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Gründung einer Kapitalgesellschaft mit zeitnah zu verwendenden Mitteln stets gemeinnützigkeitsschädlich?

Nach aktuellster Auffassung der Verwaltung ist der Einsatz zeitnah zu verwendender Mittel zur Ausstattung einer Tochter-gGmbH bzw. für den Erwerb von Anteilen an einer gGmbH stets gemeinnützigkeitsschädlich.

Verstoß gegen das Selbstlosigkeitsgebot

Der Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft unter Einsatz zeitnah zu verwendender Mittel verstoße – so die OFD Rheinland in ihrer bundesweit abgestimmten Verfügung vom 20.09.2012 – gegen das Gebot der Selbstlosigkeit, das verlangt, dass eine gemeinnützige Körperschaft ihre Mittel nur für ihre satzungsmäßigen gemeinnützigen Zwecke verwenden darf. Auch § 58 Nr. 2 AO lasse den Erwerb von Anteilen an einer gGmbH mit zeitnah zu verwendenden Mitteln nicht zu.

Widerspruch zur bisherigen Auffassung und Praxis

Die OFD Rheinland entfernt sich mit ihrer aktuellen Verfügung von der bisher herrschenden Auffassung. Bislang wurde stets die Ansicht vertreten, der Einsatz zeitnah zu verwendender Mittel sei für die Ausstattung von Tochter-gGmbHs dann zulässig, wenn die Mittel von der empfangenden Körperschaft ebenfalls zeitnah für ihre gemeinnützigen steuerbegünstigten Zwecke eingesetzt würden (so z.B. FinMin Brandenburg vom 22.04.2012). Dies bestätigt auch der immer noch aktuelle AEAO Nr. 26 zu § 55 AO: Demnach liegt gerade kein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit vor, wenn die Mittel von der empfangenden Körperschaft zeitnah für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden, z.B. für die Errichtung eines Altenheims.

Problematische Ausgliederungsfälle

Für die Neugründung von Tochter-gGmbHs dürfte die Verfügung der OFD Rheinland regelmäßig kein unüberwindbares Hindernis sein, lässt sich das Stammkapital doch häufig aus zur Verfügung stehenden freien Rücklagen finanzieren. Sind die hierfür erforderlichen Mittel doch einmal nicht vorhanden, kann zur Not auch auf die gemeinnützige UG („Mini-GmbH“) als Tochtergesellschaft ausgewichen werden, die – zumindest theoretisch – bereits mit 1 Euro Stammkapital errichtet werden kann. Probleme werfen aber die klassischen Ausgliederungsfälle auf: Bisher war es nämlich gängige Praxis, Zweckbetriebe aus Vereinen auf selbständige gGmbHs auszugliedern. Eine solche Ausgliederung brachte zum einen organisatorische Vorteile mit sich: Gemeinnützige und wirtschaftliche Aktivitäten erfuhren auf diese Weise eine klare Trennung und Haftungsrisiken konnten verteilt werden. Zum anderen konnte im Einzelfall auch der Gefahr begegnet werden, wegen zu intensiver wirtschaftlicher Betätigung die Rechtsfähigkeit als eingetragener Verein einzubüßen. Die neue Verwaltungsansicht erschwert diese Ausgliederungspraxis, wenn man davon ausgeht, dass sie auch solche Ausgliederungen von Zweckbetrieben verhindern will. Immerhin sind auch die einem Zweckbetrieb zuzurechnenden Mittel gemeinnützig gebunden und unterliegen – jedenfalls soweit sie nicht bereits für gemeinnützige Zwecke verwendet wurden (z.B. durch Anschaffung von Anlagegütern) – der zeitnahen Verwendungspflicht.

Neue Strategien erforderlich

Warum Ausgliederungen von Zweckbetrieben laut der neuen Verfügung nicht nach § 58 Nr. 2 AO erfolgen können sollen, bleibt allerdings unklar. Wenn schon die Mittelweitergabe an unabhängige dritte gemeinnützige Körperschaften gemäß § 58 Nr. 2 AO möglich ist, muss die Weitergabe von Mitteln erst recht zulässig sein, wenn die hingebende Körperschaft im Gegenzug sogar einen gleichwertigen Vermögenswert – nämlich die Beteiligung an der Tochter – erhält. Auch wenn die Verfügung daher – jedenfalls in ihrer Pauschalität – kaum richtig sein kann – sie unbeachtet zu lassen, wäre gleichwohl falsch. Stattdessen sind neue Strategien für die Errichtung von Tochtergesellschaften, insbesondere für Ausgliederungsfälle, gefragt: Die einfachste Lösung dürfte der neue § 58 Nr. 3 AO bieten, der wohl im Zuge der Verkündung des Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamts (s.o.) in Kraft gesetzt werden wird. Die Vorschrift erlaubt es der gebenden Körperschaft – im Rahmen gewisser Grenzen – ausdrücklich, ihrer gemeinnützigen Tochtergesellschaft Mittel zuzuwenden, die bei der Tochter im Vermögen verbucht werden.

Hinweis: Die Verfügung der OFD Rheinland ist ein klassisches Beispiel für übereiltes Verwaltungshandeln, das die Rechtspraxis unnötig verkompliziert und dazu beiträgt, den Rechtsanwender gehörig zu verunsichern. Wie mit Gründungen und Ausgliederungen umzugehen ist, die in der Vergangenheit auf der Grundlage der bisher h.M. durchgeführt wurden, thematisiert die Verfügung z.B. nicht. Auch eine plausible Begründung für die überraschende Änderung der Verwaltungsauffassung und den Widerspruch zum AEAO enthält die aus nur drei Sätzen bestehende Verfügung leider nicht.

OFD Rheinland, Verfügung v. 20.09.2012, Az. S 0174-2012/ 0005.

Finanzministerium Brandenburg, Schreiben v. 22.12.2004, Az. 35 S 0174 – 3/01.

Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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