Das Vermögen einer Stiftung ist in seinem Wert dauerhaft zu erhalten. Wird das Vermögen aufgrund von Entscheidungen des Vorstands belastet, stellt sich schnell die Frage nach dessen Haftung für entstandene Schäden. Zum Sorgfaltsmaßstab, den der Vorstand bei der Darlehensvergabe einhalten muss, hat sich das Landgericht (LG) Bremen in einer Entscheidung aus dem vergangenen Jahr geäußert.
Stiftung verklagt eigenen Vorstand wegen Darlehensgeschäft
In dem Verfahren vor dem LG Bremen sollte der Vorstand einer gemeinnützigen Stiftung für Schäden aus der Vergabe eines Darlehens an eine andere Stiftung in Haftung genommen werden. Der Vorstand hatte einer anderen Stiftung ein Darlehen in Höhe von 250.000 Euro aus dem Stiftungsvermögen für den Bau eines Segelschiffs zur Förderung des seemännischen Brauchtums gewährt, obwohl die Finanzierung über eine Bank zuvor gescheitert war. Da das Darlehen notleidend geworden war und die Stiftung mit einem zumindest teilweisen Ausfall und Anlagezinsverlusten rechnete, drohte der Stiftung nun ein Verlust aus dem Geschäft, für den der Vorstand geradestehen sollte.
Nach Ansicht der Stiftung habe der Vorstand bei der Darlehensvergabe gegen elementare Grundsätze der Sorgfalt eines Stiftungsvorstandes verstoßen, indem er ein Risikogeschäft eingegangen und so gegen seine Vermögenserhaltungspflicht verstoßen habe.
Verstoß gegen den Erhaltungsgrundsatz?
Das LG Bremen sah in dem zu entscheidenden Fall jedoch keinen Verstoß des Vorstands gegen die Pflicht zur Vermögenerhaltung: Auch wenn die Pflicht zum Erhalt des Vermögens der Stiftung die Ertragsbasis einer Stiftung sichere, müsse der Vorstand nicht an konservativen Investments festhalten. Insbesondere berücksichtigte das LG Bremen auch den besonderen Werbezweck eines solchen Investments in einer Hafenstadt wie Bremen. Zudem habe der Vorstand nach Ansicht des Gerichts das ihm zuzubilligende Ermessen nicht fehlerhaft ausgeübt.
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Insoweit sei es dem Vorstand in dem zu entscheidenden Fall nicht vorzuwerfen gewesen, dass er ein Darlehen vergeben hatte, das über die Risikobereitschaft einer Bank hinausging. Denn neben der Stiftung hatten sich auch andere namhafte und professionelle Mitdarlehensgeber bei der Finanzierung des Segelschiffes engagiert, weshalb die Übernahme des Risikos nicht als unvertretbar angesehen werden könne. Schließlich sei durch das Darlehen auch nur ein vergleichsweise geringer Teil des Stiftungsvermögens betroffen gewesen. Im Ergebnis erkannte das Gericht daher keinen Verstoß gegen die Pflicht zum Erhalt des Stiftungsvermögens und wies die Haftungsansprüche der Stiftung zurück.
Ermessensentscheidungen immer mit Risiko verbunden
Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass die Grenzen, ab wann der Vorstand seinen Ermessenspielraum überschreitet, fließend sind. Ermessensentscheidungen bleiben für den Vorstand daher immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Um eine Ermessensentscheidung pflichtgemäß treffen zu können, muss sich der Vorstand zunächst über alle relevanten Tatsachen informieren, im Zweifelsfall fachlichen Rat einholen und die gewonnenen Erkenntnisse bei der Entscheidungsfindung gegeneinander abwägen.
LG Bremen, Urteil v. 12.07.2019 – 4 O 2083/16
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