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Steuerberatungsgesellschaften im EU-Ausland dürfen auch in Deutschland Rat erteilen

Bisher durften Steuerberatungsgesellschaften, die in einem EU-Mitgliedsstaat gegründet und ansässig sind, in Deutschland nur Steuerberatung erteilen, sofern auch Steuerberater die Gesellschaft verantwortlich führten. In Deutschland als Steuerberater anerkannt ist (u.E. zu Recht) jedoch nur, wer erfolgreich eine staatliche Prüfung als Steuerberater abgelegt hat. Auch Rechtsanwälte dürfen steuerrechtlichen Rat erteilen. In anderen EU-Mitgliedsstaaten ist allerdings die Handhabung, wer Steuerberatung erteilen darf und wer nicht, zuweilen lockerer ausgestaltet als in Deutschland. Dies führt dazu, dass ausländische Steuerberatungsgesellschaften zwar in ihrem Land zur steuerlichen Hilfe zugelassen waren, unter diesen Umständen aber in Deutschland nicht als Steuerberater zugelassen werden bzw. nicht in Deutschland beraten/vertreten durften.

Britische Steuerberatungsgesellschaft klagt gegen Finanzamt

So auch im Fall des Bundesfinanzhofes, in welchem eine britische Steuerberatungsgesellschaft gegen das Finanzamt klagte, weil sich dieses weigerte, die britische Steuerberatungsgesellschaft als Bevollmächtigte einer in Deutschland ansässigen Gesellschaft in einem Steuerverfahren anzuerkennen. Der Bundesfinanzhof wandte es sich zwecks Überprüfung an den Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Deutsche Regelung widerspricht Europarecht

Die Antwort des Europäischen Gerichtshofes im Urteil vom 17.12.2015 (Aktenzeichen C-342/14) fiel eindeutig zu Gunsten der Steuerberatungsgesellschaften aus. Die einschränkenden Regelungen, unter denen in Deutschland die Zulassung einer Gesellschaft zur Steuerberatung erfolgt, dürften nicht bei Gesellschaften aus einem anderen EU-Mitgliedsstaat Anwendung finden, wenn die betroffene Gesellschaft in ihrem Mitgliedsstaat wirksam zur Steuerberatung anerkannt sei.

Eine solche Einschränkung stehe der europäischen Grundfreiheit und insbesondere der Regelung aus § 54 AEUV, welche Beschränkungen des Dienstleistungsverkehrs untersagt, entgegen. Staaten, die der europäischen Union angehören, müssen demnach Qualifikationen, die in anderen Mitgliedsstaaten erworben wurden, ihrem Wert nach anerkennen und angemessen berücksichtigen. Das heißt im Einzelnen, dass ein Mitgliedsstaat die Dienstleistungsfreiheit nicht aufgrund von fehlenden Berufsqualifikationen einschränken kann. Wenn also beispielsweise Großbritannien weniger strenge Voraussetzungen stellt, unter denen eine Person als Steuerberater praktizieren kann, als Deutschland, so muss unabhängig davon auch das deutsche Recht dessen Status als Steuerberater akzeptieren und ihn dementsprechend Steuerberatung erteilen lassen. Das gilt laut dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes sogar dann, wenn der betreffende Mitgliedsstaat überhaupt keine Anforderungen an die jeweilige Profession stellt.

Vorsicht bei Auswahl der Steuerberatergesellschaft

Zwar loben viele diese Rechtsprechung als wichtigen Ausdruck europäischer Freiheitswerte, andere fürchten aber, dass der EuGH mit dieser Entscheidung der Steuerhinterziehung Tür und Tor öffnet. Weiterhin sind Verbraucher nun schlechter vor einer fehlerhaften Beratung geschützt. Insbesondere könne die deutsche Steuerberaterprüfung umgangen werden, indem man eine Steuerberatungsgesellschaft einfach in einem EU-Mitgliedsstaat gründet und von dort in Deutschland Steuerberatung betreibt. Ob damit den Steuerpflichtigen geholfen ist, ist fraglich.

Unternehmen und Privatpersonen, die ihre Steuerberatung von einer im europäischen Ausland ansässigen Steuerberatergesellschaft vornehmen lassen, sollten äußerst vorsichtig bei der Auswahl sein. Gerade die deutsche Ausbildung von Steuerberatern und Rechtsanwälten gilt im internationalen Vergleich als besonders anspruchsvoll und gründlich. Beratungsfehler werden in der Praxis zumeist erst spät und sehr oft zu spät entdeckt. Wir empfehlen daher, sich gleich an fundiert ausgebildeten Experten in Deutschland zu wenden, als später seinen Schadensersatzansprüchen wegen fehlerhafter Beratung im Ausland hinterherzulaufen.

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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