Ein bestandskräftiger Bescheid des Finanzamts kann nachträglich nicht mehr geändert werden, wenn eine Zuwendungsbestätigung, deren Berücksichtigung der Steuerpflichtige begehrt, erst zu einem Zeitpunkt ausgestellt wurde, zu dem der Bescheid schon längst bestandskräftig war. Dies hat das Finanzgericht (FG) Münster mit Urteil vom 18.07.2013 entschieden.
Großspendenvortrags für die Einkommensteuer
In dem Fall, der das FG Münster beschäftigte, reichte die Ehefrau im Jahr 2006 ihre Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004, in dem ihr Ehemann verstorben war, ein. Darin waren auch zahlreiche Spenden für kirchliche, religiöse und gemeinnützige Zwecke aufgeführt. Das Finanzamt bearbeitete die Steuererklärung und berücksichtigte auch die Spenden als Sonderausgaben. Außerdem erließ das Finanzamt einen „Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Großspendenvortrags für die Einkommensteuer“. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Weitere Spendenbescheinigungen tauchen auf
Jahre später tauchten dann plötzlich weitere Spendenbescheinigungen auf, die allesamt zu einem Zeitpunkt ausgestellt worden waren, in dem die Bescheide schon längst bestandskräftig waren. Die Zuwendungsbestätigungen wiesen weitere Spenden des verstorbenen Ehemannes an eine gemeinnützige GmbH aus. Daraufhin beantragte die Witwe, den Einkommensteuerbescheid und den Großspendenbescheid nachträglich zu ändern, denn schließlich habe sie beim Einreichen der Steuererklärung keine Kenntnis von den erst später ausgestellten Spendenbescheinigungen gehabt.
Keine nachträgliche Änderung des Einkommensteuerbescheids
Das FG Münster ließ sich hierauf allerdings nicht ein. Bestandskräfte Steuerbescheide seien nur dann aufzuheben oder zu ändern, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen, so das FG. Im vorliegenden Fall seien zwar die Zahlungen des verstorbenen Ehemannes erst nachträglich bekannt geworden. Die Zuwendungsbestätigungen hingegen, deren Vorliegen Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug ist, waren erst im Jahr 2008, also fast vier Jahre nach dem Tod des Spenders, ausgestellt worden. Sie lagen also ursprünglich noch gar nicht vor. Das wäre aber Voraussetzung gewesen für ein Eingreifen der Korrekturvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Wegen § 175 Abs. 2 Satz 2 AO wirkte die nachträgliche Vorlage der Zuwendungsbestätigungen auch nicht als rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Auch diese Vorschrift half mithin nicht. Da das Gericht schließlich auch europarechtliche Argumente der Klägerin verwarf, blieb es dabei, dass die zu spät erstellten und vorgelegten Spendenbescheinigungen keine steuerlichen Auswirkungen mehr entfalten konnten.
Klagen haben keine Erfolgschancen
Die formelle Bestandskraft eines Bescheids ist ein wesentliches Institut des deutschen Verwaltungsrechts und dient der Rechtssicherheit: Stellt eine Behörde einen Bescheid zu, ist darin eine Frist aufgeführt, innerhalb derer der Adressat Rechtsmittel einlegen und sich so gegen den Bescheid wehren kann. Läuft diese Frist ab, wird der Bescheid formell bestandskräftig. Klagen gegen den Bescheid haben dann keine Erfolgschancen mehr.
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