Wer als Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer an Kunden überlassen will, um ihn im Rahmen eines Dienstvertrags einzusetzen, muss alle vertraglichen Vereinbarungen im Vorfeld klar treffen, um nicht ungewollt in die unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung abzurutschen. Denn die vertragliche Ausgestaltung solcher Einsätze kann darüber entscheiden, ob der Einsatz des Arbeitnehmers im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags oder aber als Arbeitnehmerüberlassung erfolgt.
Wann liegt eine Arbeitnehmerüberlassung vor?
Eine Arbeitnehmerüberlassung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber an einen Entleiher überlassen, in dessen Betrieb eingebunden und hierbei den Weisungen des Entleihers unterstellt wird. Ob ein solches Weisungsrecht auf den Entleiher übertragen wird oder nicht, ist auf Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen zu bestimmen – wobei auch die praktische Durchführung des Einsatzes berücksichtigt wird. Denn bei Widerspruch zwischen Vertrag und Praxis entscheidet allein die tatsächliche Vertragsdurchführung. Hierbei greifen die Gerichte auf eine Reihe von Indizien zurück, welche sie im Rahmen einer Gesamtabwägung aller Umstände würdigen.
Die Arbeitnehmerüberlassung ist nur rechtmäßig, wenn der Verleiher die erforderliche Erlaubnis hierzu hat und strenge formelle Voraussetzungen eingehalten werden. Bei Verstößen drohen hohe Bußgelder sowie der Entzug der Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.
BAG: Vertragliche Ausgestaltung legt den Maßstab fest
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit seiner Entscheidung vom 27.09.2022 bestätigt, dass die Arbeitnehmerüberlassung in erster Linie durch die vertragliche Ausgestaltung des Weisungsrechts gekennzeichnet ist.
Fluggesellschaft ohne Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung
Der Kläger war bei der Leasinggeberin – einer Fluggesellschaft, welche nicht über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis verfügte – als Flugbegleiter beschäftigt. Die Leasinggeberin hatte den Kläger im Rahmen eines sog. WET-Leasing-Vertrags der Beklagten „zur Verfügung gestellt“. Ein WET-Leasing ist eine vertragliche Vereinbarung über die Überlassung eines Flugzeugs mitsamt der Flugbesatzung. Die Vereinbarungen beinhalteten zudem detaillierte Regelungen über Wartung, Versicherung und Betriebskosten der Maschine. Der Kläger begehrte ohne Erfolg die Feststellung, dass zwischen ihm und der Leasingnehmerin ein Arbeitsverhältnis bestand. Nach Ansicht des BAG war der Einsatz von eigenem Personal allerdings nur zur Erfüllung des Leasingvertrags erfolgt.
Vertragliche Übertragung des Weisungsrechts erforderlich
Das BAG begründete seine Entscheidung damit, dass die Leasinggeberin das entscheidende Weisungsrecht über den Kläger hatte. Das folge schon aus der Ausgestaltung des Leasingvertrags, welcher seinem Inhalt nach überwiegend auf die Flugzeuge Bezug nahm und keine unmittelbare Regelung über Personalbefugnisse der Leasingnehmerin enthielt. Für ein arbeitsrechtliches Weisungsrecht ist aber – in Abgrenzung zu einem ergebnisorientierten und dienstleistungsbezogenen Weisungsrecht – entscheidend, dass ein Entleiher dem Arbeitnehmer einseitig Vorschriften über Arbeitsweise, Zeit, Ort und Inhalt der Arbeitsleistung machen darf.
Bei Vorliegen eines Vertrags, in dem die Parteien ihre Rechtspositionen detailliert regeln, lässt das Fehlen einer Vereinbarung darüber, dass das Weisungsrecht übertragen werden soll, im Zweifel darauf schließen, dass dieses bei demjenigen bleiben soll, bei dem es ursprünglich lag – also bei dem Arbeitgeber.
Wir unterstützen Sie bei der Vertragsgestaltung von Arbeitnehmerüberlassungen
Wenn Sie Fragen in Bezug auf die Gestaltung Ihrer Arbeits- und Kundenverträge haben, Arbeitnehmerüberlassung vermeiden wollen oder aber an einer wirksamen Arbeitnehmerüberlassung interessiert sind, unterstützen wir Sie gerne bei Ihrer Vertragsgestaltung.
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