DE | EN | RU

info@winheller.com+49 (0)69 76 75 77 80 Mo. - Fr. von 8 bis 20 Uhr, Sa. von 8 bis 17 Uhr
Persönliche Termine nach Vereinbarung

Wann darf ein Verein außerordentliche Beiträge (Umlagen) erheben?

Wann darf ein Verein außerordentliche Beiträge (Umlagen) erheben?

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat sich in einem Urteil vom 28.06.2022 zu der Erhebung von Umlagen von Vereinsmitgliedern geäußert. Worum es sich bei Umlagen handelt und wann diese zur Deckung eines außergewöhnlichen Bedarfs zulässig sind, wird im Folgenden beleuchtet.

Verbandsmitglied lehnt Zahlung von Sonderumlage ab

Der Kläger, ein Dachverband von Kleingärtnervereinen, verwaltet u.a. Parzellen und Gemeinschaftsanlagen seiner Mitglieder. Gemäß der Satzung des Klägers kann dieser von seinen Mitgliedern Umlagen zur Deckung außergewöhnlicher Aufwände und des Haushalts erheben, wobei die Höhe pro Kleingarten 100 Euro pro Jahr nicht überschreiten darf.

In einer Mitgliederversammlung im März 2019 beschlossen die Mitglieder des Klägers, darunter der Beklagte, eine einmalige Umlage i.H.v. 50 Euro pro Kleingarten. Der Zweck dieser Umlage war es, den Verlust des Vorjahres auszugleichen, für potenzielle Forderungen Rücklagen zu bilden sowie den Erwerb von Kleingartenflächen zu sichern und die Kosten für die Neuerschließung von Kleingartenanlagen vorzufinanzieren.

Nachdem der Kläger die Umlage von insgesamt 11.900 Euro dem Beklagten in Rechnung gestellt hatte, lehnte dieser die Zahlung ab und bezeichnete die Umlage als rechtswidrig. Der Fall landete vor Gericht.

Was versteht man unter Umlagen?

Bei Umlagen handelt es sich um eine besondere Form des Vereinsbeitrags, die sowohl an Stelle des üblichen Jahres-/Monatsbeitrags als auch darüber hinaus festgesetzt werden können. Es handelt sich folglich um eine Möglichkeit, zusätzliche finanzielle Mittel in die Vereinskasse fließen zu lassen. Eine zwingende Voraussetzung, um die Mitglieder zur Zahlung einer solchen Umlage verpflichten zu können, ist eine entsprechende Satzungsregelung, die auch eine Obergrenze des Umlagebetrags enthalten muss. Fehlt eine solche Satzungsregelung, kann man Umlagen allenfalls auf freiwilliger Basis erheben. Ein bloßer Beschluss der Mitgliederversammlung genügt dann nicht.

Umlagen können nur zur Befriedigung eines außerordentlichen Bedarfs als außerordentliche Vereinsbeiträge begründet werden. Kennzeichnend für einen außerordentlichen Bedarf ist es, dass dieser durch die regelmäßigen Vereinsbeiträge nicht gedeckt werden kann. Folglich bedürfen auch Umlagen zur Deckung eines außergewöhnlichen Bedarfs einer satzungsmäßigen Grundlage. Eine „Sonderumlage“, die nicht der Befriedigung eines außergewöhnlichen Bedarfs dient, sondern viel mehr regelmäßig anfällt, stellt dagegen lediglich eine reguläre Beitragspflicht dar.

Merkmale eines außerordentlichen Bedarfs

Unter einem außerordentlichen Bedarf werden außerordentliche Aufwendungen, außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit liegende Kosten verstanden. Geschäftstätigkeit bezieht sich dabei nicht nur auf den in der Satzung niedergelegten Vereinszweck. Der Begriff umfasst viel mehr die gesamte Vereinstätigkeit. Folglich ist die Frage, ob ein Sachverhalt als „außerordentlich“ einzustufen ist, jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalls zu beurteilen.

Zu den Wesensmerkmalen außerordentlicher Aufwendungen gehört, dass sie

  • selten bzw. unregelmäßig auftreten, d.h. sich in absehbarer Zukunft vermutlich nicht wiederholen,
  • in hohem Maße ungewöhnlicher Art sind,
  • für die betroffene Gesellschaft materiell bedeutsam bzw. wesentlich sind.

Außerordentliche Aufwendungen, die aufgrund eines außergewöhnlichen Bedarfs getätigt werden, können folglich generell dann angenommen werden, wenn das zugrunde liegende Ereignis sowohl untypisch als auch selten ist.

Auffassung des LG Potsdam

Das Landgericht (LG) Potsdam entschied jedoch zugunsten des Klägers und verurteilte den Beklagten zur Zahlung der Umlage. Das LG Potsdam war der Auffassung, dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung durch den Verein eine Haushaltsunterdeckung vorgelegen habe. Die beschlossenen Zahlungen seien daher im Sinne der Vereinssatzung zur Deckung eines außergewöhnlichen Aufwands erforderlich gewesen. Auch entspreche es gerade dem Zweck einmaliger Umlagen, absehbare künftige Forderungen abzusichern, weshalb ein außergewöhnlicher Aufwand mit den angekündigten Schadensersatzforderungen gegeben sei. Zudem entspreche die Bildung von Rücklagen für den Erwerb und die Erschließung von Grundstücken den Satzungszwecken und stelle deshalb auch einen außergewöhnlichen Bedarf dar.

OLG Brandenburg: Umlage unberechtigt verlangt

Der Beklagte legte erfolgreich Berufung gegen diese Entscheidung des Landgerichts ein. Das OLG Brandenburg entschied, dass der Kläger nicht berechtigt sei, die Zahlung der Umlage zu verlangen. Das Vorliegen eines außergewöhnlichen Bedarfs aufseiten des Klägers sei nur in Ansätzen ersichtlich. Vom Kläger wurden keine konkreten Aufwendungen dargelegt, die eine Rücklagenbildung zur Deckung eines Finanzbedarfs gerechtfertigt hätten.

Möchten Sie Neuigkeiten wie diese monatlich in Ihr Postfach erhalten? Abonnieren Sie hier unseren Newsletter Nonprofitrecht aktuell.

Insbesondere existierten keine Planungen für den Erwerb von Kleingartenflächen und zur Neuerschließung von Kleingartenanlagen, weshalb ein außergewöhnlicher Bedarf diesbezüglich nicht bestand. Sonderumlagen dürften nicht allgemein zur Bildung anlassloser Rücklagen erhoben werden. Vielmehr bedürfe es eines genau zu bezeichnenden Finanzierungsbedarfs, der wiederum ein ungeplantes außergewöhnliches Ereignis voraussetze.

Auch sei nicht ersichtlich gewesen, dass die möglichen Schadensersatzforderungen in einer konkreten Höhe drohten, weshalb auch darin kein außergewöhnlicher Bedarf zu sehen sei.

Unsere erfahrenen Anwälte beraten Sie gerne zu allen Fragen rund um die Erhebung von Umlagen von Vereinsmitgliedern.

OLG Brandenburg, Urteil v. 28.06.2022 – 3 U 88/21

Weiterlesen:
Vereinssatzung: Höhe von Umlagen nicht vergessen!
Rechtssichere Gestaltung der Satzung Ihres Vereins oder Verbands

Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

>> Zum Profil

Ihre Karriere bei WINHELLER

Nächster Karriereschritt geplant? Unsere mittelständische Kanzlei bietet ein vielfältiges Aufgaben- und Beratungsspektrum an vier deutschen Standorten. Wir freuen uns auf engagierte neue Kollegen!

>> Zu unseren aktuellen Stellenangeboten

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

WINHELLER-Blog via Newsletter

Abonnieren Sie unsere kostenlosen Newsletter und erhalten Sie regelmäßig die wichtigsten Beiträge aus dem Wirtschafts- und/oder Gemeinnützigkeitsrecht bequem per E-Mail. Wählen Sie einfach Ihren Wunschnewsletter aus. (Pflichtfelder sind mit * markiert).

German Business Law News (4x jährlich)
Nonprofitrecht aktuell (1x im Monat)
Ich möchte den oder die ausgewählten Newsletter abonnieren und erteile zu diesem Zwecke meine Einwilligung in die Verarbeitung meiner oben angegebenen Daten durch WINHELLER. Die „Hinweise zur Datenverarbeitung im Rahmen des Newsletter-Abonnements“ habe ich gelesen.
Mir ist bekannt, dass ich meine erteilte Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft durch Betätigung des Abmeldebuttons innerhalb des Newsletters widerrufen kann. *