Ist eine NPO, die im europäischen Ausland als gemeinnützig gilt, automatisch auch in Deutschland als gemeinnützig anzuerkennen? „Nein“ – entscheidet der Bundesfinanzhof (BFH).
Feststellung der formellen Satzungsmäßigkeit einer österreichischen Stiftung
Geklagt hat eine österreichische Stiftung, die sich der Förderung von Kunst und Kultur verschrieben hat. In ihrer Satzung gibt sie an, sie verfolge ausschließlich mildtätige und gemeinnützige Ziele im Sinne der österreichischen Bundesabgabenordnung (BAO). Das deutsche Finanzamt hatte einen Antrag der Klägerin auf Feststellung der formellen Satzungsmäßigkeit allerdings abgelehnt. Eine gegen die Ablehnung gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht (FG) Niedersachsen Erfolg.
BFH weist Urteil des Finanzgerichts zurück
Der BFH sieht die Revision des Finanzamtes als begründet an. Zunächst stellte es fest, dass der Prüfungsmaßstab zur Beurteilung der formellen Satzungsmäßigkeit nach § 60a Abs. 1 AO das nationale Recht ist. Dabei sei der nationale Gesetzgeber auch unter Beachtung der europäischen Grundfreiheiten nicht dazu verpflichtet, den „ausländischen“ Gemeinnützigkeitsstatus anzuerkennen. Er kann daher prüfen, ob eine im Ausland als gemeinnützig anerkannte Körperschaft auch die inländischen Anforderungen erfüllt. Gleiches gelte für die Anerkennung der Verfolgung mildtätiger Zwecke.
Abweichende österreichische Vorschriften reichen nicht zur Anerkennung aus
Das FG hatte seine Entscheidung auf die Annahme gestützt, dass eine zu § 60 Abs. 1 Satz 2 AO vertretene Auffassung, die davon ausgeht, dass nur eine vergleichbare Festlegung in der ausländischen Satzung vorliegen müsse, auf die Anwendung von § 60 Abs. 1 Satz 1 AO übertragen werden könne. Somit ist es nach Auffassung des FG unbeachtlich, dass § 37 BAO bei der Bestimmung von mildtätigen Zwecken vom § 53 der deutschen Abgabenordnung abweicht. Die Klägerin hatte in ihrer Satzung auf den § 37 BAO verwiesen.
Laut dem BFH steht die Auffassung des FG nicht mit der eigenständigen Prüfungskompetenz der inländischen Behörden und Gerichte in Einklang.
Klägerin erfüllt nicht die deutschen Voraussetzungen
Gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AO müssen die Satzungszwecke und die Art ihrer Verwirklichung so genau bestimmt sein, dass sich bereits aus der Satzung ergibt, ob die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung vorliegen. Um eine Steuerbegünstigung zu erhalten, muss die Körperschaft einen Zweck ausschließlich und unmittelbar verfolgen, der den Anforderungen der §§ 52 bis 55 AO entspricht.
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Die Klägerin hatte angegeben, mildtätige Zwecke zu unterstützen, da sie Künstler unterstütze, die „nachweislich einer finanziellen Zuwendung bedürfen, um ihre Kunst auszuüben“. Da nach deutschem Recht die Mildtätigkeit nach § 53 AO darauf ausgerichtet ist, dass Personen selbstlos unterstützt werden, die persönlich oder wirtschaftlich hilfebedürftig sind, wobei die Hilfebedürftigkeit der Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts darstellt, genügt die Satzung der Klägerin nicht den Anforderungen an die Mildtätigkeit. Es fehle an einem Maßstab, an dem die Unterstützung der Begünstigten ausgerichtet ist. So hänge im vorliegenden Fall die finanzielle Zuwendung an die Künstler nicht von deren wirtschaftlichen Verhältnissen, sondern von der Ausübung ihrer Kunst ab.
Da nicht ersichtlich sei, dass die Klägerin mildtätige Zwecke i.S.d. § 53 AO verfolge, seien die Voraussetzungen des § 51 AO nicht gegeben.
Unterschiedliche Anforderungen an die Gemeinnützigkeit
Was im europäischen Ausland gemeinnützig ist, muss nicht den deutschen Anforderungen entsprechen. Obwohl die Klägerin in Österreich als gemeinnützig anerkannt ist, reichen ihre Satzungsangaben nicht für die Erteilung der deutschen Gemeinnützigkeit aus. Wenn Sie überlegen, Ihre gemeinnützige Körperschaft in Deutschland anzusiedeln oder als gemeinnützig anerkennen zu lassen, beraten wir Sie gerne.
BFH, Urteil v. 18.08.2022, V R 15/20
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