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Bestellung eines Notvorstands nach Abberufung des Vereinsvorstands durch Verbandsgericht

Bestellung eines Notvorstands nach Abberufung des Vereinsvorstands durch Verbandsgericht

Der Vorstand ist als geschäftsführendes Organ für einen Verein von erheblicher Bedeutung. Fällt der Vorstand aus, droht der Verein handlungsunfähig zu werden. Schlimmstenfalls muss dann gerichtlich ein sogenannter Notvorstand bestellt werden. Das OLG Brandenburg hatte sich in einem Beschluss vom 08.06.2023 mit der Rechtmäßigkeit der Bestellung eines Notvorstands durch ein Registergericht zu befassen.

Vereinsgericht untersagt Vorstand die Amtsausübung

Dem amtierenden Vorstand wurde durch die verbandsinterne Gerichtsbarkeit des Bundesverbandes des betroffenen Vereins im Wege der einstweiligen Anordnung die Wahrnehmung aller Ämter, insbesondere die Wahrnehmung des Amtes der Vereinsvorsitzenden untersagt. Eine identische Anordnung erließ das Gericht auch gegenüber dem einzigen weiteren Mitglied des Vorstands, sodass der Verein „kopflos“ war. Das zuständige Registergericht bestellte daraufhin einen Notvorstand für den Verein.

Die bisherige Vereinsvorsitzende wandte sich gegen die Bestellung des Notvorstands. Als Begründung gab sie dabei an, dass sich die Führungslosigkeit des Vereins nicht, wie vom Registergericht angenommen, aus der einstweiligen Anordnung des Vereinsgerichts ergebe. Das OLG Brandenburg wies die Beschwerde jedoch zurück. Erforderliche Mitglieder eines Vorstandes fehlten auch dann, wenn sie aus rechtlichen Gründen daran gehindert seien, ihr Vorstandsamt wahrzunehmen. Zudem löse ein Verbot der Amtsausübung die Pflicht zur Bestellung eines Notvorstands aus, wenn sämtliche Vorstandsmitglieder betroffen seien und ein dringender Fall zur Behebung der Führungslosigkeit vorliege.

Bestellung eines Notvorstands durch Amtsgericht

Sofern die für die Führung des Vereins erforderlichen Vorstandsmitglieder fehlen, kann das zuständige Amtsgericht in dringenden Fällen für die Zeit bis zur Behebung des Mangels einen sogenannten Notvorstand bestellen. Die Regelung bezweckt, die Handlungsfähigkeit des Vereins sicherzustellen. Durch die Notbestellung des Vorstands wird dies insofern gewährleistet, als der Vorstand gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 BGB der gesetzliche Vertreter des Vereins ist.

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Der Antrag auf Bestellung eines Notvorstands wird durch die übrigen Vorstandsmitglieder, einfache Vereinsmitglieder oder Personen, die ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an einer solchen Notbestellung haben, gestellt (z.B. der Betriebsrat im Betrieb eines Vereins bzgl. der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte). Daneben kann das Registergericht den Notvorstand auch ohne Antrag bestellen, soweit der Vorstand im Rahmen der Entziehung der Rechtsfähigkeit mitzuwirken hat.

„Fehlen“ von Vorstandsmitgliedern

Die Bestellung eines Notvorstands ist in folgenden Fällen erforderlich:

  • Einerseits ist es denkbar, dass Vorstandsmitglieder tatsächlich abwesend sind. Gemeint damit sind Fälle, in denen das Vorstandsmitglied etwa aufgrund von Abberufung, Amtsniederlegung, langer Krankheit oder Tod daran gehindert ist, das Vorstandsamt auszuüben.
  • Denkbar ist es aber auch, dass eine Verhinderung aus rechtlichen Gründen vorliegt. Wie im geschilderten Fall dargestellt, werden dabei z.B. Fälle erfasst, in denen ein Gericht das jeweilige Vorstandsmitglied abberuft. Es wäre dem Vorstandsmitglied rein tatsächlich zwar möglich, sein Amt weiter auszuüben, jedoch stehen dem rechtliche Gründe entgegen.

Verbindlichkeit der Entscheidungen vereinsinterner Gerichte

Verfügt ein Verein oder ein Verband über ein internes Gericht, so können diese Gerichte die Rechtsverhältnisse innerhalb des Vereins bzw. Verbands verbindlich regeln. Liegt demnach, wie im geschilderten Fall, eine Entscheidung eines vereinsinternen Gerichts darüber vor, wer bzw. wer nicht Vorstand sein kann, so wirkt diese Regelung auch gegenüber Dritten, z.B. dem zuständigen Registergericht. Das Registergericht hat die Regelung als Ergebnis der vereinsinternen Willensbildung hinzunehmen.

Auch die Entscheidungen des internen Gerichts eines übergeordneten Verbandes können sowohl für einen Mitgliedsverein dieses Verbandes als auch – wie in dem vom OLG Brandenburg entschiedenen Fall – für das Registergericht bindend sein. Dabei gilt jedoch die klare Voraussetzung, dass die Satzung des Vereins über eine entsprechende Regelung verfügen muss, die den Verein der Entscheidungsgewalt des Verbandsgerichts unterwirft. Zur Bedeutung von Satzungsgrundlagen für Disziplinarmaßnahmen bei Mitgliedsvereinen berichteten wir bereits.

Sie haben Fragen zu vereinsinternen Gerichten oder der Notbestellung von Vorständen? Unsere Experten im Vereinsrecht stehen Ihnen dabei gern zur Seite!

OLG Brandenburg, Beschluss v. 08.06.2023 – 7 W 67/23

Weiterlesen:
Verbände aufgepasst: Satzungsgrundlage für Disziplinarmaßnahmen bei Mitgliedsvereinen schaffen

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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