DE | EN | RU

info@winheller.com+49 (0)69 76 75 77 80 Mo. - Fr. von 8 bis 20 Uhr, Sa. von 8 bis 17 Uhr
Persönliche Termine nach Vereinbarung

Branchenverbände: Wann die Erbringung von Rechtsdienstleistungen zulässig ist

Branchenverbände: Wann die Erbringung von Rechtsdienstleistungen zulässig ist

Wer in Deutschland Rechtsdienstleistungen erbringen darf, ist im Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) streng geregelt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in einem Urteil vom 26.09.2023 damit beschäftigt, unter welchen Voraussetzungen die rechtliche Beratung von Verbandsmitgliedern durch ihren Verband zulässig ist.

Branchenverband macht Schadensersatzansprüche für Gesellschafter geltend

Die Klägerin ist ein Verbund mittelständischer Brauereien, welcher die Förderung der gemeinsamen Interessen der Brauer zum Zweck hat. Die Beklagten sind Zuckerhersteller, gegen die das Bundeskartellamt bereits 2014 Bußgelder wegen wettbewerbsbeschränkender Gebiets-, Quoten- und Preisabsprachen verhängt hatte.

Der Verbund koordinierte für seine Gesellschafter den gemeinsamen Einkauf von Zucker und schloss zwischen den Jahren 2000 und 2008 Verträge mit den Beklagten ab. Nach Bekanntwerden der Beschlüsse des Bundeskartellamts traten 14 Gesellschafter ihre kartellrechtlichen Schadensersatzansprüche aufgrund der wettbewerbsbeschränkenden Absprachen an den Verbund ab.

Dieser machte die Ansprüche anschließend gerichtlich geltend. Die Klage wurde vom LG Mannheim abgewiesen und die Berufung vom OLG Karlsruhe als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen legte der Verbund Revision zum BGH ein.

Keine Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen

Das OLG Karlsruhe hatte ausgeführt, dass der Verbund nicht aktivlegitimiert sei, da eine Abtretung der Schadensersatzansprüche gemäß § 134 BGB i.V.m. § 3 RDG nichtig sei. Aktivlegitimation meint die Befugnis einer natürlichen oder juristischen Person, vor Gericht einen bestimmten Anspruch geltend zu machen. Grund für die Nichtigkeit sei die Tatsache, dass die Abtretung der Schadensersatzansprüche an die Klägerin im Rahmen einer rechtlichen Beratung durch die Klägerin erfolgt sei. Diese habe jedoch keine Erlaubnis zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen, weswegen sich die Nichtigkeit aufgrund eines Verstoßes gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz ergebe.

Möchten Sie Neuigkeiten wie diese monatlich in Ihr Postfach erhalten? Abonnieren Sie hier unseren Newsletter Nonprofitrecht aktuell.

Zudem würde der Verbund auch nicht der gesetzlichen Privilegierung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 unterfallen, da diese nur für Vereinigungen mit ideellem Zweck gelte. Er sei als Kommanditgesellschaft jedoch nicht davon erfasst, da Kommanditgesellschaften schon von Gesetzes wegen auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet seien.

Auch handele es sich bei der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche um Einzelinteressen, welche niemals ein gemeinschaftliches Interesse i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG darstellen könnten. Dies spreche ebenso gegen eine Anwendbarkeit der Privilegierung aus § 7 RDG.

Stellung von Branchenverbänden im RDG

Gemäß § 3 RDG ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie durch das RDG selbst oder aufgrund anderer Gesetze erlaubt wird. Eine Rechtsberatung durch einen Branchenverband wie die Klägerin ist demnach ausgeschlossen, wenn sie nicht ausdrücklich nach dem RDG oder einem anderen Gesetz erlaubt ist. Aus § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG ergibt sich jedoch, dass Rechtsdienstleistungen durch berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse ausnahmsweise erlaubt sind.

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Rechtsdienstleistung

  • im Rahmen des satzungsmäßigen Aufgabenbereichs der Vereinigung liegt,
  • für ihre Mitglieder oder für die Mitglieder der ihnen angehörenden Vereinigungen oder Einrichtungen erbracht wird,
  • gegenüber der Erfüllung der übrigen satzungsmäßigen Aufgaben der Vereinigung nicht von übergeordneter Bedeutung ist.

Das durch das OLG Karlsruhe geforderte Tatbestandsmerkmal des ideellen Zwecks als Voraussetzung für diese Privilegierung ist nicht im Wortlaut des § 7 RDG vertreten und ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Ebenso ist es nicht höchstrichterlich anerkannt.

BGH: Branchenverband benötigt keine Erlaubnis zur rechtlichen Beratung seiner Mitglieder

Der Kartellsenat des BGH entschied, dass eine Vereinigung wie die Klägerin zur Beratung ihrer Mitglieder keine Erlaubnis benötige. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass sie zur Wahrung gemeinsamer Interessen gegründet wurde und die Rechtsberatung nicht auf die Erzielung von Gewinnen gerichtet ist.

Der Verbund erfülle die Privilegierung des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG, da er mit dem gemeinsamen Ziel der Brauer gegründet wurde, sich gemeinsam im Wettbewerb gegenüber den großen Brauereien zu behaupten. Weiterhin erfolgte die rechtliche Beratung in mit dem Satzungszweck vereinbarer Weise, da sie eng mit dem Zweck des gemeinsamen Einkaufs von Rohstoffen zusammenhing.

Die Ansicht des OLG Karlsruhe, wonach die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen kein gemeinschaftliches Interesse darstellen könnte, sei zudem rechtsfehlerhaft. Anderenfalls könnten auch andere Verbände, wie Mietervereine oder Gewerkschaften keine Rechtsberatung anbieten, da jeder, der diese Beratung in Anspruch nimmt, letztlich nur sein eigenes Interesse verfolgen würde. Es sei vielmehr unvermeidbar, dass die Interessenvertretung einer Vereinigung nicht auch – zumindest mittelbar – deren einzelnen Mitgliedern zugutekomme.

Sie haben rechtliche Fragen bezüglich Ihrer NPO? Lassen Sie sich von unseren Experten im Gemeinnützigkeitsrecht beraten! Kommen Sie zur Vereinbarung eines Termins gern auf uns zu.

BGH, Urteil v. 26.09.2023, KZR 73/21

Weiterlesen:
Ist die Rechtsberatung durch Verbände umsatzsteuerpflichtig?
Anwalt für Vereinsrecht & Verbandsrecht

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

>> Zum Profil

Ihre Karriere bei WINHELLER

Nächster Karriereschritt geplant? Unsere mittelständische Kanzlei bietet ein vielfältiges Aufgaben- und Beratungsspektrum an vier deutschen Standorten. Wir freuen uns auf engagierte neue Kollegen!

>> Zu unseren aktuellen Stellenangeboten

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

WINHELLER-Blog via Newsletter

Abonnieren Sie unsere kostenlosen Newsletter und erhalten Sie regelmäßig die wichtigsten Beiträge aus dem Wirtschafts- und/oder Gemeinnützigkeitsrecht bequem per E-Mail. Wählen Sie einfach Ihren Wunschnewsletter aus. (Pflichtfelder sind mit * markiert).

German Business Law News (4x jährlich)
Nonprofitrecht aktuell (1x im Monat)
Ich möchte den oder die ausgewählten Newsletter abonnieren und erteile zu diesem Zwecke meine Einwilligung in die Verarbeitung meiner oben angegebenen Daten durch WINHELLER. Die „Hinweise zur Datenverarbeitung im Rahmen des Newsletter-Abonnements“ habe ich gelesen.
Mir ist bekannt, dass ich meine erteilte Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft durch Betätigung des Abmeldebuttons innerhalb des Newsletters widerrufen kann. *