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Arbeitnehmerüberlassung: Art des Weisungsrechts des Kunden entscheidend

Feb 17, 23 • ArbeitsrechtKeine Kommentare

Wird ein Arbeitnehmer durch seinen Arbeitgeber an einen Kunden entsendet, so können diesem Einsatz ganz unterschiedliche Vertragsformen zugrunde gelegt werden, deren Unterscheidung allerdings von großer Bedeutung ist, weil sich daraus unterschiedlich stark ausgeprägte Haftungsfolgen für die Parteien ergeben können.

So hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jüngst – in Bestätigung seiner bisherigen Rechtsprechung – entschieden, dass zwischen einem Arbeitnehmer und dem Kunden, für den er auf Weisung seines Arbeitgebers tätig wird, auch ohne Vertragsabschluss ein Arbeitsverhältnis entsteht, wenn es sich um eine unzulässige Arbeitnehmerüberlassung handelt.

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der – mit Erfolg – die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses begehrte, das zwischen ihm und dem Kunden der B-GmbH entstanden sei, bei der er angestellt war. Vom 01.07.2010 bis zum 30.04.2018 war der Kläger durchgehend als Systemingenieur im Betrieb des Kunden tätig, wo er nach den Arbeitsanweisungen des Kunden und mit dessen eigenen Arbeitnehmern in einem Team zusammengearbeitet hat.

Achtung: Tatsächliche Durchführung begründet bereits Arbeitsverhältnis

Eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 1 AÜG ist dann gegeben, wenn dem Kunden Arbeitskräfte zur Verfügung gestellt werden, die in dessen Betrieb und nach dessen Weisung arbeiten. Der Arbeitgeber muss allerdings schon vor der Arbeitnehmerüberlassung im Besitz einer Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung (ANÜ-Lizenz) sein, die von der Agentur für Arbeit ausgestellt wird. Andernfalls ist diese Überlassung unzulässig.

Die Folgen einer unzulässigen Arbeitnehmerüberlassung sind schwerwiegend. Allein durch das tatsächliche Arbeiten für den Kunden kann ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Kunden entstehen – auch ohne vertragliche Vereinbarung. Denn für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses kommt es maßgeblich auf dessen tatsächliche Durchführung und nicht auf die vertragliche Vereinbarung an. Aus diesem Arbeitsverhältnis können sich zahlreiche Ansprüche des Arbeitnehmers gegen den Kunden sowie die Pflicht des Kunden zur Abführung von Sozialabgaben ergeben. Darüber hinaus können beim Arbeitgeber hohe Bußgelder wegen unzulässiger Arbeitnehmerüberlassung anfallen.

Arbeitnehmereinsatz zur Erfüllung von Dienst- und Werkverträgen

Anders verhält es sich nur, wenn der Arbeitnehmer sozusagen als verlängerte rechte Hand des Arbeitgebers lediglich zur Ausführung von Dienst- oder Werkverträgen zwischen diesem und seinem Kunden eingesetzt wird. Er bleibt weiterhin nur dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterstellt (sog. Erfüllungsgehilfe). Diese Konstellation lässt keine – für alle Beteiligten in der Regel unerwünschte – eigene vertragliche Beziehung zwischen dem mit der Ausführung der Aufgabe betrauten Arbeitnehmer und dem Kunden entstehen.

Arbeitsrechtliches Weisungsrecht vs. dienst- oder werkvertragliche Anweisung

Die Abgrenzung dieser Einsatzformen erfolgt in erster Linie anhand der Natur des Weisungsrechts des Kunden, so das BAG. Während das arbeitsrechtliche Weisungsrecht personenbezogen ist und an der Vorgabe des Ablaufs sowie am Arbeitsverfahren orientiert ist, gestaltet sich eine werk- bzw. dienstvertragliche Anweisung des Dritten ausschließlich projekt-, sach- oder leistungsbezogen und ist auf das Erzielen von einem bestimmten Ergebnis in Hinblick auf den Erhalt der geschuldeten Leistung gerichtet.

Für die Abgrenzung dieser beiden Formen nimmt das Gericht eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vor, die sich im Rahmen des Einsatzes beim Kunden ergeben. Der Ausgangspunkt dieser Prüfung ist dennoch stets die getroffene Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien, weil sie ein gewichtiges Indiz für die Art der Vertragsbeziehung liefert.

Sorgfältige Ausgestaltung Ihrer Verträge zur Arbeitnehmerüberlassung

WINHELLER empfiehlt Arbeitgebern, vor dem Einsatz von eigenen Arbeitnehmern bei Kunden die Ausgestaltung der Verträge besonders sorgfältig vorzunehmen. Vor allem sollte dringend vermieden werden, dass ein Kunde im Rahmen eines Projekts fälschlicherweise ein arbeitsrechtlich ausgestaltetes Weisungsrecht über den Arbeitnehmer erhält. Wir unterstützen Sie gerne bei der Vertragsgestaltung.

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Ellen Pusch

Rechtsanwältin Ellen Pusch hat sich am Standort München auf das Arbeitsrecht und als zertifizierter Testamentsvollstrecker (DVEV) auf das Erbrecht spezialisiert. Sie gestaltet und optimiert Arbeits-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträge und begleitet Umstrukturierungsvorhaben und M&A-Transaktionen (Betriebsübergänge).

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