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Verstoß gegen Mindestlohn: GmbH-Geschäftsführer haftet nicht persönlich

Verstoß gegen Mindestlohn: GmbH-Geschäftsführer haftet nicht persönlich

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich in einem Urteil vom 30.03.2023 mit der Durchgriffshaftung von GmbH-Geschäftsführern bei Mindestlohnverstößen befasst. In diesem Zusammenhang soll auch das Verhältnis von Mindestlohn und ehrenamtlicher Tätigkeit beleuchtet werden.

Verletzung der Mindestlohnpflicht?

Der Kläger war seit 1996 bei einer GmbH beschäftigt. Aufgrund von verspätet gezahltem Arbeitsentgelt machte er ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung geltend und erbrachte im Juni 2017 keine Arbeitsleistung. Für diesen Monat erhielt er ebenfalls keine Vergütung.

Der Kläger verklagte die Geschäftsführer der GmbH persönlich auf Schadensersatz wegen der im Juni 2017 nicht geleisteten Vergütung, die nach seiner Auffassung zumindest in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von 8,84 Euro/Stunde hätte gezahlt werden müssen. Dies begründete er mit der Ansicht, dass eine Verletzung der Mindestlohnpflicht gem. § 21 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 20 MiLoG mit einer Geldbuße belegt werden könne. Die Beklagten seien als gesetzliche Vertreter der GmbH nach § 9 OWiG taugliche Täter der Ordnungswidrigkeit. Sie hätten den Bußgeldtatbestand auch zumindest fahrlässig verwirklicht. Dies habe eine Haftung des Geschäftsführers gem. § 823 BGB zur Folge. Daraus ergebe sich ein „direkter Zahlungsanspruch“ gegen die Geschäftsführer.

Durchgriffshaftung nur in Ausnahmefällen

Das BAG hielt die Revision des Klägers für unbegründet und begründete dies mit § 13 Abs. 2 GmbHG, wonach die Haftung für Verbindlichkeiten einer GmbH primär auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt ist. Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers (sog. Durchgriffshaftung) tritt nur in Ausnahmesituationen und bei Vorliegen eines speziellen Haftungsgrundes auf.

Das Gericht machte deutlich, dass die bloße bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit eines Geschäftsführers nach § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG nicht automatisch zu einer zivilrechtlichen Haftung führt. Das bedeutet, dass auch wenn der Geschäftsführer bußgeldrechtlich für einen Verstoß der GmbH gegen den Mindestlohn verantwortlich ist, dies nicht unmittelbar eine persönliche zivilrechtliche Haftung gegenüber den Arbeitnehmern begründet.

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Das Gericht kam weiterhin zu dem Schluss, dass den Geschäftsführer einer GmbH im Einzelfall eine bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit gem. § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG treffen kann, wenn die GmbH ihre Verpflichtung aus § 20 MiLoG verletzt, ihren Arbeitnehmern ein Arbeitsentgelt mindestens in Höhe des Mindestlohns nach § 1 Abs. 2 MiLoG zu zahlen. Diese Verantwortlichkeit führt allerdings nicht zu einer Durchgriffshaftung gegen einen GmbH-Geschäftsführer auf Schadensersatz wegen unterlassener Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns. § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG ist kein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB zugunsten der Arbeitnehmer der GmbH im Verhältnis zu deren Geschäftsführer.

Keine Bezahlung ehrenamtlicher Tätigkeit nach dem Mindestlohn

Die vorsätzliche oder fahrlässige Nichtzahlung des Mindestlohns ist gem. § 21 Abs. 1 Nr. 9 MiLoG i.V.m. § 20 MiLoG mit einem Bußgeld belegt. Arbeitnehmer haben ab dem 18. Lebensjahr einen nicht abdingbaren Anspruch auf den Mindestlohn. Das Mindestlohngesetz nimmt jedoch in § 22 Abs. 3 ehrenamtlich Tätige ausdrücklich aus seinem Anwendungsbereich heraus. Es gilt bereits nach § 1 MiLoG nur für Arbeitnehmer.

Für eine ehrenamtliche Tätigkeit gibt es gegebenenfalls Aufwandsentschädigungen. Gemeinnützige Körperschaften, wie bspw. Vereine, dürfen ehrenamtliche Helfer für deren geleisteten Zeit- und Arbeitsaufwand entschädigen. Das ist mit einer pauschalen Aufwandsentschädigung möglich.

Unsere versierten Anwälte können Ihnen bei Fragen zum Thema Aufwandsentschädigung im Ehrenamt helfen. Kommen Sie für eine Terminabsprache gern auf uns zu.

BAG, Urteil v. 30.03.2023 – 8 AZR 120/22

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Ellen Pusch

Rechtsanwältin Ellen Pusch hat sich am Standort München auf das Arbeitsrecht und als zertifizierter Testamentsvollstrecker (DVEV) auf das Erbrecht spezialisiert. Sie gestaltet und optimiert Arbeits-, Aufhebungs- und Abwicklungsverträge und begleitet Umstrukturierungsvorhaben und M&A-Transaktionen (Betriebsübergänge).

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