Ein Berufsverband ist nicht gemeinnützig. Gleichwohl kann er steuerbefreit sein – wenn auch auf gänzlich anderer Rechtsgrundlage als gemeinnützige Körperschaften. Für Berufsverbände gilt § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG.
Grundzüge eines Berufsverbandes
Ein Berufsverband verfolgt nicht gemeinnützige Zwecke, sondern die wirtschaftlichen Interessen aller Angehörigen des Berufs- oder Wirtschaftszweiges. Daher kann er sich auch nicht steuerbegünstigt im Rahmen eines Zweckbetriebes wirtschaftlich betätigen oder steuerbegünstigte Spenden sammeln. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG stellt aber Mitgliedsbeiträge und Vermögenseinkünfte im Ergebnis steuerfrei, sofern der Verband die Allgemeininteressen eines Wirtschaftszweiges und nicht primär die Einzelinteressen von Mitgliedern wahrnimmt. Hierzu präzisiert der BFH in zwei Richtungen: Zum einen muss sich ein steuerlich anzuerkennender Berufsverband nicht zwingend einer einzigen Branche verschreiben. Auch Mitglieder verschiedener Wirtschaftszweige können gemeinsam einen Berufsverband bilden. Entscheidend ist stets nur das einheitliche und für die Berufsgruppe typische gemeinsame Interesse (wie z.B. bei einer Fachgruppe).
Allgemeininteressen vs. Individualinteressen
Zum anderen erkennt der BFH, dass sich erfolgreiche Verbandsarbeit zwangsläufig bei den Mitgliedern wirtschaftlich auswirkt. Die Frage, was (zulässigerweise) Allgemein- und was (unzulässigerweise) Individualinteressen fördert, scheinen die Richter im Ergebnis anhand der üblichen Grundsätze zur Gewährung von vereinsseitigen Sonderleistungen an Mitglieder beantworten zu wollen. Bekannt sind z.B. die Abgrenzungsschwierigkeiten im Umsatzsteuerrecht (vgl. hierzu OFD Karlsruhe, Verfügung v. 25.08.2011, USt-Kartei BW § 10 Abs. 1 u. 5 UStG, Az. S 7200, Karte 17). Werden Sonderleistungen in diesem Sinne gewährt, bilden die damit im Zusammenhang stehenden Einnahmen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb. Geht es dem Verband in seiner Gesamtrichtung nur noch um die Erbringung solcher Leistungen, ist der Bereich eines Berufsverbandes, der einem wirtschaftlichen Allgemeininteresse verpflichtet ist, verlassen. Eine Anerkennung als steuerbefreiter Berufsverband ist dann nicht möglich.
Steuerrechtliche Behandlung der Mitgliedsbeiträge
Bleibt das Verbandshandeln den Kollektivinteressen der Mitglieder verpflichtet, vereinnahmt der Berufsverband die Mitgliedsbeiträge ertragsteuerfrei. Bisher ging man dann auch von der Umsatzsteuerfreiheit der Mitgliedsbeiträge aus – bis zum Urteil des EuGH v. 21.03.2002, Rs. C-174/00 (Kennemer Golf & Country Club). Seitdem teilen sich die Meinungen. Sind die Mitglieder des Berufsverbandes jedoch Unternehmer, ist eine Umsatzsteuerpflicht samt Vorsteuerabzug ohnehin häufig die bessere Variante. Für die Umsatzsteuerpflicht hat man dann z.B. das FG München auf seiner Seite (vgl. Urteil v. 26.11.2009, Az. 14 K 4217/06). Darüber hinaus sollte bei richtiger Argumentation regelmäßig auch ein Betriebsausgabenabzug auf Seiten der Mitglieder erreichbar sein, so dass die Mitgliedsbeiträge die Steuerlast mindern.
Hinweis
Der Unterschied zwischen gemeinnütziger Körperschaft und Berufsverband hat insbesondere im Bereich der Satzungsgestaltung erhebliche Bedeutung. Der BFH stellt hierzu fest, dass die gemeinnützigkeitsrechtliche Satzungsstrenge für Berufsverbände nicht gilt. Eine Vielzahl von für gemeinnützige Körperschaften zwingenden Satzungsbestimmungen entfällt damit für Berufsverbände. Das sollte jedoch nicht zu Nachlässigkeiten ermutigen. Denn mangels Satzungsstrenge entscheidet alleine die tatsächliche Geschäftsführung des Berufsverbandes über dessen Steuerbefreiung – „wobei die Satzung einen wichtigen Anhalt dafür bietet, welche Zwecke tatsächlich verfolgt werden“, wie der BFH meint. Eine sorgfältige Satzungsgestaltung kann daher viele Unklarheiten gleich im Vorfeld beseitigen und Rechtssicherheit für die handelnden Akteure schaffen.
BFH, Urteil v. 13.03.2012, Az. I R 46/11.