Schon seit rund 100 Jahren genießen die Kirchen wegen der religiösen Selbstverwaltungsgarantie eine besondere Stellung in der deutschen Rechtsordnung. Diese Sonderstellung wurde in letzter Zeit durch verschiedene Gerichte mehrfach beschnitten. Das Bundesarbeitsgericht hat nun erneut zum kirchlichen Arbeitsrecht entschieden.
Krankenhaus in katholischer Trägerschaft
Dem Chefarzt eines von der katholischen Kirche getragenen Krankenhauses wurde wegen der (standesamtlichen) Wiederverheiratung das Arbeitsverhältnis gekündigt. Der Chefarzt war zunächst nach katholischem Ritus verheiratet. Nach Scheidung der ersten Ehe hat er erneut geheiratet. Als die GmbH in kirchlicher Trägerschaft davon Kenntnis erlangt hat, hat sie die Kündigung ausgesprochen.
Durch die Wiederverheiratung lag nach Ansicht der Arbeitgeberin (der GmbH) ein Verstoß gegen die Loyalitätspflicht vor. Gegen diese Loyalitätspflicht wird nach Ansicht der Kirche unter anderem verstoßen, wenn eine nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der Kirche „ungültige Ehe“ eingegangen wird. Die Begründung einer zweiten Ehe ist nach dem Glaubensverständnis der Kirche eine ungültige Ehe. Daraus folgt nach Ansicht der Kirche ein schwerwiegender Verstoß gegen die Verpflichtungen des Chefarztes aus dem Arbeitsverhältnis.
Kündigung durch Krankenhaus unwirksam
Das Bundesarbeitsgericht hat nun entschieden, dass die Kündigung seitens der Arbeitgeberin unwirksam ist. Der Chefarzt hat mit seiner Wiederverheiratung weder eine vereinbarte Loyalitätspflicht noch eine berechtigte Loyalitätserwartung der Kirche verletzt. Sollte in dem Arbeitsvertrag eine Vereinbarung getroffen worden sein, nach welcher für katholische Arbeitnehmer die Wiederverheiratung einen Kündigungsgrund darstellen kann, so ist diese unwirksam. Die Unwirksamkeit der Kündigung wird auf zwei Gründe gestützt:
- Zunächst stellt es einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz dar, dass eine Wiederverheiratung nur bei katholischen Arbeitnehmern zu einem Kündigungsrecht führen soll. Dadurch werden katholische Mitarbeiter gegenüber nicht katholischen Mitarbeitern aufgrund ihrer Religion benachteiligt.
- Die Kündigung ist auch deshalb unwirksam, weil die Loyalitätspflicht, keine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung für einen Chefarzt darstellt. Somit liegt auch kein Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten vor.
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