Während die Lebens- und Arbeitswirklichkeit für viele Menschen immer digitaler wird, stammen zahlreiche Gesetze noch aus dem analogen Zeitalter. Neben vielen arbeitsrechtlichen Vorschriften gilt dies auch für das Umsatzsteuerrecht. Hier verlangt § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG für die korrekte Rechnungslegung unter anderem die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers.
Hierzu hat der Bundesfinanzhof (BFH) wiederholt entschieden, dass die Anschrift eine Adresse sein muss, an der der leistende Unternehmer geschäftliche Aktivitäten entwickelt. Dies diene dazu, der Finanzverwaltung die Nachprüfung der Leistung zu ermöglichen und so den Vorsteuerabzug gemäß § 15 UStG zu gewähren. Nur in seltenen Einzelfällen sollte auch eine sogenannte „Briefkastenadresse“ ausreichen (BFH V R 48/04).
Neue Technologien machen eine Anpassung nötig
Dies stellt vor allem junge Internetunternehmer vor Probleme. Diese erbringen ihre Leistungen nicht mehr von einem festen Geschäftssitz aus. Vielmehr können sie mit ihrem Laptop von der gesamten Welt aus arbeiten, sofern ein Internetzugang vorhanden ist. Hier eine den Anforderungen genügende Geschäftsadresse zu finden, gestaltet sich schwierig. Das Finanzgericht (FG) Köln hatte nun ein Einsehen und hat entschieden, dass auch eine Anschrift unter der keine geschäftlichen Aktivitäten stattfinden, den Anforderungen des § 14 UStG genügt. In Anbetracht des technischen Fortschritts hält das Gericht dieses vom BFH entwickelte Kriterium für überholt. Insbesondere bemängelten die Richter die Unschärfe des Merkmals der geschäftlichen Aktivität. Wie lange und in welcher Art muss gearbeitet werden? Reicht es, in den Räumen die morgendliche Zeitung zu lesen und ansonsten im Park vor dem Haus vom Laptop aus zu arbeiten? Wer soll kontrollieren in welchem Umfang geschäftliche Aktivitäten stattfinden? Nach ihrer Ansicht reicht es daher, wenn der Unternehmer unter der angegebenen Anschrift postalisch zu erreichen ist.
Bundesfinanzhof hält an überkommener Rechtsprechung fest
Neben dieser für mobile Internetunternehmer erfreulichen Entscheidung gibt es jedoch ein aktuelles Urteil des BFH, mit dem das Gericht die Anforderungen an die Anschrift sogar noch verschärft und erklärt, dass eine reine Briefkastenadresse nicht ausreicht. Es bleibt somit nur zu hoffen, dass der BFH sich in dem Revisionsverfahren über die Entscheidung des FG Köln mit den dort genannten Argumenten auseinandersetzt und seine Rechtsprechung noch einmal überdenkt. In jedem Fall stehen wir Ihnen in Sachen Umsatzsteuer und Rechnungslegung beratend zur Seite.
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Tags: Vorsteuer, Vorsteuerabzug