Das DFB-Sportgericht verhängt regelmäßig Geldstrafen gegen Fußballclubs wegen Ausschreitungen und Randalen ihrer Fans. So traf es auch den FC Carl Zeiss Jena (FCC), der zur Zahlung einer Geldstrafe von 25.000 Euro verpflichtet wurde. Der Grund: Aus dem Fanblock des FCC wurde bei drei Spielen Pyrotechnik abgebrannt. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun höchstrichterlich entschieden, dass die vom DFB verhängten Verbandsstrafen zulässig sind.
Vereine haften für Fans
Der Entscheidung des BGH liegt eine Klage des ehemaligen Fußball-Drittligisten FC Carl Zeiss Jena zugrunde. Während der Saison 2018/19 kam es an insgesamt drei Spieltagen zu Ausschreitungen im Fan-Block des FCC. Dabei wurden unter anderem Gegenstände aufs Spielfeld geworfen und Pyrotechnik abgebrannt. Im Nachgang zu diesen Ausschreitungen belegte das DFB-Sportgericht den Verein mit einer Geldstrafe in Höhe von rund 25.000 Euro.
Grundlage für diese Entscheidung war § 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB, wonach Vereine verschuldensunabhängig für das Verhalten ihrer Mitglieder, Spieler, Anhänger und Zuschauer haften. Werden Strafen durch den DFB verhängt, handelt es sich um sog. Verbandsstrafen – einer vereinsinternen Sanktion, die keine Verurteilung im strafrechtlichen Sinne ist.
OLG Frankfurt: Verbandsstrafe ist zulässig
Gegen die Entscheidung des DFB-Sportgerichts versuchte sich der Verein mit einer Schiedsklage vor dem ständigen Schiedsgericht für die 3. Liga beim DFB zu wehren – ohne Erfolg. Er erhob daher Klage vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt auf Aufhebung der Schiedsentscheidung. Doch auch das OLG Frankfurt hielt das Konzept der Verbandsstrafen für zulässig, da es dem Institut der Gefährdungshaftung entspreche.
Beispielhaft greift das OLG auf den Halter eines Kfz zurück: Dieser hafte aufgrund der von seinem Auto ausgehenden Gefahren unabhängig davon, wer tatsächlich gefahren ist (vgl. § 7 Abs. 1 StVG). Gleichzeitig könne der Eigentümer des Fahrzeugs jedoch die Vorteile seines Autos nutzen. Dem Gericht zufolge lassen sich diese Grundsätze übertragen: Denn durch die Teilnahme am Ligabetrieb erhielten die Vereine finanzielle Möglichkeiten und Vorteile. Im Gegenzug müssten die Vereine aber auch für die damit verbundenen Gefahren, hier die zündelnden Fans, haften.
Kein Verstoß gegen Schuldgrundsatz
Der Verein gab nicht auf und legte Beschwerde beim BGH ein – allerdings auch hier ohne Erfolg. Er argumentierte, dass die verschuldensunabhängige Haftung der Vereine für das Verhalten ihrer Mitglieder, Spieler, Anhänger und Zuschauer gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstoße, da sie den sog. Schuldgrundsatz verletze. Dieser Grundsatz besagt, dass die Verhängung einer Strafe oder einer strafähnlichen Sanktion nur möglich ist, sofern eine Schuld des Täters vorliegt. Die Zurechnung des Verschuldens von dritten Personen – hier der randalierenden Fans – zum Verein sei demnach unzulässig.
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Der BGH lehnte diese Argumentation ab: Die „Verbandsstrafe“ stelle keine Strafe dar, sodass kein Verstoß gegen den Schuldgrundsatz vorliegen könne. Denn sie diene nicht dazu, das vergangene Fehlverhalten des Vereins zu sanktionieren, sondern solle stattdessen den künftigen ordnungsgemäßen Spielbetrieb sicherstellen. Die Verbandsstrafe habe somit keine repressive, sondern eine präventive Funktion. Mit anderen Worten: Die „Geldstrafe“ soll den Verein nicht für das vergangene Verhalten seiner randalierenden Fans bestrafen, sondern ihn stattdessen dazu bewegen, entsprechende Präventivmaßnahmen – wie z.B. die Ermittlung und Inregressnahme der Täter – umzusetzen, damit sich die Randale in Zukunft nicht mehr wiederholen.
Vereine können Geldstrafen von Fans zurückfordern
Die Entscheidung des BGH hat zur Folge, dass der DFB auch künftig verschuldensunabhängige Verbandsstrafen gegen Vereine mit randalierenden Fans verhängen kann. Mittlerweile ist jedoch höchstrichterlich geklärt, dass Vereine die Geldstrafen des DFB von ihren Fans in Form von Schadensersatz zurückfordern können. Sie müssen aber eine eindeutige Identifizierung und konkrete Tathandlung nachweisen können. Unsere spezialisierten Anwälte helfen Ihnen gerne bei der Um- und Durchsetzung.
BGH, Beschluss v. 04.11.2021 – I ZB 54/20
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Anwalt für Vereinsrecht & Verbandsrecht