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Zur Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Zuschuss

Wird ein gemeinnütziges Projekt von der öffentlichen Hand finanziell unterstützt, wird es steuerlich kompliziert. Denn bei der Frage, wie dieser Zuschuss umsatzsteuerlich zu behandeln ist, gibt es nur die eine (unbefriedigende) Antwort: Es kommt darauf an, ob es sich um einen sogenannten echten Zuschuss (dann nicht umsatzsteuerbar) oder um einen unechten Zuschuss (dann umsatzsteuerbar) handelt. Einige hilfreiche Anhaltspunkte zur Abgrenzung gibt der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 22. April 2015.

Ist ein Verein zum Abzug der Vorsteuer berechtigt?

Die Entscheidung des BFH erging im Zusammenhang mit der Frage, ob ein Verein zum Abzug von Vorsteuern berechtigt war. Um die Frage beantworten zu können, war zunächst zu klären, ob es sich bei den Ausgangsumsätzen des Vereins um steuerbare und steuerpflichtige Umsätze, die zum Vorsteuerabzug berechtigen, handelte.

Zu den Aufgabenfeldern des Vereins gehörte die Arbeitsförderung, Qualifizierung und Weiterbildung von Frauen, Jugendlichen, Langzeitarbeitslosen und Schwerbehinderten. Diese Projekte wurden durch Zuschüsse des Landkreises, des Landes und der Bundesanstalt für Arbeit finanziert. Dem BFH oblag damit die Entscheidung, wie die von der öffentlichen Hand gezahlten Zuschüsse umsatzsteuerlich zu qualifizieren waren.

Zuschuss der öffentlichen Hand

Dass ein Zuschuss von der öffentlichen Hand gezahlt wird, hat bekanntlich nicht automatisch zur Folge, dass dieser Zuschuss nicht steuerbar ist. Denn Zuschuss ist nicht gleich Zuschuss. Nicht steuerbar sind nur sogenannte „echte Zuschüsse“. Sie werden von der öffentlichen Hand gezahlt, damit die gemeinnützige Einrichtung ihre Tätigkeiten überhaupt ausüben kann. Auf eine konkrete Gegenleistung kommt es der öffentlichen Hand dabei nicht an. Steuerbar sind hingegen „unechte Zuschüsse“. Bei diesen sind Leistung und Gegenleistung derart eng miteinander verknüpft, dass von einem Leistungsaustausch gesprochen werden kann. Hier gibt die öffentliche Hand Geld, damit der Zahlungsempfänger eine Leistung für sie übernimmt bzw. erbringt. Unechten Zuschüssen liegt damit ein Leistungsaustausch im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG zugrunde.

Unterscheidung zw. echtem und unechtem Zuschuss

Die Unterscheidung zwischen einem echten und einem unechten Zuschuss ist nicht immer leicht. Für einen unechten steuerbaren Zuschuss ist es dem BFH zufolge aber jedenfalls irrelevant, ob der (gemeinnützige) Unternehmer damit auch seine Satzungszwecke verwirklicht. Die wirtschaftliche Tätigkeit wird nämlich, so der BFH, nicht durch eine gleichzeitig verfolgte ideelle Tätigkeit verdrängt. Unerheblich ist nach Auffassung des BFH auch, ob der Leistungsempfänger ein Verein ist – auf die Rechtsform kommt es nicht an. Auch die konkrete Bezeichnung des Zuschusses ist unbeachtlich. Schließlich ist es auch gleichgültig, ob es sich bei der von der gemeinnützigen Körperschaft übernommenen Aufgabe um eine Pflichtaufgabe oder um eine freiwillige Aufgabe der Körperschaft des öffentlichen Rechts handelt.

Entscheidend ist vielmehr, ob eine Leistung gegen Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG erbracht wird, d.h. ob zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden. Um diese Frage beantworten zu können, kommt es maßgeblich auf die Vereinbarung an, die dem Leistungsaustausch zugrunde liegt. Entscheidend ist also der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag, der Bewilligungsbescheid oder die Vereinssatzung. Die Faustformel lautet: Wenn der Zahlende für seinen Zuschuss eine konkrete Gegenleistung verlangt, liegt ein steuerbarer Leistungsaustausch vor.

Prüfen ob ein direkter Leistungsaustausch vorliegt!

Nun könnte man auf die Idee kommen, dass ein direkter Leistungsaustausch im vorliegenden Fall schon deswegen nicht vorlag, weil die Zuschüsse letztlich nicht dem Verein, sondern den Projektteilnehmern zugutekamen. Auch für diese Konstellation hält das Gesetz aber eine Lösung parat: Gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 UStG gehört zum Entgelt nämlich auch, was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt. So gehören Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer, der Leistungen an Dritte erbringt, zum Entgelt, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind:

– Der Zuschuss kommt dem Leistungsempfänger zugute.
– Der Zuschuss wird für eine ganze bestimmte Leistung gezahlt.
– Der Zuschussempfänger kann den Zuschuss verlangen, sobald er einen Umsatz bewirkt hat.

Übertragen auf den dem BFH vorliegenden Fall heißt das, dass die Zuschüsse der öffentlichen Hand durchaus als Entgelt für diejenigen Leistungen hätten gewertet werden können, die der Verein den Projektteilnehmern gegenüber erbrachte.

Der BFH sah sich allerdings nicht in der Lage, den Fall endgültig zu entscheiden. Zur weiteren Aufklärung hat er ihn daher zunächst an das Finanzgericht zurückverwiesen.

Strenge Rechtsprechung lässt NPOs nicht viel Spielraum

Die Entscheidung macht wieder einmal deutlich, dass gemeinnützige Körperschaften bei der Frage, ob sie steuerbare oder nicht steuerbare Zuschüsse erhalten, wenig Schützenhilfe von den Gerichten zu erwarten haben. Die Rechtsprechung ist vielfach strenger als die Finanzverwaltung. So auch hier: Zuschussfinanzierte Leistungen der Arbeitsförderung werden nämlich, anders als es der BFH annimmt, in den Umsatzsteuerrichtlinien der Finanzverwaltung als nicht steuerbar behandelt. Auch in einem weiteren Punkt ist der BFH streng: Mit seinem Urteil bestätigt er seine ständige Rechtsprechung, wonach allein die Tatsache, dass die gemeinnützige Körperschaft mit der öffentlichen Hand einen privatrechtlichen Vertrag über die Zuschussgewährung schließt, einen Leistungsaustausch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG begründet. Zuschussfinanzierten Körperschaften ist daher zu raten, den öffentlichen Geldgeber möglichst um Erlass eines Zuschussbescheides zu bitten, statt mit ihm einen Vertrag zu schließen.

BFH, Urteil vom 22.04.2015 – Az. XI R 10/14

Weiterlesen:
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Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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