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Beschränkung der Befugnisse der Mitgliederversammlung: Möglichkeiten und Grenzen

Beschränkung der Befugnisse der Mitgliederversammlung: Möglichkeiten und Grenzen

Die Mitgliederversammlung ist das „oberste Vereinsorgan“, das in vielen Fällen für die wichtigsten Entscheidungen zuständig ist. Jedoch ist sie in dieser Stellung keineswegs unantastbar. Gerade im Profifußball lässt sich beispielsweise beobachten, dass die Befugnisse der Mitgliederversammlung eingeschränkt werden. Aber auch für viele andere Vereine und Verbände stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß eine Beschränkung von Befugnissen der Mitgliederversammlung möglich ist.

Stellung und Aufgaben der Mitgliederversammlung

Die Mitgliederversammlung ist notwendiges und oberstes Organ eines Vereins, das aus der Gesamtheit aller Vereinsmitglieder besteht. In allen Angelegenheiten, die nicht ausdrücklich dem Vereinsvorstand oder ggf. einem anderen Vereinsorgan obliegen, trifft sie die Bestimmungen durch Beschlussfassung. Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehören insbesondere

  • Bestellung und ggf. Anstellung sowie Abberufung von Vereinsvorständen,
  • Beaufsichtigung und Entlastung der anderen Vereinsorgane, insbesondere des Vorstands,
  • Erteilung von Weisungen an den Vorstand oder andere Vereinsorgane,
  • Festsetzung des Vereinsbeitrags,
  • Beschlussfassungen über Änderungen der Vereinssatzung,
  • Beschlussfassung über die Auflösung des Vereins.

Aktuelle Beispiele aus dem Profifußball

Unter den Vereinen des deutschen Profifußballs finden sich einige, in denen die Kompetenzen und Zuständigkeiten der Mitgliederversammlungen eingeschränkt werden. Hintergrund ist die der Rechtsform des Vereins innewohnende Besonderheit, dass grundsätzlich jedes Mitglied bei den Vereinsentscheidungen mitreden darf. Durch die sogenannte 50+1-Regel ist dies sogar dann noch mittelbar der Fall, wenn die Profifußballabteilung in eine andere Gesellschaft ausgegliedert ist. Diese Regel besagt, dass mindestens 50% plus eine Stimme beim Verein verbleiben müssen.

Ein Beispiel findet sich in einer jüngst beim FC Bayern München e.V. beschlossenen Satzungsänderung: Nach der Neuregelung sollte zukünftig der Ehrenrat des Vereins nach pflichtgemäßem Ermessen über die Zulässigkeit von Anträgen zur Mitgliederversammlung entscheiden. Hintergrund waren die Ereignisse der letzten Mitgliederversammlung des FC Bayern München e.V., bei der Mitglieder Anträge hinsichtlich der vom Club eingegangenen Sponsoringverträge gestellt hatten. In der nun beschlossenen Satzungsänderung sahen einige Mitglieder das Bestreben des Vereins, unliebsame Anträge gar nicht erst zur Mitgliederversammlung zuzulassen.

Ein weiteres Beispiel lässt sich beim FC Holstein Kiel e.V. finden: Dort entscheidet von nun an das Präsidium nach pflichtgemäßem Ermessen über die Zulässigkeit von Anträgen in der Mitgliederversammlung.

Entmachtung der Mitgliederversammlung?

Kritiker sehen in diesen Entscheidungen eine De-facto-Entmachtung des „obersten Vereinsorgans“. Was genau „pflichtgemäßes Ermessen“ bedeute, sei zudem nicht klar definiert. Ferner gäbe es keinen Maßstab für den Ermessensspielraum, was insbesondere bei der Zulassung von Anträgen zur Änderung der Vereinssatzung problematisch werden könne, da der Mitgliederversammlung so die Möglichkeit genommen werde, über den jeweiligen Antrag abzustimmen. Aus diesen Gründen sei in diesen Änderungen eine Immunisierung der Vereinsgremien gegen den Einfluss der Vereinsmitglieder zu sehen.

Zulässige Beschränkung der Mitgliederversammlung durch Satzungsregelungen?

Aufgrund dieser Vorgänge stellt sich die Frage, in welchem Maß Beschränkungen der Befugnisse der Mitgliederversammlung rechtlich zulässig sind. Gemäß § 40 BGB kann der Verein in seiner Satzung von bestimmten gesetzlichen Regelungen abweichen (sog. nachgiebige Vorschriften). Hierunter fallen auch die Rechte der Mitgliederversammlung, die folglich durch Satzungsregelungen abgeändert und dadurch beschränkt oder auch erweitert werden können. Insofern ist die Bezeichnung der Mitgliederversammlung als oberstes Vereinsorgan nur zutreffend, wenn ihre grundsätzlich umfassenden Befugnisse nicht durch abweichende Satzungsregelungen beschnitten werden.

Möglich ist eine Beschränkung, indem Aufgaben, die grundsätzlich Sache der Mitgliederversammlung sind, einem anderen Organ des Vereins übertragen werden, z.B. einem Beirat oder dem Vorstand. Hierdurch wird der Einfluss der Mitgliederversammlung zugunsten der anderen Organe geschmälert. Möglich ist es beispielsweise, der Mitgliederversammlung die Befugnisse zur Bestellung und Abberufung des Vorstands zu entziehen.

Auch Satzungsänderungen, wie sie der FC Bayern München e.V. und der FC Holstein Kiel e.V. kürzlich vorgenommen haben, sind grundsätzlich möglich. Davon unberührt bleibt übrigens, dass ein von Mitgliedern gestellter Antrag zur Mitgliederversammlung zuzulassen ist, wenn er von der in § 37 Abs. 1 BGB bezeichneten Minderheit (grundsätzlich 1/10 der Mitglieder) oder einer in der Satzung geregelten Minderheit gestellt wird. Dieses dem Minderheitenschutz dienende Recht gehört nicht zu den in § 40 BGB aufgelisteten nachgiebigen Vorschriften und kann daher nicht durch abweichende Satzungsregelung umgangen werden.

Grenzen der Beschränkungsmöglichkeiten

Trotz der aufgeführten Möglichkeiten ist eine grenzenlose Beschränkung der Rechte der Mitgliederversammlung nicht möglich. Sie kann also nicht gänzlich „entmachtet“ oder beseitigt werden. Grund dafür ist ihre Stellung als oberstes und obligatorisches Vereinsorgan. Deren Beseitigung würde dem Gesetz zuwiderlaufen.

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Insbesondere kann die Satzung nicht derart geändert werden, dass die Mitwirkung der Vereinsmitglieder bei der Willensbildung des Vereins über die Mitgliederversammlung ausgeschlossen ist. Eine solche Änderung würde der in Art. 9 Abs. 1 GG garantierten Vereinigungsfreiheit zuwiderlaufen.

Unsere erfahrenen Anwälte für NPOs beraten Sie gerne zu allen Fragen rund um die Mitgliederversammlung und Satzungsgestaltung.

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Johannes Fein

Rechtsanwalt Johannes Fein ist im Steuerrecht, im Gemeinnützigkeitsrecht und im Sportrecht tätig. Er berät und vertritt gemeinnützige Vereine und Verbände, Wirtschafts- und Berufsverbände, gemeinnützige GmbHs und Genossenschaften sowie Stiftungen und sonstige Nonprofit-Organisationen.

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