Je mehr Unternehmen europaweit auf dem gemeinsamen Binnenmarkt agieren, umso stärker wächst das Aufgabengebiet für Verbraucherschutzverbände. Zu den Rechten von Verbraucherverbänden im Rahmen von Entscheidungen der Kommission zur Wettbewerbs- und Fusionskontrolle hat nun das Gericht der Europäischen Union Stellung genommen. Werden Verbraucherverbände nicht angehört, hat dies erhebliche Konsequenzen.
Gefahren für den Verbraucherschutz wirken sich nicht mehr nur rein national aus. Ein Unternehmen kann über Tochtergesellschaften in einzelnen Ländern europaweit eine Marktmacht aufbauen und damit Preise diktieren. Marktmacht kann auch durch gezieltes Zusammenwirken mehrerer Unternehmen in unterschiedlichen europäischen Ländern entstehen. Ein solches Zusammenwirken ist dem Bundeskartellamt nicht ohne weiteres erkennbar. Daher kontrolliert auch die EU-Kommission den europaweiten Wettbewerb. Grenzüberschreitende Unternehmenszusammenschlüsse sind dort anzumelden und zu genehmigen.
Damit dabei auch Verbraucher eine Stimme bekommen, haben Verbände, die durch die Fusion betroffene Endverbraucher repräsentieren, ein Recht auf Anhörung. Verbraucherverbände müssen im Rahmen der Fusionskontrolle ihre Argumente vorbringen dürfen, und diese müssen auch ernst genommen werden. Hierzu ist nach Auffassung des Gerichts ein Antrag erforderlich, der zu stellen ist, wenn die Kommission ihrerseits den Antrag eines Unternehmens auf Zusammenschluss mit einem anderen im Amtsblatt der EU bekanntmacht. Anträge vor der Bekanntmachung müssen ebensowenig wie verspätete Anträge beachtet werden.
Die Rechtsfolge einer Verletzung des Anhörungsrechts formuliert das Gericht wie folgt: „[W]enn das Gericht eine Verletzung dieser Garantie feststellen sollte (…), müsste es die Entscheidung wegen Verletzung wesentlicher Formvorschriften für nichtig erklären.“
Hinweis: Werden Verbraucherschutzverbände übergangen, kann dies also Unternehmensfusionen zu Fall bringen!
EuG, Urteil v. 12.10.2011, Az. T-224/10.