
Soll ein Verein aufgelöst werden, sieht er sich mit der Liquidation konfrontiert. Hierzu muss ein Liquidator ernannt werden, der diese durchführt. Das Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) hatte sich in einem Urteil vom 05.04.2023 mit diesem Thema beschäftigt. Im Folgenden soll es darum gehen, was die Aufgaben eines Liquidators sind, wofür er haften kann und wie sich dieses Risiko minimieren lässt.
Klage gegen Liquidatorin eines Vereins wegen Pflichtverletzung
Ein Verein wurde durch Beschluss der Mitgliederversammlung im Jahr 2015 aufgelöst. Die Liquidatorin und spätere Beklagte meldete daraufhin die Auflösung des Vereins zum Vereinsregister und wurde dort als Liquidatorin ausgewiesen. Der Verein hatte zu diesem Zeitpunkt kein verteilungsfähiges Vermögen, keine Schulden und keine anhängigen Rechtsstreitigkeiten. Die öffentliche Bekanntmachung der Auflösung des Vereins unterließ sie daraufhin pflichtwidrigerweise.
Die Klägerin wiederum überließ in Unkenntnis über die Vermögenslosigkeit und Liquidation 2017 landwirtschaftliche Geräte zur Benutzung an den Verein. Für den Verein trat bei diesem Vertragsschluss ein Dritter auf, der weder im Vereinsregister als ehemaliges Vorstandsmitglied noch als Liquidator eingetragen war.
Die Klägerin erhob daraufhin Klage gegen den Verein u.a. auf Zahlung der Miete für die überlassenen Geräte. Aufgrund der Vermögenslosigkeit des Vereins verklagte sie zudem die Liquidatorin auf Schadensersatz. Erstinstanzlich hatte sie damit auch Erfolg. Das zuständige Gericht urteilte, dass die Liquidatorin nicht rechtzeitig einen Insolvenzantrag gestellt habe. Zudem habe sie die Auflösung des Vereins nicht bekannt gegeben und damit den Gläubigern die Möglichkeit genommen, ihre Ansprüche vor Ablauf des Sperrjahres geltend zu machen.
Die Liquidatorin legte gegen dieses Urteil Berufung zum OLG Brandenburg ein.
Wer kann Liquidator sein
Die Liquidation dient der Verwertung und Verteilung des Vereinsvermögens infolge der Auflösung eines Vereins. Liquidatoren haben diese Abwicklung durchzuführen. Der Vorstandsvorsitzende des Vereins im Zeitpunkt des Auflösungsbeschlusses ist gem. § 48 Abs. 1 BGB zum Liquidator berufen. Die Satzung kann jedoch auch von vornherein eine oder mehrere Personen als Liquidatoren festlegen. Eine juristische Person kann dabei ebenso Liquidator sein wie eine natürliche. Auch kann die Bestimmung des Liquidators Dritten überlassen werden.
Aufgaben des Liquidators
Liquidatoren haben folgende Aufgaben:
- Erfüllung aller ausstehenden Leistungen des Vereins,
- Kündigung aller Dauerschuldverhältnisse (z.B. Abonnements) zum nächstmöglichen Zeitpunkt,
- Umsetzung des Vereinsvermögens in Geld,
- die Befriedigung der Gläubiger sowie
- die Ausantwortung des Vereinsvermögens an den Anfallsberechtigten.
Außerdem ist die Auflösung des Vereins durch den Liquidator öffentlich bekannt zu machen gem. § 50 Abs. 1 BGB. Dies hat auch dann zu erfolgen, wenn der Liquidator annimmt, dass keine Gläubiger vorhanden seien bzw. wenn er glaubt, dass alle Gläubiger ohnehin schon Kenntnis von der Auflösung des Vereins hätten. Bekannte Gläubiger sind darüber hinaus direkt anzuschreiben.
Bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Vereins ist der Liquidator gem. § 42 Abs. 2, § 48 Abs. 2, § 53 BGB verpflichtet, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen.
Bedeutung des Sperrjahrs
Das Vermögen darf den Anfallsberechtigten, also Personen, die einen Anspruch gegenüber dem Verein haben, nicht vor Ablauf eines Jahres nach der Bekanntmachung der Auflösung des Vereins ausgeantwortet (herausgegeben) werden. Dieses Jahr wird als Sperrjahr gem. § 51 BGB bezeichnet.
Meldet sich ein bekannter Gläubiger des Vereins nicht zurück, so ist der geschuldete Betrag für diesen Gläubiger gem. § 52 BGB beim Amtsgericht zu hinterlegen, sofern eine Berechtigung zur Hinterlegung vorhanden ist.
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Unbekannte Gläubiger, die sich erst nach Ablauf der Sperrjahrs und nach Herausgabe des Vereinsvermögens an die Anfallsberechtigten melden, haben keinen Anspruch mehr, da der Verein zu diesem Zeitpunkt bereits erloschen ist.
Haftung des Liquidators
Verletzen Liquidatoren ihnen obliegende Pflichten und entsteht einem Gläubiger daraus ein Schaden, so sind sie, wenn sie schuldhaft gehandelt haben, diesem gem. § 53 BGB zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. In Betracht kommt dabei die Verletzung der Bekanntmachungspflichten oder die Ausantwortung von Vereinsvermögen an die Anfallsberechtigten vor der Befriedigung der Gläubiger.
Es empfiehlt sich daher für Liquidatoren, der Pflicht zur Bekanntmachung unabhängig von der Vermögenssituation des Vereins zu folgen. Hierdurch lassen sich Haftungsrisiken vermeiden, da den Gläubigern so die Gelegenheit eingeräumt wird, ihre Forderungen gegenüber dem Verein geltend zu machen.
Entscheidung des OLG Brandenburg
Dass das OLG Brandenburg im hiesigen Fall eine Haftung der Liquidatorin ablehnte, darf angesichts ihres Versäumnisses als bloßes Glück bezeichnet werden. Das OLG gelangte zum einen zur Überzeugung, dass es keinen wirksamen Vertragsschluss gegeben habe, der den Verein verpflichte. Zudem hielt es im speziellen Fall das Handeln der Liquidatorin für nicht kausal für den eingetretenen Schaden.
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OLG Brandenburg, Urteil v. 05.04.2023, 7 U 130/22
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