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Entzug der Gemeinnützigkeit: Klage gegen Nullbescheid nur bei tatsächlicher Beschwerde zulässig

Eine Klage ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn der Kläger geltend machen kann, in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein. Das bedeutet in Steuerangelegenheiten, dass die Klagebefugnis nur dann besteht, wenn das Finanzamt dem Kläger möglichweise zu Unrecht eine Steuer auferlegt hat. Eine Steuerfestsetzung in Höhe von null Euro belastet den Steuerpflichtigen hingegen in der Regel nicht, weil er in diesem Fall ja auch nichts zahlen muss. Das hat das Finanzgericht (FG) Münster mit Urteil am 23.09.2015 nun auch in einem Fall entschieden, in dem dem Steuerpflichtigen mit Erlass des Nullbescheids gleichzeitig die Gemeinnützigkeit aberkannt worden war.

Befreiung von Ertragssteuer durch Gemeinnützigkeit

Geklagt hatte eine Hochschule, die mit ihrer Auftragsforschung einen Betrieb gewerblicher Art errichtet hatte. Mit dem Begriff der Auftragsforschung sind solche Forschungsvorhaben gemeint, die nicht aus dem Haushalt der Universität finanziert werden, sondern von Dritten (daher auch häufig Drittmittelforschung genannt). Die Hochschule vertrat die Auffassung, dass ihr Betrieb gewerblicher Art „Auftragsforschung“ gemeinnützig sei.

Der Gemeinnützigkeitsstatus hätte der Einrichtung eine Befreiung von den Ertragssteuern beschert, zum Beispiel gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG). Doch das Finanzamt sah die Voraussetzungen dazu als nicht erfüllt an. Steuerprivilegien waren der Auftragsforschung ihrer Meinung nach deshalb nicht zu gewähren. Die Steuerbescheide, die sodann ergingen, lauteten gleichwohl auf exakt 0,00 Euro, da die Auftragsforschung keinerlei Überschüsse erwirtschaftet hatte. Eine Steuerzahlungspflicht bestand damit de facto nicht. Mangels Steuerzahlungspflicht habe die Universität sich daher auch nicht beschwert und sei damit auch nicht klagebefugt.

Steuerbescheid über null Euro

Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Finanzverwaltung den Gemeinnützigkeitsstatus der Auftragsforschung möglichweise falsch beurteilt habe, so das FG Münster. Das abstrakte Interesse eines Steuerpflichtigen, seine Gemeinnützigkeit überprüfen zu lassen, reiche nicht aus, weil nur derjenige klagebefugt sei, der von einem Steuerbescheid tatsächlich beeinträchtigt ist. Bei einem Bescheid über null Euro sei eine solche Rechtsverletzung nicht gegeben. Dafür hätte nach Ansicht des FG Münster hinzukommen müssen, dass die eventuell unzutreffende Beurteilung der Gemeinnützigkeit sich in irgendeiner Form negativ für den Steuerpflichtigen auswirkt.

Entzug der Gemeinnützigkeit wirkt sich negativ aus

Typischerweise wirkt sich ein Bescheid über null Euro samt Entzug der Gemeinnützigkeit negativ auf den Steuerpflichtigen aus, weil der Steuerpflichtige dann nicht mehr berechtigt ist, abzugsfähige Spenden entgegenzunehmen. Das war vorliegend allerdings anders: Eine Universität kann als juristische Person des öffentlichen Rechts so oder so Spendenbescheinigungen ausstellen, gleich ob ihr Betrieb gewerblicher Art gemeinnützig ist oder nicht. Außerdem vereinnahmte die Universität für ihre Auftragsforschung offenbar gar keine Spenden. Diese besondere Fallkonstellation erlaubte es dem FG Münster, von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abzuweichen: Letzterer erklärt Klagen gegen einen Nullbescheid nämlich grundsätzlich für zulässig, sofern um die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit gestritten wird. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung hat das FG Münster die Revision zum BFH zugelassen.

FG Münster, Urteil v. 23.09.2014 – Az. 9 K 2451/10 K (Revision eingelegt: BFH, Az. I R 6/15)

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Stefan Winheller

Rechtsanwalt Stefan Winheller ist seit rund 20 Jahren auf steuerrechtliche Fragen spezialisiert, v.a. in den Bereichen Krypto, Stiftungen/NPO und Internationales.

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